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Landkreise: Neue Hürden drohen Glasfaser-Ausbau zum Erliegen zu bringen

Die Gigabitförderung des Bundes wird ausgesetzt und kommt im neuen Jahr mit neuen Vorgaben. Den Südwesten trifft das besonders hart, weil hier viele kommunale Zweckverbände die Glasfaserkabel selbst dort verlegen, wo der Markt nicht investieren will. Sie  fürchten nun, langfristig ausgebremst zu werden.

Wo Private keine Glasfasernetze ausbauen, springen Kommunen in die Lücke. Dafür brauchen sie Geld vom Bund, das nun fehlt

dpa/Frankenberg)

STUTTGART/BERLIN. Paul Kempf hatte Förderanträge für 15 000 Glasfaser-Anschlüsse im Landkreis Lörrach fertig vorbereitet, die nötigen Markterkundungsverfahren waren abgeschlossen.  Gebraucht hätte es noch die Bundesmittel – ein paar Mausklicks entfernt. Doch vorvergangene Woche ging plötzlich nichts mehr. Das Förderportal  zum Hochladen der Daten war für Kempf, Geschäftsführer des Zweckverbands Breitbandversorgung im Kreis Lörrach, offline.

Kurz darauf hatte das  Bundesverkehrsministerium mitgeteilt, dass  der Fördertopf  für den Gigabitausbau leer sei und einen Förderstopp verkündet. Grund: Innerhalb nur einer Woche seien Anträge in Höhe von über 450 Millionen Euro eingestellt worden – das sei ein bisher einmaliger Vorgang. Seit dem 17. Oktober könnten daher keine neuen Anträge angenommen werden. Der Topf war in diesem Jahr mit 3,1 Milliarden Euro gefüllt. 

Dass Fördertöpfe leerlaufen, kommt immer wieder vor

Der Entscheidung in Berlin folgte eine Welle der Empörung. Nach dem Förderstopp schrieben 14 Bundesländer sowie die kommunalen Spitzenverbände im Bund einen Brandbrief an das Bundesverkehrsministerium.

Am Dienstag kündigte das Ministerium, wohl auch aufgrund der Reaktionen an, die Gigabit-Förderung im kommenden Jahr wieder in Milliardenhöhe aufzunehmen. Allerdings sollten sich nun die Zuschüsse noch stärker am tatsächlichen Bedarf in den Regionen ausrichten. Immerhin:  Anträge, die bis zum 17. Oktober eingegangen sind, werden bearbeitet.

Dass Fördertöpfe leerlaufen, kommt immer mal wieder vor. Für Paul Kempf  hätten die Beteiligten im Bundesverkehrsministerium allerdings wissen können, was da auf sie zukommt, schließlich gehe den Anträgen ein mehrmonatiges Markterkundungsverfahren voraus, das im selben Förderportal abgewickelt wird. Zudem sei allen Beteiligten klar gewesen, dass das aktuelle Graue-Flecken-Programm Ende des Jahres auslaufe. Der Bund hatte aber noch keine Regelung für ein Nachfolgeprogramm getroffen. In der Folge hätten besonders viele Kommunen zum Jahresende  ihre Anträge stellen wollen, erklärt er den Run auf die Fördertöpfe. 

Die Landkreise im Südwesten sind vom Förderstopp  besonders betroffen; er war auch Thema bei der Landkreisversammlung am Montag und im Landtag am Mittwoch. Bekanntes Problem im ländlichen Raum ist, dass sich für private Unternehmen der Ausbau mit Glasfaser mancherorts nicht lohnt. Das müssen diese in einem  Markterkundungsverfahren mitteilen. Zwar macht der Ausbau durch private Unternehmen bundesweit 87 Prozent aus, doch gerade die restlichen Lücken – graue und weiße Flecken – müssen mit oft großem Aufwand geschlossen werden.

Dauerhafte Förderung unabhängig vom Haushalt

In Baden-Württemberg haben viele Landkreise – deutlich mehr als anderswo – Zweckverbände gegründet, die den Ausbau dort in die Hand nehmen, wo Private nicht hinwollen. Doch dafür braucht es Geld  von Land und Bund: Laut Kempf habe sich das Bundesförderprogramm bewährt, auch weil unter der Vorgängerregierung die  Fördermittel abgekoppelt vom Bundeshaushalt bereitstanden. 

Der Bund, aber auch das Land, müssten eine  dauerhafte Förderung sicherstellen – unabhängig von Haushaltsjahren, lautete daher auch die Forderung der Kommunalverbände, die sie nach der Landtagsdebatte veröffentlichten.

Kommunen fordern Fortsetzung des Graue-Flecken-Programms

Die Kommunen in Baden-Württemberg hatten sich dafür eingesetzt, dass das Graue-Flecken-Programm in bewährter Form fortgesetzt wird.  Kempf befürchtet aber, dass die Richtlinien so verändert werden, dass die monatelange Vorarbeit für die Anträge umsonst gewesen ist. Dieser Ansicht sind auch Landkreis-, Gemeinde- und Städtetag: Die vom Bund für das Nachfolgeprogramm geplanten Hürden drohten den geförderten Breitbandausbau im Ganzen zum Erliegen zu bringen, teilen sie weiter mit.  In Lörrach werden sich die beauftragten Planungsbüros und Baufirmen wegen der Verzögerung andere Projekte suchen müssen – das könnte den Ausbau noch weiter verzögern. Kempf möchte den Bürgern klar sagen können, wann sie ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Das sei derzeit aber nicht mehr möglich, erklärt er.

Erst 60 Prozent surfen mit Gigabit-Geschwindigkeit

Bei der Versorgung mit Gigabitgeschwindigkeiten liegt Baden-Württemberg mit 59,5 Prozent rund sechs Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Flächenländer in Deutschland (rund 53,5 Prozent), so das Innenministerium. Bis 2025 soll es eine flächendeckende gigabitfähige Breitbandinfrastruktur im Land geben. Von 2016 bis 2021 wurden vom Land und vom Bund zusammen rund 3,29 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Für  2022 sind im Landeshaushalt weitere 504,8 Millionen  Euro für die Breitbandförderung etatisiert.

Quelle/Autor: Philipp Rudolf

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