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Abgang von Andreas Schell

Was steckt hinter dem Wechsel bei der EnBW?

Knall auf Fall wurde der Chef ausgetauscht: Nach nur 16 Monaten muss Andreas Schell als Vorstandschef der EnBW gehen. Nachfolger wird Georg Stamatelopoulos, bisher im Vorstand für Energieinfrastruktur zuständig. Wie kam es dazu, und welche Herausforderung gibt es nun?

Andreas Schlell (links) muss nach 16 Monaten als EnBW-Chef gehen, sein Nachfolger ist der 54-jährige Georg Stamatelopoulos. Fotos: dpa/Bernd Weißbrod

Marc Herrgoß)

Stuttgart. Noch im November gab Andreas Schell dem Staatsanzeiger ein Interview, versprach „mehr Tempo bei der Energiewende“ und sah den Energiekonzern „gut aufgestellt“. Nun steht in seiner Berufsbezeichnung auf dem Karriereportal LinkedIn nur noch „experienced CEO.“ Am Freitag vergangener Woche legte er sein Amt nieder.

Nun äußert sich der 54-Jährige auf LinkedIn auch zu seiner Rolle bei der Energiewende: „Ich bin dankbar, dass ich bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG meinen Teil dazu beitragen durfte.“ Er übergebe „in dem Wissen einer hervorragenden Geschäftsentwicklung“. Schell zieht für sich eine positive Bilanz: „Ich weiß, dass wichtige Impulse gesetzt wurden.“ Nur war der studierte Maschinenbauer mit dieser Ansicht im Konzern offenbar ziemlich alleine.

Ein schleichender Prozess der Entfremdung mit dem Aufsichtsrat

Offen reden möchte niemand vom Aufsichtsrat, der Vorsitzende Lutz Feldmann sagt: „Trotz intensiver Diskussionen konnte in den vergangenen Monaten keine Einigkeit über die weitere strategische Ausrichtung des Unternehmens erzielt werden.“

Hört man ins Unternehmen hinein, scheint es grundlegende Differenzen gegeben zu haben, in vielen Fragen: Wie soll der staatliche Energiekonzern ausgerichtet werden? Wie gelingt die Transformation? Das Vertrauen wurde immer weniger, am Ende hatte Schell nur noch sehr wenige Fürsprecher im Konzern.

Ein Interview von November 2023 mit Andreas Schell lesen Sie hier.

Es fehlte den Aufsehern an einer Strategie, die immer wieder eingefordert wurde, aber die Antworten Schells waren zu unkonkret. Laut Medienberichten wollte Schell auch die Gasversorgungssparte abstoßen, was dem Ziel der grün-schwarzen Koalition zuwiderlief, eine Wasserstoffstrategie zu entwickeln.

Auch bei der Kraftwerkstrategie der Landesregierung, Grundlast für die erneuerbaren Energieträger durch neue Gaskraftwerke zu schaffen, gab es wohl Differenzen.

Schließlich sei man „einvernehmlich“, wie es in solchen Fällen gerne heißt, zu einer Trennung gekommen. Der SPD-Partei- und Fraktionschef im Landtag Andreas Stoch spricht von „16 verlorenen Monaten.“ Es habe auch immer wieder Kritik an der Zusammenarbeit mit den Stadtwerken gegeben. Oder aktuell an stark angehobenen Strompreisen. Stoch: „Kontinuität und Verlässlichkeit an der Spitze ist ganz wichtig.“

Fehlt es an Branchenkenntnis?

Der Prozess der Entfremdung war schleichend. Einstimmig hatte der Aufsichtsrat Schell nominiert, der als Manager bei Rolls Royce in Friedrichshafen einen guten Eindruck hinterlassen hat. Doch war er branchenfremd. „Das Risiko war uns bewusst“, heißt es im Aufsichtsrat.

Manche spekulierten, Schell sei eher von der „konservativen“ Seite protegiert worden, also den oberschwäbischen Landräten, die über den Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke 46,75 Prozent des EnBW-Kapitals kontrollieren. Ein Konservativer als Nachfolger des „grünen“ Erfolgsmanagers Frank Mastiaux? Das wird von beiden Seiten recht deutlich zurückgewiesen.

Wichtiger waren wohl eher atmosphärische Aspekte. Schell traf laut Insidern oft nicht den richtigen Ton in dem komplexen Konstrukt EnBW bei divergierenden Eigentümern, dem Land und den Landräten, in der Energiebranche mit ihren eigenen Gesetzen, auch bei der Politik. Was nach der Ära Mastiaux, der als großer Kommunikator bekannt war, auch schwierig war.

Nur dürre Worte des Dankes von Finanzminister Danyal Bayaz

Großes Engagement und viel Einsatz spricht Schell hingegen niemand ab. „Ich fand es nicht negativ, dass man einen branchenfremden Manager genommen hat“, sagt etwa Frank Bonath, der energiepolitische Sprecher der FDP. Finanzminister und Aufsichtsrat Danyal Bayaz (Grüne), der die Beteiligung des Landes verwaltet, dankt Schell zum Abschied, schickt aber nur wenige Worte. Die EnBW stehe vor großen Aufgaben. „Andreas Schell ist sie angegangen und konnte auch erste Erfolge erzielen.“

Zum Ausbau der Stromnetze der EnBW lesen Sie hier mehr.

Wie geht es weiter? Der neue Mann, Georg Stamatelopoulos , ebenfalls 54, ist in Athen geboren und promovierter Maschinenbauer, seit 2010 im Unternehmen. Zuvor war er bei Alstom in Stuttgart. „Stama“, wie er intern auch genannt wird, gilt als umgänglich und tief in der Materie verwurzelt, hat Stallgeruch. „Er ist der richtige Mann für die richtige Zeit“, sagt die Sigmaringer Landrätin und Aufsichtsrätin Stefanie Bürkle (CDU). „Die EnBW muss ein Versorger mit einem Portfolio für die komplette Wertschöpfungskette sein.“

Während Schell nun mit einer ordentlichen Abfindung auf Jobsuche ist, wird Georg Stamatelopoulos am 27. März bei der Bilanzpressekonferenz die Geschäftszahlen vorstellen. Auf seine Ideen für die Zukunft darf man dann gespannt sein. Zum Amtsantritt sagte er: „Die EnBW ist ein wichtiger Akteur der Energiewende in all ihren Facetten von Strom über Wärme bis zur Mobilität.“

Drittgrößter Energieversorger in Deutschland

Die EnBW ist nach Uniper und EON die Nummer drei unter den deutschen Energiekonzernen, mit 27 000 Mitarbeitern und 56 Milliarden Euro Umsatz. Sie entstand 1997 aus der Fusion von Energieversorgung Schwaben (EVS) und Badenwerk. Größte Anteilseigner sind die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke und das Land über die Gesellschaft Neckarpri . 2000 verkaufte das Land seinen Anteil an die französische EDF; 2010 kaufte sie den unter Stefan Mappus (CDU) zurück.

Kommentar zum Thema: Die EnBW ist politisch – und zentral für die Energiewende | Staatsanzeiger BW

Rafael Binkowski

Chefredakteur des Staatsanzeigers

0711 66601 - 293

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