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Stromgebotszonen

Strompreis: Land wehrt sich gegen Aufteilung

Mehrere Bundesländer aus dem Norden haben nun einen erneuten Vorstoß für eine Aufteilung Deutschlands in mehrere Stromzonen gemacht. Auch von Seiten der EU gibt es entsprechende Planungen. Die Länder im Süden wehren sich dagegen. Nicht ohne Grund. Denn in den Szenarien ist längst nicht alles berücksichtigt.

Noch drehen sich in Baden-Württemberg zu wenige Windräder. Und auch der Stromnetzausbau von Nord nach Süd ist noch nicht abgeschlossen.

imago images/imageBROKER/Lilly)

Stuttgart. Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) lehnt den Vorstoß der Bundesländer aus dem Norden mit klaren Worten ab: „Die Einführung neuer Gebotszonen mit mehrjähriger Etablierung, Übergangsfrist und Ausgleichsmaßnahmen ist ein komplizierter, kostspieliger und bürokratischer Eingriff ins Marktsystem. Die angepriesenen Preisanreize wirken dann noch mal zeitverzögert“, sagt sie. Ihr Ministerium hatte bereits im vergangenen Jahr die Auswirkungen von mehreren Stromgebotszonen untersuchen lassen. Ein Hintergrund: Solche Zonen könnten für den Süden auch zum Standortnachteil werden.

Um was geht es eigentlich genau? Derzeit ist Deutschland eine einheitliche Stromzone mit einer Handelsbörse für den Strom. Gibt es etwa in Norddeutschland ein hohes Angebot an Windstrom, fallen die Preise überall in Deutschland. Damit kann im Norden wie im Süden zum gleichen Preis Strom an der Börse günstig eingekauft werden. Das Problem derzeit ist jedoch, dass der Strom von den Windparks im Norden wegen Netzengpässen nicht immer in der benötigten Menge in die Verbrauchszentren im Süden transportiert werden kann.

Stand beim Netzausbau im EU-Bericht nicht berücksichtigt

Die Folge: Im Süden müssen teilweise teurere Gaskraftwerke hochgefahren werden, während im Norden Windräder ihren Strom nicht mehr einspeisen können. Diese abgeregelten Windkraftanlagen erhalten dafür Entschädigungen, die neu angeworfenen Gaskraftwerke eine Kostenerstattung. Im vergangenen Jahr betrugen die Kosten, um Engpässe im Netz in den Griff zu bekommen, Redispatch genannt, knapp 2,8 Milliarden Euro, so die Angaben der Bundesnetzagentur.

Bereits Ende April hatte die EU empfohlen, Deutschland, das eine Zone mit Luxemburg bildet, künftig in fünf Strompreiszonen aufzuteilen. Nord- und Ostdeutschland würden davon profitieren. In Bayern und Baden-Württemberg würden die Strompreise steigen. Zu spüren bekäme dies vor allem die energieintensive Industrie, die ihren Strom über die Strombörse kauft. Für die privaten Haushalte würde sich das nicht so stark auswirken. Hier wird nach verschiedenen Studien und Berechnungen von Preissteigerungen von jährlich rund 26 Euro für einen Vier-Personen-Haushalt ausgegangen. Klare Berechnungen über die Mehrkosten für die Industrie gibt es nicht.

Allerdings wird in dem Bericht für die EU-Kommission auch betont, dass das Ergebnis auf einer festgelegten Methodik beruht und wichtige zusätzliche Aspekte nicht berücksichtigt und somit nicht isoliert betrachtet werden sollten. So wurde etwa der fortschreitende Netzausbau in Deutschland nicht vollständig berücksichtigt. Darauf weisen die IHKs in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sowie die Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW und Amprion in einem gemeinsamen Aufruf für eine einheitliche Stromzone in Deutschland hin. Sie räumen auch ein, dass derzeit noch signifikante Netzengpässe bestehen.

Stromnetzausbau gilt als beste Möglichkeit gegen Netzengpässe

„Das beste und schnellste Mittel der Wahl gegen zu hohe Redispatchkosten ist und bleibt der beschleunigte Stromnetzausbau“, sagt Umweltministerin Walker. „Daten der Übertragungsnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur zeigen, dass wir ab 2026/27 viele Kilometer an Inbetriebnahmen sehen werden“, so Walker weiter. Zugleich weist sie darauf hin, dass es aktuell im Land über 1550 Anträge für Windkraftanlagen gebe. Damit ließen sich auch Ungleichgewichte zwischen Nord und Süd in der Stromproduktion lösen.

Auch eine Untersuchung im Auftrag des Umweltministeriums hat bereits im Oktober vergangenen Jahres gezeigt, dass eine Verlagerung von Redispatchkosten in den kurzfristigen Großhandelsmarkt nur bedingt hilft. Wichtigster Punkt: Im Norden würden Anreize für mehr Erzeugung gemindert, im Süden würden sie erhöht.

Mehrere Stromgebotszonen in Nordeuropa

Es gibt bereits Länder, die in unterschiedliche Stromgebotszonen aufgeteilt sind, darunter Schweden, Norwegen und Dänemark. Schweden verfügt über vier verschiedene Stromgebotszonen, wobei der Strom im Norden günstiger als im Süden ist. Die Zonenabgrenzungen in Norwegen sind dynamisch und wurden in der Vergangenheit immer wieder geändert. Damit wurde – auch kurzfristig – auf neue Netzengpässe, etwa durch Schwankungen beim Wasserhaushalt, reagiert.

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