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100 Jahre Haus & Grund

Eigentümerverband warnt vor übermäßigen politischen Eingriffen

Der Verband Haus & Grund Württemberg feierte am Mittwoch bei einem Festakt in Stuttgart sein 100-jähriges Bestehen. Dabei wurde deutlich: Private Eigentümer sind zwar das Rückgrat des Mietwohnungsmarkts. Doch sie fühlen sich zunehmend überfordert durch staatliche Regulierungen und gesetzliche Eingriffe.
Drei Personen in Anzügen vor "Haus & Grund Württemberg"-Hintergrund. Frau hält Schild.

Die Eigentumsschützer: Sebastian Notacker, der Vorsitzende von Haus & Grund Württemberg, mit der Präsidentin des Landesverbands, Gabriele Reich-Gutjahr, und Kai Warnecke, dem Präsidenten von Haus & Grund Deutschland (v. links).

Haus&Grund Württemberg)

Stuttgart . Rund 111.000 Eigentümer zählt der Verband Haus & Grund Württemberg zu seinen Mitgliedern. „Die Rahmenbedingungen für unsere Mitglieder werden nicht besser“, sagte Sebastian Nothacker, der Vorsitzende des Verbands anlässlich des Festakts in Stuttgart. Er verwies dabei auf neue gesetzliche Vorgaben, steigende Kosten, veränderte gesellschaftliche Erwartungen sowie den Wandel auf den Immobilienmärkten.

„Unsere Mitglieder sehen sich mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert: Wie lassen sich Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und soziale Verantwortung miteinander vereinbaren? Wie bleibt Wohnen bezahlbar, ohne dass das Eigentum überfordert wird? Und wie kann eine Politik gestaltet werden, die Vertrauen schafft und langfristig planbar bleibt?“

Eigentümer schließen sich aus Not zusammen

Nothacker erinnerte an die historischen Wurzeln des Verbands: „Nach den Kriegen fehlten überall Wohnungen. Der Staat reagierte mit verschärftem Mieterschutz, öffentlicher Wohnraumbewirtschaftung und begrenzte die Mietpreise. Infolge dieser Eingriffe schlossen sich Eigentümer zu Ortsvereinen zusammen – und gründeten den Landesverband.“

Heute werden zwei Drittel der Mietwohnungen im Land von privaten Eigentümern vermietet. „Sie sind das Rückgrat des Mietwohnungsmarkts“, betonte Nothacker. Sie würden eine Lücke füllen, die Staat und Wohnungsunternehmen alleine nicht schließen könnten. Doch politische Maßnahmen wie die Mietpreisbremse, die Grundsteuerreform oder das Gebäudeenergiegesetz zeigten, wie stark in das private Eigentum eingegriffen werde. „Es brauche aber eine sorgfältige Abwägung zwischen gesellschaftlichen Zielen und der Belastbarkeit der Eigentümer.

„Das löst bei den Menschen Ängste und Ärger aus“

Die vormalige FDP-Landtagsabgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr, seit Mai 2024 Aufsichtsratsvorsitzende des Verbands, lenkte den Blick auf den Veranstaltungsort: die sogenannte Dürnitz, ein historischer Saal im Alten Schloss. „Die Dürnitz war die warme Stube einer Burg oder eines Schlosses“, erklärte sie. „Hier versammelten sich die Menschen, um sich aufzuwärmen – denn es war keineswegs selbstverständlich, dass alle Räume beheizt waren. Wenn die Politik heute durch Vorgaben die Möglichkeiten einschränkt, im Warmen zu wohnen, löst das bei den Menschen Ängste und Ärger aus“, sagte sie. Das habe man schmerzlich mit dem Heizungsgesetz erlebt, aber auch bei der Wärmeplanung, dem Verbot von Kaminöfen und Vorgaben zu erneuerbaren Energien.

Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, betonte, dass die politische Arbeit des Verbands auch nach 100 Jahren unverzichtbar sei: „Man könnte meinen, heute stünde nur noch Beratung im Mittelpunkt – aber das ist ein frommer Wunsch. Die politischen Herausforderungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene nehmen nicht ab.“

Als Beispiel nannte er die geplante Verlängerung der Mietpreisbremse. „Sie ist, das sagen sogar die schärfsten Befürworter der Verlängerung, krachend gescheitert. Wir brauchen sie nicht noch ein drittes Mal.“ Man müsse Lösungen jenseits der Mietpreisbremse finden, um die Probleme auf dem Wohnungsmarkt zu lösen.

Absage an Überlegungen, den Betrachtungszeitraum für Mietspiegel auszuweiten

Warnecke warnte zudem vor Überlegungen aus dem Justizministerium, den Betrachtungszeitraum für Mietspiegel auszuweiten. Das mache die Mietspiegel kaputt ebenso wie den Frieden zwischen Mietern und Vermietern. Die Eigentümer geben zu bedenken, dass ein längerer Zeitraum auch ältere Mietverträge berücksichtigen würde, die oft deutlich günstiger sind. Dadurch würde der Mietspiegel nicht mehr die aktuelle Marktdynamik widerspiegeln, was zu unrealistisch niedrigen Vergleichsmieten führen könne. „Wir müssen den Menschen helfen, die Probleme haben, Wohnraum zu finden. Aber auch Vermieter müssen bezahlbar vermieten können. Alles andere funktioniert nicht“, so Warnecke.

Zu politischer Verdrossenheit führt Warnecke zufolge „gerade auch in Baden-Württemberg“ vielerorts die Erhöhung der Grundsteuer. Der Verbandspräsident erinnerte an Aussagen von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wonach die Reform nicht zu höheren Steueraufkommen führen sollte. „Wenn wir heute sehen, wie viel Grundsteuererhöhung wir haben, dann sind es genau diese Sätze, die zu politischer Verdrossenheit führen“, sagte Warnecke.

Er berichtete von Überlegungen innerhalb des Verbands, wegen der Mietpreisbremse und der Grundsteuer den Weg zum Bundesverfassungsgericht zu prüfen. Karlsruhe habe die ursprüngliche Mietpreisbremse nur deshalb akzeptiert, weil sie zeitlich befristet gewesen sei, so seine Begründung. Eine erneute Verlängerung hält Warnecke daher für verfassungswidrig. Zugleich warnte er davor, politische Entscheidungen vor Gericht auszutragen: „Das ist kein Ausweis von Debattenkultur. Das ist eigentlich der Ausweis des Gegenteils.“

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