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Serie Rathäuser

Im Rathaus Gaildorf befindet sich das Büro des Bürgermeisters in der Beletage

Ein ehemaliger Herrschaftssitz eines alten Adelsgeschlechts dient in Gaildorf als Rathaus. Das hat gute und schlechte Seiten. Der Charme und die Ruhe, die das eindrucksvolle Gebäude ausstrahlen, sind in jedem Fall Vorteile. 25 Beschäftigte arbeiten in dem Schloss aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Adelssitz, Offizierskasino, Altersheim. Das Rathaus von Gaildorf hat repräsentativen Charakter und eine wechselvolle Geschichte.

Stadt Gaildorf)

GAILDORF. Wer vom Bahnhof kommend zum Rathaus in Gaildorf (Kreis Schwäbisch Hall) möchte, der darf nicht den Fehler machen und in die Innenstadt abbiegen – dorthin, wo naturgemäß ein Rathaus anzutreffen ist. In Gaildorf muss man stattdessen dem Zentrum den Rücken zukehren und zunächst über eine Brücke, um den Kocherfluss zu überqueren. Dann aber steht man vor dem schmucken Schlossbau aus Sandstein, der seit 1967 Verwaltungssitz des Ortes ist.

Erste Beschäftigten des Rathauses zogen 1967 ein

Das Gebäude selbst stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, genauer aus dem Jahr 1845. Zunächst diente es als Adligenvilla für die verwitwete Amalie Charlotte Auguste zu Waldeck-Pyrmont und Limpurg-Gaildorf, durch zwei Erweiterungen einige Jahrzehnte später wurde es zum Schloss des Grafen von Bentinck und Waldeck-Limpurg. Er nutzte das Gebäude bis zum Zweiten Weltkrieg als Sommersitz, weshalb es von einer großen Gartenanlage umrahmt ist. Ziel von Bürgermeister Frank Zimmermann (CDU) ist es, den Bereich rund um das Rathaus in den kommenden Jahren zu erneuern und aufzuwerten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das Gebäude eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Während des Krieges war dort Kulturgut eingelagert, gegen Kriegsende zog die Schutzstaffel (SS) der Nationalsozialisten ein. Direkt nach dem Krieg befand sich das amerikanische Offizierskasino dort und bis 1965 ein Altersheim. Schon 1954 hatte die Stadt Schloss und Park erworben. Die Beschäftigten des Rathauses zogen 1967 ein. Lediglich das Bürgerbüro wurde vor einigen Jahren wieder in die Ortsmitte geholt.

Das Gebäude selbst hat einen repräsentativen Charakter – beispielsweise im Eingangsbereich mit Säulen und einem herrschaftlichen Treppenaufgang. In der früheren „Bel Etage“ befindet sich auch das Büro von Bürgermeister Zimmermann – gleichzeitig der größte Raum im Rathaus, ausgestattet mit Schreibtisch und einer Sitzgruppe für Besprechungen.

„Serie Rathäuser“ stellen wir eine kleine Auswahl an Rathäusern vor, die architektonisch oder geschichtlich besonders interessant sind.

Gleichwohl ist das Schloss nicht für eine moderne Verwaltung gemacht. „In einem denkmalgeschützten Gebäude mit diesem Zuschnitt lassen sich moderne Bürostrukturen nur schwer abbilden“, betont Zimmermann.

Mit zahlreichen Umbauten, beispielsweise dem Einbau von Wänden, wurden zusätzlicher Raum und neue Zimmer geschaffen. Insgesamt sind es 34 Räume. Pandemiegerechtes Arbeiten war deshalb auch in diesem Gebäude möglich, das Bürgerbüro war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls schon ausgelagert.

Das alte Gebäude hat noch einen Nachteil: Es besitzt keine Klimaanlage. An sehr heißen Tagen müsste er die 25 Mitarbeitenden streng genommen eigentlich wieder nach Hause schicken, so Zimmermann. Der Gemeinderat des Orts tagt nicht hier, ein Sitzungssaal gibt es im Rathaus in dieser Form nicht. „Dafür stehen uns aber passende Säle im Ort zur Verfügung“, so der Bürgermeister. Das Gremium tagt im Schenk-Albrecht-Saal der Limpurghalle.

Schädel eines Mastodonsaurus in Mineralstollen gefunden

Dem Areal rund um das Schloss fehlt noch ein wenig die an die heutige Zeit angepasste Grundordnung. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde in der unmittelbaren Nachbarschaft ein Schulzentrum errichtet, dessen Schüler die Parkanlage bisher als Durchgang zur Straße und zur Bushaltestelle nutzen. Das soll sich mittelfristig ändern – mit neuen Wegen und einer grundlegenden Umgestaltung. Unter anderem könnte auch die wenig ansprechende Asphaltfläche vor dem Treppenaufgang des Rathauses umgestaltet werden. Ein Landschaftsplaner soll sich entsprechende Gedanken dazu machen.

Und das Areal hat noch einen anderen interessanten Aspekt. Mitte des 18. bis Ende des 19. Jahrhunderts befand sich am rechten Kocherufer ein Salz- und Mineralbergwerk. Sein Eingang befand sich auf dem Schlossparkgelände. In einem Stollen der Anlage wurde im Jahr 1832 der Schädel eines Mastodonsaurus gefunden, einem fünf Meter langen Amphibientier, das vor mehr als 200 Millionen Jahren in diesem Gebiet lebte.

Heute befindet sich eine Nachbildung des Schädels im Gaildorfer Stadtmuseum. Das ist im Alten Schloss mitten in der Stadt untergebracht, es prägt als imposantes Fachwerkgebäude die Innenstadt.

Quelle/Autor: Marcus Dischinger

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