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Kommentar zum Untersuchungsausschuss

Welche Folgen hat die Polizeiaffäre?

Auch wenn der Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre Innenminister Thomas Strobl nicht stürzen konnte - er war trotzdem ein Erfolg. Weil er ein Schlaglicht auf Missstände, Filz und falschen Korpsgeist in der Landespolizei geworfen hat. Eine Analyse von Rafael Binkowski.

Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, beantwortet Fragen im Landtag als Zeuge beim Untersuchungsausschuss zur Polizei-Affäre.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Untersuchungsausschüsse sind das schärfste Schwert der Opposition, heißt es im Politsprech der Landespolitik. War das Schwert stumpf oder wirksam in der Polizeiaffäre? Wenn man das Ziel von SPD und FDP zum Maßstab nimmt, Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu stürzen, so ist dieses Vorhaben gescheitert. Nicht nur, weil wie SPD-Obmann Sascha Binder und die FDP-Frau Julia Goll monieren, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kein Interesse hat, seinen engsten Vertrauten zu entlassen und damit die Statik der Koalition zu gefährden.

Thomas Strobl hat ohne Zweifel Fehler gemacht. Einen Anwaltsbrief an einen Journalisten durch zu stechen und die eigenen Mitarbeiter unter Verdacht kommen zu lassen, das geht nicht. Es gab aus dem Polizeiapparat, dass der inzwischen suspendierte Inspekteur Andreas Renner ein zweifelhaftes Verhalten gegenüber weiblichen Kolleginnen pflegt, dass er sich derart daneben benehmen und seine Vorbildfunktion vernachlässigen würde, war allerdings nicht absehbar.

Lesen Sie hier: Der Innenminister kann sich nicht erinnern

Das Beförderungssystem der Polizei war undurchsichtig

Dass Renner ins Amt kam, ist Ergebnis eines undurchsichtigen und auf Kumpaneien basierenden Beförderungssystems in der Landespolizei, teilt verflochten über Jahrzehnte mit CDU-Netzwerken. Dafür trägt Strobl nicht die alleinige Verantwortung, sondern viele seiner Vorgänger. Doch der Ausschuss konnte trotz 38 Sitzungen Strobl kein so gravierendes Fehlverhalten nachweisen, dass ein Rücktritt unumgänglich war.

Essay: Was bleibt vom Untersuchungsausschuss?

Was man ihm anrechnen muss ist, dass er die Affäre schonungslos aufgeklärt hat, das Amts des Inspekteurs wurde abgeschafft, der grüne Ex-Ministerialdirektor Jörg Krauss als Aufklärer geholt. Sein Bericht hat die Landespolizei schon jetzt verändert, das neue Beförderungswesen ist ein wichtiger und richtiger Schritt.

Ein Mentalitätswandel dauert viele Jahre

Es wird allerdings Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, den Korpsgeist aufzubrechen und einen moderneren Führungsstil zu etablieren. Es ist auch ein Verdienst des Untersuchungsausschusses, ein Schlaglicht auf das Thema sexueller Belästigung geworfen zu haben. Die Causa Renner konnte in einem Umfeld passieren, in der solches Verhalten zumindest nicht so streng geahndet wird, wie es nötig wäre. Auch hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Der Untersuchungsausschuss hat sich manchmal in Nebenkriegsschauplätzen verloren, war lang und oft zäh. Aber es hat sich gelohnt, Regierungshandeln schonungslos zu durchleuchten. Allein das hat viel bewirkt. Insofern war das schärfste Schwert des Parlamentes durchaus in direkt sehr wirkungsvoll.

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