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Wie der Mitarbeiter bei der Digitalisierung nicht zur Schwachstelle wird

Bei Fortbildungenzu digitalen Themen hat sich eine Mischung aus Präsenzseminaren und E-Learning bewährt.
IMAGO/Westend61/Uwe Umstätter)Sindelfingen. Beim Maschinenbauer Schnorr in Sindelfingen macht man die Mitarbeiter ganz gezielt fit für die Herausforderungen der Digitalisierung. Dahinter steckt die Überlegung, dass der digitale Wandel im Mittelstand dann gut gelingen kann, wenn er nicht nur technologisch gedacht, sondern auch als personalpolitische Aufgabe verstanden wird. Im Rahmen des Pilotprojekts „ Qualidigi “ des Beratungsnetzwerks RKW Baden-Württemberg hat das 1908 gegründete Unternehmen mit rund 250 Beschäftigten, seine Personalprozesse analysiert – und dabei identifiziert, welche IT- und Digitalisierungskompetenzen nötig sind und gegebenenfalls noch fehlen.
„Wir wollten nicht nur Prozesse digitalisieren, sondern auch die Menschen mitnehmen und befähigen“, sagt Personalleiterin Corinna Schindler. Ihr Ansatz: Mitarbeiter nicht mit Tools und Programmen allein lassen, sondern ihnen systematisch das nötige Know-how vermitteln, um sich in einer digitalisierten Arbeitswelt sicher bewegen zu können.
In vielen Firmen wird nur sporadisch Fortbildung angeboten
Der Bedarf ist groß, wie eine Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt. Danach bilden zwar drei Viertel aller Unternehmen ihre Beschäftigten digital weiter, allerdings gibt es bei zwei Dritteln solche Angebote nur vereinzelt. Die Hälfte der Firmen hat keinen langfristigen Plan, sondern wurstelt sich irgendwie durch.
Eine erste Orientierung für planvolle Weiterbildung kann der von der EU konzipierte Digcomp-Referenzrahmen. Er empfiehlt die Entwicklung von fünf digitalen Kernkompetenzen: Erstens der kompetente Umgang mit digitalen Informationen und Daten – das heißt, Informationen gezielt zu recherchieren, kritisch zu bewerten und effizient zu nutzen. Zweitens geht es um digitale Kommunikation und Zusammenarbeit, wie den sicheren Umgang mit E-Mail oder Videokonferenzsystemen. Drittens braucht es die Fähigkeit, digitale Inhalte zu erstellen, anzupassen und zu verbreiten – unter Berücksichtigung rechtlicher Fragen wie Urheberrecht und Lizenzen. Viertens ist ein grundlegendes Verständnis von IT-Sicherheit und Datenschutz erforderlich. Fünftens zählt schließlich die Problemlösungskompetenz im digitalen Raum.
Beim Umgang mit KI-Ergebnissen ist ethische Sensibilität gefragt
Besonders mit Blick auf Künstliche Intelligenz kommen neue Anforderungen auf Betriebe zu. KI-Tools wie ChatGPT und KI-basierte Datenanalysen halten zunehmend Einzug in Verwaltung, Produktion und Kundenservice. Beschäftigte müssen daher nicht nur deren Bedienung erlernen, sondern sollten auch die dahinterliegenden Mechanismen zumindest in groben Zügen verstehen.
Wer Entscheidungen nachvollziehen und Ergebnisse bewerten will, braucht neben technischem Grundverständnis auch ethische Sensibilität – etwa im Hinblick auf Transparenz, Datenschutz oder Vorurteile in den Datensätzen. Das bedeutet nicht, dass jeder Mitarbeiter zum KI-Spezialisten werden muss. Wohl aber sollten Unternehmen ein Grundverständnis für den Umgang mit KI vermitteln und Räume für praktische Erfahrungen schaffen.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) München empfiehlt Betrieben, die Digitalisierung der Arbeitswelt als kontinuierlichen Lernprozess zu verstehen. Das beginnt mit einer Zieldefinition: Welche digitalen Kompetenzen braucht mein Unternehmen? Welche Rollen verändern sich, welche Prozesse werden künftig anders laufen? Darauf folgt eine genaue Analyse der Ausgangslage.
Kammern bieten Kurse zur Qualifizierung an
Wichtig ist, passende Lernformate zu wählen: In der Praxis haben sich Blended-Learning-Ansätze, also Mischformen aus Präsenzseminaren und E-Learning, besonders bewährt.
Auch die Kammern in Baden-Württemberg unterstützen Arbeitgeber bei diesem Thema. Die IHK Rhein-Neckar etwa hat Kurse für „Future Skills“ im Angebot. „Gemeint sind damit verschiedene Fähigkeiten, die Mitarbeitern helfen, sich im Zuge der Digitalisierung an neue Situationen anzupassen, innovative Lösungen zu finden und flexibel zu agieren“, erklärt dazu Denis Habig, Weiterbildungsexperte bei der Kammer.
Mit Onlinetools Kompetenzen analysieren
Ein erster Schritt, um die Belegschaft für die Digitalisierung besser zu rüsten, ist eine Analyse der für einzelne Aufgaben erforderlichen und der schon vorhandenen digitalen Kompetenzen Belegschaft. Ziel ist dabei, Qualifizierungsbedarfe zu erkennen. Typische Methoden sind dabei Online-Selbsttests und Befragungen. Diverse Onlinetools können Betrieben helfen, diese Analyse vorzunehmen und Qualifizierungspläne zu entwerfen, etwa Degreed, Mercateam oder Neobrain.