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Integrierter Bachelor: Drei juristische Fakultäten machen Druck

Jurastudenten des ersten Semesters sitzen in der Universität in Konstanz während der Einführung im Hörsaal.
dpa/Felix Kästle)Stuttgart. Mit einer gemeinsamen Erklärung machen die drei juristischen Fakultäten der Universitäten Tübingen , Heidelberg und Freiburg Druck. Sie fordern die Landesregierung auf, „in Anlehnung an die Regelungen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen auch in Baden-Württemberg einen integrierten Bachelor kraft Gesetzes einzuführen“.
Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) ist jedoch skeptisch. Sie hatte die entsprechenden Modelle bisher mit dem Hinweis auf den Qualitätsanspruch und die Notwendigkeit „des internationalen Vergleichs im Sinne von Bologna“ problematisiert.
Das Wissenschaftsministerium erinnert auf Staatsanzeiger-Anfrage zudem an die Gespräche mit allen Fakultäten sowie den Vertretungen der Landesfachschaften „seit geraumer Zeit“. Ein erstes Ergebnis sei die Einführung von Paragraf 34 Absatz 7 im Landeshochschulgesetz vor knapp einem Jahr. Damit sei es Universitäten möglich, im Wege eines Modellversuchs, für Studierende in Staatsexamensstudiengängen einen „auf den Staatsexamensstudiengang studienorganisatorisch abgestimmten, integrativ verknüpften Bachelorstudiengang anzubieten“.
In Konstanz gibt es nun die Option einer Doppelimmatrikulation
Die Universität Konstanz nutzte diese Möglichkeit. In wenigen Wochen, mit Beginn des Wintersemesters 2025/2026, gibt es für Studierende die Option einer Doppelimmatrikulation in einen mit dem Staatsexamensstudiengang verbundenen akkreditierten Studiengang, um auch den Bachelor-Grad zu erwerben. Wie das Wissenschaftsministerium mitteilt, besteht der Einstieg in den Studiengangsverbund im Rahmen einer Übergangsregelung unter anderem auch für Studierende, die zum Zeitpunkt der Einführung bis einschließlich im zwölften Fachsemester sind.
Vorreiter, sogar bundesweit, war die Universität Mannheim . Schon seit 2008 eingeführt ist dort der Studiengang „Unternehmensjurist/in“, der nach sechs Semestern mit dem Bachelor abschließt und in der Folge die Variante vorsieht, nach weiteren vier Semestern eine vollständige Erste juristische Prüfung zu absolvieren.
Die juristischen Fakultäten Tübingen, Heidelberg und Freiburg machen in ihrer Stellungnahme deutlich, dass sie an einem Modellversuch, wie ihn die Änderung des Landeshochschulgesetzes erlaubt, nicht interessiert sind. Weil der mit einer Mehrbelastung der Studierenden aufgrund zusätzlicher Prüfungen und zu erwartender „nachteiliger Eingriffe“ in ein hervorragend bewährtes Studiensystem verbunden sei.
„Ein starkes Signal an die Politik“
„Zudem würden erhebliche personelle und sachliche Kapazitäten dafür beansprucht, die zur Vorbereitung der Studierenden für die Erste juristische Prüfung aktuell und in Zukunft zwingend gebraucht werden“, heißt es weiter. Und schließlich könnten die jetzigen Studierenden von der Einführung des Konstanzer Modells nicht profitieren. Die Entscheidung, dass Freiburg, Heidelberg und Tübingen vorgingen, sei „ein starkes Signal an die Politik“.
Die Studierenden und die Professorenschaft sprächen sich deutlich für den integrierten Bachelor kraft Gesetzes aus. Und die Fakultätsratsbeschlüsse zeigten, „dass sich diejenigen, die sich mit den Gegebenheiten des Fachs am besten auskennen, einig sind“.
In 14 der 16 Bundesländer gibt es integrierte Bachelor per Gesetz inzwischen oder Verfahren sind eingeleitet. Der Reiz des Angebots ist nach Überzeugung der Befürworter, dass dieser im Staatsexamensstudiengang ohne zusätzliche Leistungen erbringen zu müssen, verliehen wird. Und dass damit erbrachte Leistungen nicht unter den Tisch fallen, bei einem späteren Studienabbruch. Wenn Baden-Württemberg nicht reagiert, befürchten die drei Fakultäten zudem Wettbewerbsnachteile. „Der integrierte LL.B. (Bachelor of Law) auf gesetzlicher Grundlage könnte in relativ kurzer Zeit wirksam werden und auch rückwirkend gelten.“ Ihr Vorschlag: Sogar Studierende sollten profitieren, die die Voraussetzungen in der Vergangenheit erworben haben.
Das Wissenschaftsministerium bereitet Gespräche vor
Weil der Bachelor für die Studierenden auch als Sicherheitsnetz von großer Bedeutung sei, brächte seine Einführung noch einen weiteren Vorteil: „Aktuelle Wettbewerbsnachteile für die Universitäten Tübingen, Heidelberg und Freiburg gegenüber anderen Standorten in Deutschland wären damit beseitigt.“
Das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg will auch bisher gemachte Erfahrungen in mögliche Neuerungen einfließen lassen. Gespräche mit den Fakultäten und dem Justizressort seien in Vorbereitung, heißt es im Ministerium. Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat sich bereits hinter den Wunsch der drei Fakultäten, von Studierenden und Professoren gestellt.
Bachelorabschluss im Jurastudium soll Entlastung bringen | Staatsanzeiger BW
„Wir wollen auch den Druck auf Studierende verringern“ | Staatsanzeiger BW
Fachkräftemangel
Bundesweite Umfragen unter Studierenden ergeben regelmäßig, dass das Jurastudium als ein besonders stressiges wahrgenommen wird. Der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften hat ermitteln lassen, dass 70 Prozent der Studierenden ihren eigenen Weg nicht weiterempfehlen würden.
Befürworter sehen durch den integrierten Bachelor den Stress für die Studierenden reduziert. Außerdem hat eine Studie von PwC zum Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor ergeben, dass bis zum Jahr 2030 rund 76 000 Juristen und Juristinnen fehlen werden.
Für einen Teil der zu besetzenden Stellen sei der Bachelor aber eine ausreichende Voraussetzung, weil Volljuristen vielfach gar nicht gebraucht würden.