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Das Land will künftig in jedem Jahr fast 60 Brücken sanieren

Die Aichtalbrücke südlich von Stuttgart gehört zu den 180 maroden Bauwerken, die in den kommenden fünf Jahren ersetzt oder saniert werden sollen.
IMAGO/Arnulf Hettrich)Stuttgart. Im baden-württembergischen Verkehrsministerium hat man sich viel vorgenommen. In den kommenden elf Jahren sollen 626 marode Brücken an Landes- oder Bundesstraßen saniert werden, oder durch neue Brücken ersetzt werden, falls dies wirtschaftlich oder technisch die bessere Lösung ist. Den jetzt veröffentlichten Umsetzungsplan bezeichnet Verkehrsminister Winfried Hermann als „ambitioniert, aber machbar.“ „Weniger sollte man sich nicht leisten“, setzt der 73-jährige Grünen-Politiker hinzu, der in einem halben Jahr aus dem Amt scheidet.
Wie ambitioniert das Programm ist, zeigt der Vergleich mit dem Ist-Zustand bei der Brückensanierung. Zwar wurden zuletzt pro Jahr rund 70 Brückensanierungen an Bundes- und Landesstraßen im Südwesten umgesetzt, wie Hermanns Ministerium auf Anfrage mitteilt. Doch in dieser Zahl sind auch kleine Instandhaltungsmaßnahmen, wie der Austausch von Brückengeländern enthalten. Neue Brücken als Ersatz für nicht mehr sanierungsfähige alte wurden im Durchschnitt aber nur jährlich acht in Angriff genommen.
Bauwirtschaft begrüßt Brückenprogramm
Um das Programm wie geplant umzusetzen, müssten jedoch rein rechnerisch jedes Jahr fast 60 Brücken saniert werden. Und im Verkehrsministerium geht man davon aus, „dass für den überwiegenden Anteil der Bauwerke ein Ersatzneubau erforderlich wird“, wie eine Sprecherin erklärt.
Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg begrüßt die Brückenpläne des Verkehrsministeriums grundsätzlich. „Das Programm ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes, Thomas Möller. Entscheidend sei nun, die Planungs- und Genehmigungsprozesse effizient zu gestalten, „um die ambitionierten Ziele auch umsetzen zu können.“
Bei den Genehmigungsverfahren hofft man im Verkehrsministerium auf eine Beschleunigung durch die Neufassung von Bundesfernstraßengesetz und Landesstraßengesetz aus dem Jahr 2021. Dadurch sind für Brücken, die an gleicher Stelle durch einen Neubau ersetzt werden, ohne dass sich die Leistungsfähigkeit der Straße oder die Verkehrsmengen erhöhen, meist keine formellen Verfahren wie etwa Planfeststellungs- oder Bebauungsplanverfahren erforderlich.
Verkehrsministerium setzt auf „innovative Vergabeverfahren“
Um den Zeitplan einhalten zu können, hält man im Verkehrsministerium aber weitere Anpassungen für nötig, wenn auch nicht auf Gesetzesebene. Es müssten klar vorgegebene Strukturen bei der Beteiligung und Abstimmung mit den zuständigen Behörden entwickelt werden, um Genehmigungsverfahren etwa im naturschutzrechtlichen oder wasserrechtlichen Bereich zu beschleunigen.
Das Land will zudem verstärkt auf „innovative Vergabeverfahren“ setzen und zählt dazu Sammelausschreibungen und funktionale Ausschreibungen. Zudem sollen verstärkt neue Bauweisen, beispielsweise mit vorgefertigten Modulen, die Schlagzahl im Brückenbau erhöhen.
Erste Phase soll mehr als 500 Millionen Euro kosten
Auch bei der Finanzierung ist noch manches offen. Für die erste Tranche bis 2030 geht das Verkehrsministerium von Kosten von deutlich mehr als einer halben Milliarde Euro aus. Für die zweite Stufe ab 2031 lägen derzeit noch keine belastbaren Schätzungen vor, heißt es.
Die Finanzierung ist aber sowohl im Bund wie auch im Land noch offen. Der Bedarf für die Erhaltung des Landes- und Bundesstraßennetzes sei aber bis 2030 etwa doppelt so hoch wie die derzeit zur Verfügung gestellten Mittel, erklärt Hermanns Ministerium. Denn nicht nur bei den Brücken und den Straßen selbst gibt es einen Sanierungsstau, sondern auch bei Stütz- und Lärmschutzwänden, Tunneln oder Hangsicherungen.
Neben den Genehmigungsverfahren und den Finanzen gibt es bei der Umsetzung des Brückenprogramms einen weiteren möglichen Engpass: das Personal in Bauabteilungen der Regierungspräsidien. Dort sei „eine passende Personalausstattung in den kommenden Jahren erforderlich“, betont man im Verkehrsministerium, räumt aber ein, dass dies nicht schnell umzusetzen sein wird: „Aufgrund der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt ist ein kurzfristiger Personalaufwuchs allerdings nicht realistisch.“