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Nachgehakt: Asyl

Trotz Ausbildung darf abgeschoben werden

Baden-Württembergs Wirtschaft ruft um Hilfe: Der Schaden, ausgelöst durch Fachkräftemangel, wird bis 2025 mit bis zu 170 Milliarden beziffert. Das auch für Migration zuständige Justizministerium besteht darauf, dass Zuwanderung und Flucht getrennte Systeme sind.
Personen steigen in ein Flugzeug, Polizei und Bus im Vordergrund.

Es werden auch Menschen abgeschoben, die studieren oder in Ausbildung sind.

IMAGO/Arnulf Hettrich)

Wie können mehr Menschen, die als Asylsuchende nach Deutschland gekommen sind, in Arbeit gebracht werden?

Im Koalitionsvertrag haben sich Grüne und CDU darauf verständigt, geduldeten Menschen zu einem Bleiberecht zu verhelfen. Klares Ziel sei, dies auch an die Ausländerbehörden zu kommunizieren. Der Fall eines abgeschobenen Einser-Abiturienten mit kurdischen Wurzeln aus dem Nordirak, der in Esslingen Energie- und Umwelttechnik studierte, löste Zweifel aus, ob dem Geiste solcher Vorgaben tatsächlich entsprochen wird. Die Ausländerbehörde in der Landeshauptstadt argumentierte dagegen unter anderem mit seiner ID-Card, die 2018 vom Bundesamt für Migration als gefälscht eingestuft wurde.

Gibt es überhaupt noch Wege des Spurwechsels, also ein Bleiberecht trotz abgelehntem Asylantrag?

Das Justizministerium führt auf Staatsanzeiger-Anfrage die vor vier Jahren von der Landesregierung beschlossene „Neujustierung der Aufenthaltsbeendigung“ ins Feld. Darin wird ausdrücklich verlangt, „zukünftig die Informations- und Beratungstätigkeit der Ausländerbehörden zu stärken gegenüber ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern in Beschäftigung oder bei denen Anhaltspunkte für eine nachhaltige Integration bestehen“. Das für die Aufenthaltsbeendigung zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe wird „gebeten, Geduldete in Beschäftigung über die rechtlichen Möglichkeiten des Erhalts einer Beschäftigungsduldung zu informieren“ und entsprechend zu beraten. Einen Widerspruch zwischen dem Fall des Nordirakers und diesen Vorgaben sieht das von Marion Gentges (CDU) geführte Haus nicht.

Wie entwickeln sich die Zugangszahlen?

In den ersten sieben Monaten 2025 sind knapp 6900 Asylbewerber ins Land gekommen. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2024 waren es 22 000, im Jahr davor rund 36 000. Freiwillig wieder ausgereist sind seit Juli 2024 knapp 3900 Menschen, 3500 wurden abgeschoben. Für das Justizministerium steht fest, dass „nicht zuletzt aus Gründen der Funktionstüchtigkeit unseres Asylsystems und damit der Erhaltung der Akzeptanz in der Bevölkerung zur Integration Schutzberechtigter“ bestehende Ausreisepflichten konsequent durchzusetzen seien. Allein die Ausübung einer Beschäftigung oder eines Studiums nach einer Ablehnung eines Asylantrags begründe keinen Verbleib.

Wie funktioniert die Zuwanderung, um Arbeit aufzunehmen?

Zur Erwerbsmigration wurden nach den Zahlen von Statista im ersten Halbjahr 2024 rund 80 000 Arbeitsvisa bundesweit ausgestellt. Die Arbeitsmarktintegration von Migranten in Deutschland sei positiv, heißt es weiter, mit einer hohen Beschäftigungsquote von 70 Prozent und einer Zunahme qualifizierter Tätigkeiten.

Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag erinnert in einer aktuellen Stellungnahme aber allein für den Südwesten daran, dass bis 2035 rund 1,64 Millionen Erwerbstätige in den Ruhestand gehen. Und gleichzeitig müssten laut aktuellem IHK-Fachkräftemonitor rund 1,7 Millionen Arbeitsplätze neu besetzt werden, „um das volle Wachstumspotenzial des Standorts ausschöpfen zu können“. Schon heute blieben zudem rund 175 000 Stellen unbesetzt.

Dabei ist schon seit dem Jahr 2020 bundesweit ein Gesetz zur erleichterten Fachkräfteeinwanderung in Kraft. Inzwischen sind alle Bundesländer außer Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen tätig geworden.

Für Baden-Württemberg hat die neue Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften vor einem halben Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Nach einer ersten Zwischenbilanz wurde – bei 1100 Anträgen – in 450 Fällen der Einreise vorab bei einer deutschen Auslandsvertretung zugestimmt.

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