Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Ganztagsbetreuung: Trotz Leitbild bleiben viele wichtige Fragen offen

Auch eine Kantine gehört zum Ganztagsangebot dazu.
IMAGO/UKRINFORM)Stuttgart. Ein gemeinsames Leitbild zur Ganztagsbetreuung ab August 2026 steht. Vorigen Freitag haben sich rund 30 Vertreter von Kommunen, Vereinen, Verbänden und freien Trägern darauf verständigt.
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sieht das als Erfolg und betont die Bedeutung von Bildung und Betreuung. „Denn der Ganztag ist für die Familien unverzichtbar … und er ist wichtig für unsere Wirtschaft“, sagte sie. „Und nicht zuletzt fördert der Ganztag die Chancengleichheit, indem er Kindern, unabhängig von ihren familiären Verhältnissen, Zugang zu hochwertiger Bildung und Betreuung ermöglicht.“
Verdi fordert verbindliche Ansprüche auf Qualifizierung
Eben daran freilich zweifeln einige der Akteure, obwohl sie ihre Unterschrift unter das Leitbild gesetzt haben. So fordert etwa Verdi Baden-Württemberg „echte Garantien für eine gelingende Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung für Kinder im Grundschulalter“, wie es in einer Mitteilung noch am Tag von Schoppers Erfolgsmeldung hieß. Zudem finde „die Expertise aus der Kinder- und Jugendhilfe, aus welcher der Rechtsanspruch ja resultiert, keine angemessene Berücksichtigung“. Hier sieht die Gewerkschaft ein anderes Ministerium in der Verantwortung. „Das Sozialministerium muss dringend beteiligt werden und vor allem für die noch gänzlich ungeklärte Ferienbetreuung Verantwortung übernehmen“, sagte die stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin Hanna Binder. Nötig sei „endlich umfassend rechtliche Klarheit“, forderte Sabine Leber-Hoischen, Erzieherin aus Mannheim und Vorsitzende einer Verdi-Landesfachgruppe. Unter anderem müssten „verbindliche Ansprüche auf Qualifizierung“ festgeschrieben werden.
Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, sagte: „Verlässlichkeit und Qualität sind oberstes Gebot“. Dabei solle man sich nicht am Bestehenden ausrichten, sondern „die Möglichkeiten schaffen, Qualität für unsere Kinder auf höchstem Niveau zu sichern“.
Einrichtungen und Dienste der Liga der freien Wohlfahrtspflege sind laut eigener Angabe, nach den Kommunen, die größte Trägergruppe in der Ganztagsförderung. Sie versorgen – über Horte, Betreuungsangebote und mit ergänzendem pädagogischen Personal an Ganztagsschulen – rund 20 000 Kinder im Grundschulalter. Die Vorstandsvorsitzende Beatrix Vogt-Wuchter bemängelte, dass zahlreiche Punkte der Reform bislang ungeklärt seien – inhaltlich, juristisch und finanziell.
Viele davon wurden bei einem Fachgespräch der FDP-Fraktion am Montag erörtert. Ein Teilnehmer der Runde von Experten aus Kommunen, Bildungs-, Erziehungs- und Sozialverbänden bezeichnete die vorgesehenen Koordinierungsstellen als zentralen Punkt.
Koordinierungsstelle für Angebote an jedem Standort gefordert
Im Leitfaden des Kultusministeriums stehe dazu nur unverbindlich, diese könnten beim Träger, der Kommune oder der Schule angesiedelt sein. „Wir fordern, dass an jedem Standort eine Stelle geschaffen wird, die die Kommunikation und Organisation mit allen Akteuren koordiniert“, sagte er. Denn stets seien mehrere verschiedene außerschulische Akteure involviert, und mit allen zu sprechen sei wichtig, aber zeitaufwendig.
Christine Jerabek vom Landesverband Kindertagespflege beklagte, dass diese nur in Ausnahmefällen als rechtsansprucherfüllend gelte. Dabei seien hier Personen tätig, die sich darauf spezialisiert und weitergebildet hätten. Solche Betreuung außerhalb der Schule sei gerade für den ländlichen Raum sehr wichtig.
Leitbild für den Ganztag
Ziel ist eine „selbstbestimmte, eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit“. Anspruch des Ganztagsangebots für Grundschulkinder ist es, „eine umfassende und integrative Bildung und Betreuung zu gestalten, die das Potenzial jedes Kindes erkennt und individuell fördert“. Dazu beitragen soll auch eine „ausgewogene Rhythmisierung der Angebote“ durch „wechselnde Phasen von Anspannung und Entspannung“.