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Gesetzesnovelle

Online-Ratssitzung liegt bald in der Hand der Kommunen

Einig ist sich die Landespolitik darin, dass eine Online-Gemeinderatssitzung eine Erleichterung für die ehrenamtlichen Mandatsträger ist. Dazu hat die Regierung nun einen Gesetzesentwurf eingebracht, für den es teils mit Abstrichen Zustimmung gibt.

Eine Gemeinderats- oder Kreistagssitzung vom heimischen PC aus zu verfolgen, soll bald für Bürger wie für Räte möglich werden.

AdobeStock/fizkes)

Stuttgart . Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie ihre Ratssitzungen übertragen oder Mandatsträger zuschalten. Der Landtag hat dazu eine Gesetzänderung der Kommunal- und Landkreisordnungen an die Ausschüsse verwiesen. Kreise, Städte und Gemeinden bekommen so die Freiheit, entsprechende Regeln in die Hauptsatzungen zu schreiben. Auch das öffentliche Streaming aus Gemeinderat oder Kreistag ins Internet können Kommunen so regeln.

So setzt der Landesgesetzgeber den Rahmen dafür, dass es den Mandatsträgern freisteht, sich digital an einer Sitzung zu beteiligen. Einzig die Leitung der Sitzung, Bürgermeister oder Landrat, muss persönlich anwesend sein. Die Räte können an den meisten Abstimmungen online teilnehmen, bei Wahlen sind sie aber außen vor. Das Risiko, dass die Verbindung abbricht, übernimmt weitestgehend der Mandatsträger. Wenn die Störung bei der Kommune liegt und wenn dies gerügt wird, muss die Sitzung unterbrochen werden oder darf gar nicht erst anfangen.

Die Grünen sind begeistert, die Union dagegen weniger

Während die Grünen sich begeistert von der Novelle zeigen, fällt beim Koalitionspartner CDU die Freude verhalten aus. Vom „Feiertag fürs kommunale Ehrenamt“ sprach Swantje Sperling von den Grünen. Mit den Erleichterungen könnten Menschen, Kinder oder Senioren zu betreuen hätten, das Ehrenamt erst wahrnehmen. Internetstreams der Sitzungen verbreiterten zudem die Öffentlichkeit. Diese Regel bezeichnete CDU-Innenminister Thomas Strobl in seiner Vorstellung gar als Revolution. Er stellte diese Entscheidungshoheit der Kommune in den Mittelpunkt seiner Rede. Dies sei Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung, wie sie in Baden-Württemberg gelebt werde.

Lesen Sie hier: Fragen und Antworten zu der Novelle

Am Selbstverwaltungsrecht kritisierte Ulli Hockenberger zwar nichts, aber er hätte lieber ein Zwei-Drittel-Quorum für die Aufnahme der Digital-Regeln in die Hauptsatzung festgeschrieben. Die Räte würden über sehr Grundsätzliches entscheiden. Und dass die Selbstverwaltung am Geld nicht Halt macht, das forderte die Opposition: Was nütze diese Selbstverwaltung, wenn es bei den Kosten keine Unterstützung gibt? Diese verweigere das Land, weil die digitale Ratssitzung freiwillig sei. Wem das Geld fehle, könne es ja sein lassen. Das ist eine „Lösung nach Kassenlage“ kritisierte Julia Goll (FDP).

Klaus Ranger (SPD) bemängelte den Ausschluss der zugeschalteten Räte bei geheimen Wahlen, da gebe es mittlerweile sichere Tools. AfD-Nachrücker Sandro Scheer lobte die Neuregelung als Verstetigung der guten Erfahrungen mit Digital-Sitzungen während der Corona-Pandemie.

Lob für das Entscheidungsrecht der Kommunen

Die Novelle kommt bei den Kommunalverbänden ganz gut an. Ralf Broß, Hauptgeschäftsführer beim Städtetag spricht von einer Zeitenwende, zumal die Kommunen nun via Hauptsatzung selbst entscheiden, ob und wie es eine digitale Übertragung gibt. Skeptischer gibt sich der Gemeindetag. Die Präsenzsitzung sollte weiterhin der Regelfall sein, die Teilnahme daran sei den Mandatsträgern vor Ort eigentlich zuzumuten.

Der Verband der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen ist ebenfalls zurückhaltend. Die Lockerung der Präsenzpflicht berühre die Unmittelbarkeit der Ratssitzungen. Die Flexibilität könnte auch durch nur ausnahmsweise vom Bürgermeister zugelassene Übertragungen gewährleistet sein. Für den Landkreistag ist die Novelle auch eine verpasste Gelegenheit, da es keine Änderung beim Zählmodus im Wahlrecht gebe. Das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers führe zu zersplitterten Räten, so Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski. Da hatte er laut dem Abgeordneten Hockenberger die CDU an seiner Seite, jedoch konnte sie ein anderes Zählverfahren bei dieser Novelle noch nicht durchsetzen.

Was sonst noch in der Novelle steht

Neben den Regeln zur digitalen Übertragung diskutiert der Landtag auch eine bessere Erstattung der Kosten, die schwerbehinderten Mandatsträgern entstehen. Das Spiegelbildprinzip steht nun ebenfalls im Gesetz: Die Zusammensetzung der Ausschüsse muss die Mehrheitsverhältnisse im Hauptgremium widerspiegeln. Auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz sollen sich Bürger nicht berufen können, um Unterlagen aus nicht öffentlicher Sitzung einzusehen.

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