Debatten im Landtag vom 25. und 26. November 2015

Innenminister will Anti-Terror-Paket II

Stuttgart. Nach den Anschlägen in Paris und anderen Bedrohungen durch Terroristen will Innenminister Reinhold Gall (SPD) dem Ministerrat zeitnah ein Anti-Terror-Paket II vorlegen. Dies kündigte er am Mittwoch in der aktuellen Debatte zum Thema „Sicherheitslage in unserem Land“ im Landtag in Stuttgart an. Es werde ein „erheblicher, zweistelliger Millionenbetrag“ zur Verfügung gestellt, um beispielsweise die […]

Stuttgart. Nach den Anschlägen in Paris und anderen Bedrohungen durch Terroristen will Innenminister Reinhold Gall (SPD) dem Ministerrat zeitnah ein Anti-Terror-Paket II vorlegen. Dies kündigte er am Mittwoch in der aktuellen Debatte zum Thema „Sicherheitslage in unserem Land“ im Landtag in Stuttgart an. Es werde ein „erheblicher, zweistelliger Millionenbetrag“ zur Verfügung gestellt, um beispielsweise die Recherche nach Islamisten im Internet zu verbessern, sagte Gall. 
Sein Ziel sei es, angesichts der angespannten Sicherheitslage die Polizei im Südwesten in allen Bereichen besser zu stellen und vor allem Staatsschutz und Landeskriminalamt zu stärken. „Innere Sicherheit muss sich wie an einem roten Faden klar erkennbar fort entwickeln“, sagte der Minister. Dafür bedürfe es „ausgereifter Konzepte“.
Gall will nicht nur in Sachmittel investieren, „wir brauchen auch mehr Personal“, sagte er. Der Innenminister plant deshalb, die Wiederbesetzungssperre auszusetzen und neue Stellen im Vollzug zu schaffen. Zu den Verbesserungen zählt Gall auch die Bündelung von Staatsschutz-angelegenheiten bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart.  Baden-Württemberg sei auch bei den Sicherheitsbehörden qualitativ gut aufgestellt, sagte er.
Nach Ansicht des Ministers sei es bisher gelungen, Anschläge in Baden-Württemberg zu verhindern. Er werde alles tun, damit der Staat wehrhaft bleibe und somit Freiheit, Freude und Spaß in einer offenen Gesellschaft gewährleistet seien.   

CDU zweifelt an Sicherheitsinteresse der Grünen

CDU-Fraktionschef Guido Wolf sah in den Ausführungen Galls einen „Rechtfertigungsfeldzug der Polizeireform“. Der Herausforderer von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Landtagswahl 2016 äußerte Zweifel daran, dass die Grünen „an der Sicherheit in Deutschland und Baden-Württemberg interessiert“ seien. Er begründete dies mit dem Abstimmungsverhalten der Grünen-Bundestagsfraktion, die gegen verschiedene Vorlagen zur Sicherheit und zum Kampf gegen den Terrorismus gestimmt hatten.
„Mit Lichterketten und Spruchbändern“ sei es nicht getan, konstatierte Wolf. Deshalb fordere die CDU, den Verfassungsschutz auszubauen und das Anti-Terror-Paket zu verdoppeln. Dadurch könnten terroristische Akte schon in der Planung aufgedeckt werden. Wolf forderte die Grünen auf, ihr Verhältnis zu den Sicherheitsbehörden zu überdenken. So habe die Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann vor zwei Jahren die Halbierung des Verfassungsschutzes gefordert. Als Indiz wertete Wolf auch das Verhalten von Petra Häffner (Grüne), die vergangenen Freitag vorzeitig die Versammlung der Polizeigewerkschaft verlassen hatte. Häffner rechtfertigte sich dafür in einer persönlichen Erklärung mit einem Termin im Wahlkreis mit der Frau des Ministerpräsidenten.
 Auch Ulrich Goll (FDP) nutzte die Debatte zu einem Angriff auf die Polizeireform von Grün-Rot. Er sieht „lange Wege und Reibungsverluste“ durch die Reform und einen „schlechteren Gebietszuschnitt“. Zur Flüchtlingsfrage sagte der Liberale, ein Fünftel der Flüchtlinge verschwinde spurlos: „Wir wissen nicht, wer und wo sie sind.“ Dies bedeute eine „gewaltige Sicherheitslücke“.  Damit werde Deutschland zum „Dorado für illegale Einwanderer“, kritisierte Goll. Andererseits befinde sich der „verlängerte Arm des Terrors“ mitten in Europa.  Goll forderte neue Stellen bei den Sicherheitsbehörden und die Rücknahme der von Grün-Rot beschlossenen Senkung der Eingangsbesoldung bei Beamten. 

SPD und Grüne verteidigen Polizeireform

Nikolaos Sakellariou (SPD) wies die Vorwürfe zurück. Grün-Rot habe konsequent 170 Millionen Euro jährlich zusätzlich in den Sicherheitsapparat des Landes gegeben. 5600 neu eingestellten Polizisten stünden nur 3200 Pensionäre gegenüber. Mit der Polizeireform seien zeitgemäße Strukturen geschaffen worden. „Sie war ein Beitrag zur Sicherheit“, stellte Sakellariou fest. Und nach dem Terrorakt in Paris zu Jahresbeginn seien 130 zusätzliche Stellen bei der Polizei und beim Verfassungsschutz geschaffen worden.
Der Landtag sei sich in der Einschätzung der Ereignisse von Paris „völlig einig“, sagte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Er sei dankbar, dass es in Baden-Württemberg keine Hinweise auf konkrete Anschläge gebe. Dennoch habe das Parlament die Aufgabe, ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren. „Angst darf nicht die Überhand bekommen. Wir verteidigen unsere Freiheit und Werte mit allem, was wir haben“, sagte Sckerl. Zwar stünden die Grünen der Vorratsdatenspeicherung kritisch gegenüber, „wir stehen aber zu den Sicherheitsbehörden und unterstützen die Polizei“.  Und dies „ohne ideologische Brille“. Durch die Polizeireform sei der Staatsschutz wieder in der Fläche vertreten. Auch Sckerl kündigte an, dass das Anti-Terror-Paket I vom Februar dieses Jahres durch ein zweites Paket ergänzt werde. Er wies aber auch darauf hin, dass „Gesetze per se nicht mehr Sicherheit schaffen“.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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25. und 26. November 2015