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Steuerverwaltung ist bei KI-Einsatz schon weit

In Stuttgart und anderen Städten im Südwesten beantwortet ein Chatbot viele Fragen der Bürger an die Verwaltung.
Screenshot: Stadt Stuttgart, Illustration: Adobe Stock/Sajad)Ludwigsburg. KI ist schon die Gegenwart der Verwaltung – gewiss aber ihre Zukunft. Das wurde auf einer Tagung der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen (HVF) Ludwigsburg am Mittwoch deutlich. Rektorin Iris Rauskala begrüßte die rund 300 Teilnehmer der Online-Veranstaltung: „Ganz Deutschland macht sich mittlerweile Gedanken, wie und wo KI erfolgreich zum Einsatz kommen kann“.
Doch gebe es in der Verwaltung besondere Hürden. „Die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungsfindungsprozessen“ sei dabei „eine der größten Herausforderungen“.
Die großen Chancen für den KI-Einsatz in Behörden im Allgemeinen und die guten Voraussetzungen dafür in der Steuerverwaltung im Besonderen betonte Christoph Schmidt.
Der Professor für Besitz- und Verkehrssteuern an der Hochschule Ludwigsburg war früher selbst Sachgebietsleiter einer Steuerbehörde in Berlin. In der Finanzverwaltung gebe es Massen von gut strukturierten Daten und viele gebundene Entscheidungen, also solche ohne Ermessensspielraum. Dafür eigne sich KI ideal.
Finanzverwaltung ist aufgrund Datenlage ideal für den KI-Einsatz
Ein weiterer Vorzug aus Schmidts Sicht: Wenn ein Mitarbeiter mit KI-Hilfe einen falschen Steuerbescheid erteile, lasse sich das relativ schnell korrigieren und somit reparieren. Bei einem Gerichtsurteil mit Freiheitsstrafe sei das etwas Anderes.
Nordrhein-Westfalen nutze bereits seit Kurzem als erstes Bundesland KI bei der Steuerveranlagung. Oliver Gerhard ist Betriebsprüfer und lehrt im Nachbarland an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern. Ihm zufolge sind vor dem flächendeckenden Einsatz von KI in der Verwaltung nicht nur rechtliche, sondern auch mentale und psychologische Hürden zu nehmen.
Change Management sei dafür die Voraussetzung: „Change Management ist die Strategie, KI ist der Inhalt“, sagte Gerhard.
Regelgebundenheit, Sicherheitsorientierung und Beständigkeit zeichnen die Verwaltung aus. Und auch deren Mitarbeiter, die diese Werte und Eigenschaften verinnerlicht haben und oft deshalb in den Staatsdienst gegangen seien. „Verwaltung ist auf Fehlervermeidung getrimmt“, sagte Gerhard. Bei großen Veränderungsprozessen – und die kämen durch KI – seien Fehler unvermeidlich.
Katja Röser ist selbst Absolventin der Hochschule Ludwigsburg. Mittlerweile ist sie im Finanzministerium als Referentin für IT-Angelegenheiten der Steuerverwaltung.
Baden-Württemberg hat für alle Länder Steuer-Chatbot entwickelt
Gemäß dem Einer-für-Alle-Prinzip hat das Land, konkret die Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg, einen Steuer- Chatbot entwickelt, der allen Bundesländern zur Verfügung steht. Dieser gibt Ratsuchenden schon seit einiger Zeit Auskunft zu Fragen der Grund-, Lohn- und Einkommensteuer; die Erbschaftssteuer soll bald folgen. „Die Antworten auf die Dialoge sind bundeseinheitlich abgestimmt“, so Röser.
Derzeit ist der Einsatzradius ihr zufolge noch begrenzt. KI wird bisher nur zur Interpretation der gestellten Fragen eingesetzt, die Steuerpflichtige der Verwaltung stellen. Aktuell werde allerdings geprüft, so Röser, „ob und wie wir KI einbinden und auch antworten lassen können“. Die Grenzen dafür seien jedoch klar: „Wir als Steuerverwaltung müssen Herr der Daten bleiben.“
Von großer Bedeutung ist das Projekt KI@FM. Denn in der Finanzverwaltung herrsche Personalmangel, doch „gleichzeitig nehmen die Aufgaben zu“, mitunter kurzfristig, sagte Röser und verwies etwa auf die Corona-Hilfen. Generell seien die Fallzahlen in den vergangenen 20 Jahren um 20 Prozent gestiegen und dies bei 15 Prozent weniger Personal. „Wir brauchen eine Entlastung von Routineaufgaben und setzen dafür auf KI“, sagte sie.
Geprüft und erwogen werde derzeit beispielsweise die KI-gestützte Fallauswahl und Mustererkennung bei der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug. Das landeseigene KI-Tool F13 solle „zu einer KI-Verwaltungsplattform ausgebaut werden“ und eine vollgültige KI-Assistenz bieten. Man darf gespannt sein.
KI-Führerschein an der Staatsanzeiger-Akademie
Seit Februar 2025 sind öffentliche Einrichtungen verpflichtet, den sicheren Umgang mit KI nachzuweisen. Die Staatsanzeiger Akademie bietet einen dreiteiligen KI-Führerschein an, praxisnah, rechtssicher und speziell für die Verwaltung. Neue Kurse starten im September. Jedes Modul ist einzeln buchbar. Wer alle drei absolviert, erhält den offiziellen Nachweis der KI-Kompetenz.