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Kretschmann: Land trägt Verantwortung für Verteidigung

Die Bundeswehr nutzt unter anderem Sturmgewehre von Heckler und Koch aus Oberndorf am Neckar.
dpa/Peter Kneffel)Stuttgart. Baden-Württemberg strebt nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Technologieführerschaft in der Verteidigungswirtschaft an. Er betonte am Mittwoch (23.7.) im Landtag die Rolle der Gesellschaft, denn „Stück für Stück wird uns bewusst, dass die Zeitenwende nicht nur die Bundeswehr, sondern uns alle betrifft“. Der Regierungschef verlangt nach einer „umfassenden öffentlichen Debatte, auch wenn eine solche Debatte alles andere als einfach ist“. Sie sei aber nicht nur der Kern unserer Demokratie, sondern auch die Voraussetzung für gesellschaftliche Resilienz.
„Wir reichen Ihnen die Hand“, antwortet SPD-Fraktionschef Stoch
Das Land sieht der Ministerpräsident „als einen weltweit führenden Innovationsstandort“ in besonderer Verantwortung. Es gebe über 100 Unternehmen im Bereich Verteidigung und einem Viertel aller Beschäftigten der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland. Es gebe entsprechend geöffnete Förderprogramme. Jetzt müsse der Hochlauf der Produktion sichergestellt werden.
Kretschmann bekam für seine 40-minütige-Rede Beifall auch aus der Opposition. „Wir reichen Ihnen die Hand für eine ernst gemeinte Kraftanstrengung“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch . Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke bedankte sich sogar – trotz erheblicher Differenzen in Fragen der Finanzierung.
Der Ministerpräsident will auf EU-Ebene im Rahmen der anstehenden Finanzverhandlungen gegebenenfalls über eine gemeinsame Schuldenaufnahme für Verteidigung nachdenken. Das allerdings lehnte Rülke ab. Die Zeitenwende dürfe nicht genutzt werden, „um den alten grünen Traum von grenzenloser Verschuldung auf europäischer Ebene endlich zu verwirklichen“.
Strobl nennt AfD „Truppe Putins“ und „fünfte Kolonne Moskaus“
Außerdem bezweifelte der FDP-Fraktionschef, dass das, „was der General Kretschmann am heutigen Tag geäußert hat, von der Infanterie und den Unteroffizieren der Grünen geteilt wird“. Etwa das Bekenntnis zu den Jugendoffizieren im Schulunterricht. Für die Grünen stellte ihr Fraktionschef Andreas Schwarz umgehend klar, dass „die Jugendoffiziere ausdrücklich an unseren Schulen einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung leisten“.
CDU-Fraktionschef Manuel Hagel schlug den Bogen zu Konrad Adenauer (CDU) und der Debatte über die Wiederbewaffnung, weil „wie damals die Geschichte wieder an die Türe klopft“. Wieder stelle sich die Frage: „Sind wir bereit, diese unsere Freiheit, unsere Werte und die Zukunft unserer Kinder zu verteidigen?“ Krieg in Europa sei wieder bittere Realität, und Frieden sei eine Aufgabe, „die Mut und Entschlossenheit braucht“.
Der Ministerpräsident, der Anfang August der längst dienende in der Landesgeschichte sein wird, argumentiert auch persönlich: „Ich bin nicht kriegsbegeistert, geschweige denn kriegslüstern, ganz im Gegenteil.“ Nicht nur, weil jeder wisse, was Kriege anrichteten, „sondern weil ich als Kind einer Flüchtlingsfamilie eine sehr konkrete Vorstellung davon habe, welche schrecklichen Folgen der Krieg“ haben könne. Er teile die Sehnsucht vieler Menschen nach Frieden, doch gerade deshalb sei er überzeugt, dass „wir uns jetzt entschlossen auf den Ernstfall vorbereiten müssen, dass wir jetzt aufrüsten und verteidigungsfähig werden müssen“.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) lobte, wie sich Baden-Württemberg „technisch, organisatorisch und mental aufstellt“. Und er ging mit der AfD hart ins Gericht. Deren Fraktionschef Anton Baron hatte ernsthafte Anstrengungen von Landes- und Bundesregierung in Abrede gestellt und ergänzt: „Einhornpanzer mit transsexuellem Kommandanten werden niemanden auf der Welt beeindrucken.“ Strobl nannte die AfD die „Truppe Putins“ und die “fünfte Kolonne Moskaus“.
Illustre Gäste auf Tribüne
Die Einladungsliste illustriert die Bedeutung, die die Landesregierung dem Thema einräumt: Zahlreiche Gäste aus Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr, Bevölkerungsschutz, Rettungswesen, Wirtschaft, Verbänden und Gewerkschaften verfolgten am Mittwoch im Land die Regierungserklärung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zur „Verteidigung und Resilienz“ auf der Besuchertribüne. Darunter die Generäle André Bodemann und Dirk Kipper sowie Michael Giss , der das Landeskommando der Bundeswehr führt.