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Bei Debatte über U-Ausschuss zur Polizeiaffäre gehen die Positionen auseinander

Sascha Binder, Obmann der Landtags-SPD im Untersuchungsausschuss übte ebenso wie seine Kollegin Julia Goll heftige Kritik am Verhalten von Innenminister Thomas Strobl.
dpa/Marijan Murat)Stuttgart. In Abwesenheit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat der Landtag den Abschlussbericht des Polizei-Untersuchungsausschusses diskutiert. Vor allem rund um das Verhalten von Innenminister Thomas Strobl (CDU) nach der Weitergabe eines Anwaltsschreibens an einen Journalisten vor Weihnachten 2021 gehen die Bewertung der Regierungs- und Oppositionsfraktion deutlich auseinander. Kretschmann wollte ursprünglich am Ende der Ausschussarbeiten seine Schlüsse ziehen. Noch am vergangenen Dienstag hatte er erklärt, bevor er sich äußere, erst einmal anhören zu wollen, „was die Fraktionen zu sagen haben“.
Grundsätzlich wurde in der von Strobl verfolgten Debatte genauso wie aus dem Abschlussbericht deutlich, dass die Regierungsfraktionen ihm kein schwerwiegendes Fehlverhalten zuschreiben. Für die AfD sprang auch Rüdiger Klos dem Innenminister bei. SPD und FDP hätten von Anfang an den Ausschuss als Wahlkampf-Instrument missbraucht und sogar von Strafvereitelung gesprochen. Das Ergebnis sei aber Totalversagen auf ganzer Linie. Und während die Bürger Rekordsteuern zahlten, seien 2,3 Millionen Euro Kosten für den Untersuchungsausschuss „aus dem Fenster geworfen worden“.
Dunkelfeldstudie beschlossen
Ganz andere Töne schlugen Sascha Binder (SPD) und Julia Goll (FDP) an. Beide prangerten unter anderem an, dass Strobl nach der Weitergabe des Anwaltsschreibens im Disziplinarverfahren gegen den Inspekteur der Polizei die Staatsanwaltschaft über Monate gegen Unbekannt habe ermitteln lassen, statt sich zu erkennen zu geben. „Das ist empörend“, so Goll. Es seien Nebelkerzen geworfen, es seien Vorgänge verschleiert und falsch durch das Innenministerium und den Minister selber dargestellt worden. Mehrfach habe sich die Staatsanwaltschaft sogar zur öffentlichen Richtigstellung aufgerufen gesehen, erklärte die frühere Staatsanwältin. Binder kritisierte, wie der Ministerpräsident mit seinem Verhalten und der Tatsache, dass er keine Konsequenzen zieht, die Maßstäbe verschoben habe. Denn: „Jeder Polizeibeamte hätten gehen müssen.“
Mehr Übereinstimmungen ließen Grüne, CDU, SPD und FDP bei den Empfehlungen erkennen, die aus Erkenntnissen über sexuelle Übergriffe bei der Polizei gezogen werden. Grünen-Fraktionschef Oliver Hildenbrand bekannte, große Erwartung in die gemeinsam beschlossene Dunkelfeldstudie zu setzen, die die tatsächlichen Verhältnisse ausleuchten müsse. Und erst recht einigen waren sich die vier Fraktionen in ihrem Dank an die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne). Christiane Staab (CDU) hob die Gelassenheit und die Sitzungsführung hervor. Dreieinhalb Jahre hat das Gremium getagt, mehr als 2000 Seiten umfasst der Abschlussbericht. Und zu all dem, „wäre es nicht gekommen“, resümierte Binder, „hätte nicht eine Beamtin den Mut gehabt, sich zu äußern und die schlimmen Dinge, die passiert sind, zu benennen“. Gerade ihr gebühre großer Dank.