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Digitalisierung

Wie Künstliche Intelligenz auf der Baustelle helfen soll

Nur ein knappes Drittel der Handwerksbetriebe in Deutschland sieht sich in Sachen Digitalisierung sehr gut oder gut aufgestellt. Das hat der IT-Verband Bitkom in einer Umfrage ermittelt. Manche Unternehmen in Baden-Württemberg sind beim Einsatz von Software und auch KI-Anwendungen in der täglichen Arbeit aber schon sehr weit.
Zwei Männer in einem Lager, betrachten ein Tablet, umgeben von Baumaterialien.

Firmenchef Hermann Blattner (rechts) und der Digitalsierungsbeauftragte Manuel Gläser haben die Digitalisierung bei der Christian Gröber GmbH vorangetrieben. So wird Material, das von den Mitarbeitern aus dem Lager genommen wird beispielsweise, mit QR-Codes erfasst.

Jürgen Schmidt)

Stuttgart.  Für Hermann Blattner ist die Digitalisierung des Handwerks seit fast 15 Jahren Alltag. 2011 hat der Inhaber des Stuttgarter Maler- und Stuckateurbetriebs Christian Gröber GmbH eine Software eingeführt, mit der sich die wichtigsten Verwaltungsprozesse im Unternehmen papierlos abwickeln lassen. Das speziell auf Betriebe seiner Branche zugeschnittene Programm hat Gröber noch heute im Einsatz, doch es ist nur eines von vielen, die der Familienbetrieb mit rund 70 Mitarbeitern heute nutzt. In den Handwerksorganisationen gilt das Unternehmen aus Obertürkheim als Vorreiter. Seit 2018 beschäftigt es sogar einen eigenen Digitalisierungsbeauftragten.

Drei Viertel der Betriebe hat keine Zeit für Digitalprojekte

Dennoch wundert es Hermann Blattner nicht, dass sich das Handwerk in Sachen Digitalisierung selbst nicht sonderlich gut bewertet. Vor allem kleinere Betriebe hätten im Alltag nicht die Zeit und die personellen Kapazitäten, um die Digitalisierung voranzutreiben, sagt der Firmenchef, der im Ehrenamt auch Innungsobermeister und stellvertretender Vorsitzender im Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade im Land ist.

Die Selbsteinschätzung im Handwerk bei der Digitalisierung ist eher verhalten. In der bundesweiten Umfrage von Bitkom gaben sich 46 Prozent der Betriebe die Schulnote drei, 15 Prozent eine vier, sechs Prozent eine fünf und drei Prozent eine sechs. Nur eine Minderheit von 30 Prozent sieht sich gut oder sogar sehr gut aufgestellt.

Die Gründe für die Zurückhaltung decken sich mit den Beobachtungen von Blattner. Drei Viertel der Unternehmen gab an, schlichtweg keine Zeit für das Thema zu haben. Und 60 Prozent sind der Meinung, dass sich Digitalisierung nur für größere Unternehmen lohnt.

Dass es für größere Unternehmen leichter ist, Geschäftsprozesse zu digitalisieren, räumt Blattner ein. Kleineren Betrieben rät er dazu, sich zunächst auf kleine Schritte zu konzentrieren, etwa ein funktionierendes Dokumentenmanagementsystem. Große Softwarepakete, die viele Prozesse abdecken, erfordern auch viel Support, sagt der Digitalisierungsbeauftragte Manuel Gläser. Und das könne den IT-Einsatz für kleine Firmen schnell unrentabel machen.

KI soll es leichter machen, Berichte auf der Baustelle zu erstellen

Hinzu kommen zwei weitere Probleme, mit denen man auch bei dem Sanierungsspezialisten kämpft. Immer wieder komme es vor, dass App-Hersteller nach einer gewissen Zeit verkauft und die Produkte dann nicht mehr gepflegt werden. Daten aus diesen Anwendungen dann in andere zu verschieben, sei nicht immer einfach, sagt Gläser.

Und oft kämpft das Handwerksunternehmen mit Schnittstellproblemen zwischen verschiedenen Programmen oder zu den eigenen Datenbeständen. Jüngstes Beispiel: Bei Gröber möchte man Künstliche Intelligenz einsetzen, damit Gesellen ihre Baustellenberichte in ihrer Muttersprache mündlich erfassen können. Die KI soll diese dann übersetzen, verschriftlichen und die Daten dann ins System übertragen. Doch der Zugriff auf die firmeneigenen Daten sei momentan noch schwierig, sagt Blattner. Zudem machten KI-Anwendungen noch immer zu viele Fehler.

Eingesetzt werden Sprachmodelle wie Chat GPT aber dennoch an manchen Stellen. „Manche unserer Meister lassen E-Mails oder Protokolle schon mit KI-Unterstützung verfassen“, erklärt der Firmenchef.

Social-Media-App für die betriebsinterne Kommunikation

Viele Alltagsaufgaben hat das Unternehmen bereits digitalisiert. So wird Material, das aus dem Lager entnommen wird, per QR-Code erfasst. Mitarbeiter können per Smartphone direkt auf der Baustelle Material bestellen, den Einsatzplan einsehen, Arbeitszeit erfassen, Urlaubsanträge stellen oder ihre Berichte ins Büro senden. Und eine betriebsinterne Social-Media-App soll den Austausch zwischen Belegschaft und Chefetage verbessern. Damit die Leute die Apps auch anwenden, müssen Blattner zufolge zwei Dinge erfüllt sein: „Sie müssen einfach sein und für jeden Mitarbeiter muss ein Mehrwert erkennbar sein.“

Handwerk BW fordert niederschwellige Förderinstrumente

Handwerk BW, der Dachverband der Handwerkskammern im Land, fordert angesichts der Ergebnisse der Bitkom-Umfrage eine „konkretere Unterstützung“ für die Betriebe. „Weniger Bürokratie, auch durch eine selbst zeitgemäß digitalisierte Verwaltung und niederschwellige Förderinstrumente, wie die Digitalisierungsprämie es bis vor Kurzem war, helfen in der Praxis und bei Zukunftsinvestitionen“, erklärte Handwerkspräsident Rainer Reichhold. Das Land hatte die Digitalisierungsprämie im Sommer abgeschafft.

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