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Grün-Schwarz kann es noch

Die grün-schwarze Regierung zeigt, dass aus Gegensätzen sinnvolle Kompromisse entstehen, wie es lange Zeit Usus war.
dpa/Bernd Weißbrod)Nun hat die Regierungskoalition doch noch einen Gordischen Knoten zerschlagen. Und das auf bemerkenswerte Weise. Denn das „Regelungsbefreiungsgesetz“ klingt zwar sperrig und könnte definitiv noch einen greifbareren Namen vertragen, könnte aber ein echter Gamechanger werden. Zumal das Gesetz, dass Kommunen erlaubt, von Vorschriften abzuweichen, noch deutlich ausgeweitet wurde. So sind nun auch gesetzliche Regelungen betroffen, sprich: Eine Kommune kann ein Landesgesetz auf Antrag ignorieren.
Zudem sind auch die Landkreise in den Wirkungskreis mit einbezogen, ursprünglich sollten nur Städte und Gemeinden Vorgaben aussetzen können. Und es geht nicht nur um den Vollzug von Verwaltungsaufgaben, der weggelassen werden kann, sondern auch um die Aufgabe an sich. Das geht deutlich weiter und kam wohl vor allem auf Drängen der CDU noch ins Gesetz.
Das Land ist nur für sieben Prozent der Regelungen verantwortlich
In Kreisen der Entlastungsallianz, indem sich Verbände und Kommunen mit dem Land über Bürokratieabbau austauschen, reibt man sich verwundert die Augen. Die Grünen haben in diesem Punkt all ihre Bedenken über Bord geworden. So ist es ein großer Wurf, der Vorbild sein könnte für Bürokratieabbau und Vereinfachung auch in anderen Bundesländern und im Bund selbst. Denn das Land ist nur für sieben Prozent der Regelungen selbst verantwortlich.
Dass der grüne Koalitionspartner so konziliant ist, könnte damit zusammenhängen, dass gleichzeitig ein weiteres Gesetz „geeint“ wurde, wie es in der Politsprache der Landeshauptstadt heißt: das Nichtraucher-Schutzgesetz. Hierfür schlägt da grüne Herz, und es gab durchaus Bedenken etwa aus der Polizei oder der kommunalen Ordnungsdienste, wie das ausgeweitete Verbot der Qualmerei unter freiem Himmel in der Praxis kontrolliert werden soll.
Auch hier herrscht nun Augenmaß: Betroffen sind nur öffentliche Orte vor Spielplätze oder Schulen. Die Polizei hat künftig eine Handhabe, wenn Jugendliche abends auf einem Kinderspielplatz feiern und Zigaretten wegwerfen. Es geht also nicht um Dauerkontrolle der Bürger, sondern darum, Auswüchse zu begrenzen und Kinder zu schützen.
Aus Gegensätzen entstehen sinnvolle Kompromisse
Dazu konnte sich auch die Union erwärmen, zumal es in deren Reihen durchaus Fürsprecher gibt. Ausgenommen sind anders als in Bayern Biergärten und Gastronomie unter freiem Himmel. So bleibt das Gesetz schlank und praxisnah.
Die grün-schwarze Regierung zeigt also noch einmal, dass aus Gegensätzen sinnvolle Kompromisse entstehen, wie es lange Zeit Usus war. Trotz Vorwahlkampfes, der mit der Nominierung der Spitzenkandidaten von SPD und FDP abgeschlossen ist. Alle Parteien können nun geschlossen nach der Sommerpause ihr Profil schärfen. Bleibt noch das auf Eis liegende Anti-Diskriminierungsgesetz. Prognose hier: Schwierig, aber das wäre kein schwerer Verlust.
Weniger Bürokratie, mehr Schutz für Nichtraucher | Staatsanzeiger BW