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Bauwirtschaft macht sich für eine Autobahn-Maut stark

Die Bauwirtschaft fordert eine Vignetten-Lösung nach dem Vorbild Österreichs.
picture alliance / CHROMORANGE)Stuttgart . Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) plant für 2026 mit Rekordausgaben von knapp 630 Milliarden Euro. Als er am Dienstag im Bundestag seinen Haushaltsentwurf präsentierte, sprach er vom „größten Investitionsprogramm in der Geschichte unseres Landes“. Doch Zweifel mehren sich, ob die Mittel für zentrale Infrastrukturprojekte ausreichen. Ein internes Schreiben des Bundesverkehrsministeriums vom 16. September an den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Tarek Al-Wazir (Grüne), listet Autobahnprojekte auf, die wegen fehlender Bundesmittel in ihrer Finanzierung betroffen wären.
In Baden-Württemberg sind 27 Projekte betroffen
Allein im Südwesten geht es dem Schreiben zufolge um 27 Autobahnprojekte – darunter laufende Vorhaben wie die Enztalquerung bei Pforzheim sowie der Albaufstieg auf der A8, für den bereits Baurecht besteht.
„Das ist ein Schlag ins Gesicht für unsere Mitgliedsunternehmen und alle Autofahrenden“, kritisiert Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer des nach eigenen Angaben bundesweit größten Bauverbands. In einem Schreiben an die Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg fordert er zusätzliche Mittel. Während sich die Finanzierungslücke allein bei den Autobahnen auf rund 5,5 Milliarden Euro beläuft, steigt sie mit den Bundesstraßen zusammen auf insgesamt rund 15 Milliarden Euro, heißt es darin.
Die anhaltenden Finanzierungslücken seien für die Branche existenzbedrohend, wettert Möller. „Projekte hängen von der Kassenlage ab, werden verschoben oder gestoppt. Es fehlt an Planungssicherheit – für Verwaltungen wie Unternehmen.“ Möller warnt vor einem Verlust von Kapazitäten bis hin zu Insolvenzen, sollte der Investitionsstau anhalten.
Deshalb drängt die Bauwirtschaft nicht nur auf mehr Bundesmittel, sondern bringt erneut eine Pkw-Maut auf deutschen Straßen ins Spiel. „Gerade Baden-Württemberg als Transitland ist in besonderem Maße vom internationalen Verkehr belastet – dieser beansprucht unsere Straßen in hohem Maße, ohne bislang in gleichem Umfang zu deren Finanzierung beizutragen“, erklärt Möller. Modelle der Nutzerfinanzierung, wie sie in fast allen Nachbarländern bereits praktiziert werden, sollten offen geprüft und diskutiert werden. In ihrem Koalitionsvertrag vom 9. April hatten CDU und SPD die Pkw-Maut zwar nicht direkt aufgegriffen, aber diese Option offengelassen. So ist im Abschnitt „Verkehr“ von einer möglichen „Nutzerfinanzierung“ die Rede. Ein heißes Eisen.
Das erste Maut-Projekt unter dem damaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) scheiterte 2019 am Europäischen Gerichtshof – mit teuren Folgen für den Bund. Schließlich musste der Steuerzahler dadurch Schadenersatzansprüche der beiden Betreiberfirmen in Höhe von 243 Millionen Euro übernehmen.
Dennoch kommt aus der CSU ein erneuter Vorstoß. Deren Arbeitskreis Juristen (AKJ) fordert eine „angemessene Infrastrukturabgabe“ für Autobahnen und Bundesstraßen – ohne Steuerkompensation für deutsche Fahrzeughalter, um EU-rechtskonform zu bleiben. Man könne die enormen Investitionen in die Infrastruktur, die momentan anstehen, nicht ausschließlich mit Schulden finanzieren, heißt es in der Resolution.
Allerdings hat sich die Parteiführung der CSU von diesen Vorschlägen bereits distanziert. Dabei haben solche Ideen prominente Fürsprecher: darunter der jüngst ausgeschiedene Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Joachim Walter (CDU). Er hatte im März die Einführung einer Autobahnmaut nach Schweizer Vorbild gefordert.
Verkehrsminister Hermann spricht sich für Klima-Maut aus
Und auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hält einen neuen Anlauf bei der Pkw-Maut für sinnvoll. Er plädiert für ein zeit- und streckenabhängiges Mautsystem, das eine ökologische und verkehrstechnische Lenkungswirkung haben sollte. Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer würden in den kommenden Jahren kontinuierlich sinken wegen der fortschreitenden Elektrifizierung der Fahrzeuge, so Hermann. Eine Pkw-Maut könnte dies kompensieren.
Der Hauptverband der Bauindustrie hat schon mal vorgerechnet: Ein Vignettenmodell könnte jährlich rund drei Milliarden Euro bringen. Diese Mittel sollten ausschließlich in den Straßenbau fließen.
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EuGH stoppt Mautpläne
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) plante 2019 eine Abgabe für die Nutzung von Bundesstraßen und Autobahnen mit einem Ausgleich für inländische Fahrzeughalter. Die EU-Kommission hatte die Pläne zunächst durchgewunken. Doch nach einer Klage Österreichs erklärte der Europäische Gerichtshof sie für rechtswidrig. In ihrem Urteil vom 18. Juni 2019 monierten die Richter, dass die Entlastung für deutsche Fahrer durch eine Senkung der Kfz-Steuer eine Diskriminierung für ausländische Fahrzeughalter darstellen würde.