Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Serie Rathäuser

Das Rathaus Remchingen ist fünfeckig und hat keine Rückseite

Eine neue Mitte hat die Gemeinde Remchingen im Enzkreis geschaffen – mit dem Bau eines Rathauses, das eine beeindruckende Architektur aufweist. Das als Fünfeck konzipierte Gebäude ist quasi die Vollendung der Gemeindereform aus den 1970er-Jahren. Denn bisher fehlte ein repräsentatives Verwaltungsgebäude.

Das neue Rathaus von Remchingen beherbergt zugleich den Polizeiposten, die Gemeindebücherei und einen Pflegestützpunkt.

Gemeinde Remchingen/Reichert )

REMCHINGEN. Es kommt gar nicht mehr so häufig vor, dass Rathäuser neu gebaut werden. Allzu oft werden solche Vorhaben immer wieder geschoben, weil Schulen, Kindergärten oder andere wichtige Infrastruktureinrichtungen den Vorzug bekommen. Auch in Remchingen (Enzkreis) war das die vergangenen 30 Jahre so. Gebaut wurden beispielsweise ein Kulturzentrum, ein Gymnasium oder Kindergärten.

Jetzt war endlich das neue Rathaus an der Reihe, das gleich mehrere Funktionen zu erfüllen hatte: Der Neubau löste drei viel zu klein gewordene Rathäuser in den vier Ortsteilen ab, ist die neue Heimat mehrerer Einrichtungen und bildet fortan die neue Mitte von Wilferdingen-Singen, dem Hauptort von Remchingen.

Rathaus Remchingen für europäischen Architekturpreis nominiert

Es ist ein imposanter Bau, der nach einer europaweiten Ausschreibung und einem Architektenwettbewerb Anfang 2020 bezogen werden konnte. Insgesamt wollten 130 Büros das Rathaus bauen. Der Sieger des Wettbewerbs, das Stuttgarter Architektenbüro Steimle, hat ein Gebäude entworfen, das keine Rückseite hat. Als fünfeckiger Bau konzipiert, lässt es sich von jeder Seite aus „von vorne“ betrachten. Das Polygon ist ein in braun gehaltener Betonbau mit großen Fensterflächen, der in der Bürgerschaft allerdings nicht unumstritten war.

Erstens mussten Bäume auf einer Brachfläche weichen, zweitens war das Projekt mit 16 Millionen Euro vielen zu teuer. Heute ist die Kritik deutlich leiser geworden. Das neue Remchinger Rathaus gehört zu den rund 450 Bauten, die für den renommierten Mies van der Rohe Award 2022 nominiert sind – einem Preis der Europäischen Union für herausragende zeitgenössische Architektur. Aus Deutschland sind 25 Projekt dabei, darunter fünf aus Baden-Württemberg.

Überzeugend ist nicht nur der Bau, sondern auch die Gesamtidee. Denn das neue Rathaus ist nicht einfach nur ein Verwaltungsgebäude der Kommune. Es beherbergt zugleich den Polizeiposten, die Gemeindebücherei und den Pflegestützpunkt für den Enzkreis.

Und gleich zwei Drittel des Erdgeschosses sind gar kein öffentliches Gebäude. Dort hat eine Erlebnisgastronomie mit Biergarten Einzug gehalten. So werden Einnahmen für die Stadtkasse generiert, um den Rathausbau zu refinanzieren. Unter dem Rathaus befinden sich eine Tiefgarage mit über 80 Plätzen und Räume für das Gemeindearchiv. Zur Gesamtidee gehört auch die Platzgestaltung rund um das Rathaus auf dem großzügigen neuen San-Biagio-Platani-Platz. Das Rathaus bildet sozusagen jetzt den Abschluss der Gesamtkomposition mit Seniorenheim, Diakoniestation und Kulturhalle. Mitten auf dem Platz wurde zudem ein Spielplatz angelegt, wenige Meter weiter führen Wege in einen Grünbereich an der Pfinz. Bis zum Bau des Rathauses war die gesamte Platzanlage teilweise ein Parkplatz.

Moderne Büros sorgen für gutes Arbeitsklima

Zum ersten Mal in der noch jungen Geschichte Remchingens, das in den 1970er-Jahren im Zuge der Gemeindereform entstand (siehe Kasten), arbeiten damit alle Beschäftigten an einem Ort zusammen. Die alten Rathäuser entsprachen in keiner Weise mehr den Anforderungen moderner Verwaltungsarbeit. Für sie wurden aber Nachnutzungen gefunden. So ist etwa in Wilferdingen die Kleiderstube der Diakonie, in Nöttingen die Ganztagsbetreuung der Grundschule eingezogen. Der Nachteil, dass es für alle vier Orte Remchingens jetzt nur noch eine Bibliothek gibt, wurde mit erweiterten Öffnungszeiten im neuen Gebäude begegnet.

Nach Angaben eines Stadtsprechers hätten sich alle Mitarbeitenden sehr gut eingefunden an ihrem neuen Arbeitsplatz, auch wenn es für viele direkt nach dem Einzug im Januar des vergangenen Jahres pandemiebedingt schnell ins Homeoffice ging.

Das neue Gebäude mit modern ausgestatteten Räumen führe zu einem sehr guten Arbeits- und Wohlfühlklima. Dafür sorgen vor allem das üppig verbaute Holz im Innern, beispielsweise bei den Treppengeländern, und der Sichtbeton an den Wänden und in den Büros.

Quelle/Autor: Marcus Dischinger

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

Lesen Sie auch