Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Wann und wie Reisen bildet

Florian Zejewski residiert in Hamburg und nennt sich selbst „Verwaltungspunk“ und will unkonventionelle Ideen in den öffentlichen Dienst einbringen. Er hat in Mannheim, Tübingen und Bielefeld studiert und berät Kommunen, Behörden oder Hochschulen für bessere Prozesse.
Privat)Viele Reisen führen in die Zentrale der Macht, einen Ort zwischen Waffeln und Verordnungen: Brüssel. Die Stadt der doppelten Pommesportionen und der dreifachen Verordnungslage. Wer denkt, deutsche Bürokratie sei komplex, hat nicht versucht, in der EU-Zentrale einen Kaffee ohne Begleitpapier zu bestellen. Wer sich in Brüssel zwischen Kommission, Rat und Parlament zurechtfindet, für den ist die Landesbauordnung ein Spaziergang und die kommunale Beschlusslage ein Kinderspiel.
Von anderen lernen bedeutet nicht einfach kopieren
Wie dem auch sei: Lernen unterwegs heißt: WLAN-Schwund als Geduldstraining, Meetings im Zug als Improvisationskurs in Sachen Datenschutz. Man lernt, wie man Akten in der S-Bahn jongliert und beim Boarding noch einen Online-Kurs abschließt. Wir lernen, wie Verwaltungen in Skandinavien mit agilen Projektteams experimentieren und in Estland digitale Identitäten die Basis für alle Verwaltungsleistungen sind. Doch Lernen bedeutet nicht, zu kopieren – sondern das Neue in Beziehung zum Eigenen zu setzen.
Seit einer Reise nach Bulgarien habe ich eine neue Wertschätzung für Joghurt. Dort gilt er als Nationalheiligtum – ehrlich gesagt, zu Recht. Ich habe gelernt: Wenn etwas mit Geduld, Sorgfalt und einer geheimen Kultur gereift ist, sollte man es nicht einfach umrühren und hoffen, es wird dadurch besser. Die Lehre für die Verwaltung? Manche Prozesse brauchen Zeit, ein gutes Milieu – und den Mut, sie in Ruhe reifen zu lassen.
Lernen und Verändern kennen kein Enddatum
Die Verwaltung in Baden-Württemberg hat sich längst auf den Weg gemacht – mit Digitalisierungsstrategien, Klimazielen und wachsendem Innovationsbewusstsein. Doch Lernen ist kein Projekt mit Enddatum. Es ist ein Prozess. Eine Haltung. Eine Kultur. Und mal ehrlich: Lernen funktioniert nicht nur auf Dienstreisen.
Auch im Alltag habe ich einiges gelernt: So etwa, dass es keine gute Idee ist, den Platz der Kaffeetassen im Küchenschrank ohne Rücksprache mit meiner Partnerin zu ändern. Veränderung braucht eben Fingerspitzengefühl – in der Partnerschaft wie in der Verwaltung.