Debatten im Landtag vom 2. und 3. Februar

Kretschmann wirft CDU Populismus vor

Stuttgart. Stark vom Wahlkampf geprägt war die Debatte am Donnerstag im Landtag zum Länderfinanzausgleich. SPD und Grüne warfen den Regierungsfraktionen Populismus vor, weil diese öffentlich die Ausgabenpolitik mancher Nehmerländer anprangerten. FDP und CDU bezichtigten die Opposition der Ahnungslosigkeit und „Traumtänzerei“. Ein Antrag der SPD, allen Fraktionen „unverzüglich den Fraktionen des Landtags das Gutachten, das die […]

Stuttgart. Stark vom Wahlkampf geprägt war die Debatte am Donnerstag im Landtag zum Länderfinanzausgleich. SPD und Grüne warfen den Regierungsfraktionen Populismus vor, weil diese öffentlich die Ausgabenpolitik mancher Nehmerländer anprangerten. FDP und CDU bezichtigten die Opposition der Ahnungslosigkeit und „Traumtänzerei“. Ein Antrag der SPD, allen Fraktionen „unverzüglich den Fraktionen des Landtags das Gutachten, das die beteiligten Landesregierungen hierzu  in Auftrag gegeben haben, zukommen zu lassen“, wurde mehrheitlich abgelehnt.
In der Sache sind zumindest die SPD und die schwarz-gelbe Koalition nicht weit auseinander. Auch die SPD sei bereit zu klagen, sagte ihr Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Nils Schmid. Der Landesregierung warf er Verschleppung aus wahltaktischen Gründen vor und verwies darauf, dass sie ihre Klage gegen de Länderfinanzausgleich erst im Sommer einreiche. Zudem müssten parallel zur Vorbereitung der Klage eigene Konzepte für die Neuordnung des Ausgleichssystems entwickelt und Gespräche mit den Nehmerländern geführt werden. Schmids Fraktionskollege Wolfgang Drexler forderte Finanzminister Willi Stächele (CDU) auf, während der Klageeinreichung den Nehmerländern ein Angebot für eine Übergangszeit zu machen, um die Solidarität Baden-Württembergs bundesweit zu demonstrieren.
„So etwas geht nur, wenn auch die andere Seite gesprächsbereit ist“, entgegnete Stächele auf die SPD-Vorschläge. Rot-Grün solle dafür sorgen, dass die von ihnen regierten Bundesländer zu ernsthaften Verhandlungen über die Neuordnung des Finanzausgleichs bereit seien.
Heftige Kritik von der SPD, aber auch von Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann, ernteten Stächele und CDU-Finanzexperte Manfred Groh für ihre Kritik an der Verschwendung bei den Nehmerländern -vom Bürostuhl der neuen stellvertretenden Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens bis zum Verzicht auf Studiengebühren in Bremen. Die CDU, soKretschmann, nutze das Thema, um die Leute in den Bierzelten auf die Bänke zu treiben. Die Ausgabenpolitik der Länder habe aber mit dem Länderfinanzausgleich gar nichts zu tun. Dort gehe es nur um die Einnahmeseite.Gleichwohl räumte der Grünen-Fraktionschef ein, dass der derzeitige Finanzausgleich falsch sei, weil leistungsfeindlich sei und für die Nehmerländer nicht die richtigen Anreize setze.
Die Landesregierung wolle in den nächsten Monaten von den von Baden-Württemberg und Bayern beauftragten Gutachtern die Klageschrift formulieren lassen, kündigte Stächele an. Man werde sich parallel um politische Gespräche bemühen, sei aber momentan nicht sehr optimistisch, mit den Nehmerländern dabei voranzukommen. Deshalb behalte man sich die Klage vor.
Ein wesentlicher Punkt zur Begründung der Verfassungsklage ist nach Aussage des FDP-Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Rülke die sogenannte Einwohnerveredelung. Danach werden die Einwohner der Stadtstaaten höher gewichtet, weil diese als Metropolen höhere Infrastrukturaufwendungen haben. Es könne nicht so bleiben, dass ein Bremer mit dem Faktor 1,35 ein Baden-Württemberger vom Land aber mit dem Faktor 1 in die Berechnung des Länderfinanzausgleichs eingehe.
Die SPD ist zwar nicht gegen den Gang vor das Bundesverfassungsgericht, doch Schmid warnte vor unerwünschten Nebeneffekten. „Da können auch Sachen herauskommen, die ungünstig für Baden-Württemberg sind.“ Als Beispiel nannte er die Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft in die Ausgleichsberechnung. Bislang würden die Kommunen nur zu 64 Prozent berücksichtigt. Dies sei aber eine rein politische Festlegung. Wenn das BVG fordere die Kommunen voll einzubeziehen, sei dies schlecht für den Südwesten mit seinen finanzstarken Städten und Gemeinden.
Nach Angaben des Finanzministers zahlt das Land in diesem Jahr 1,7 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich. Seit 1950 seien 48 Milliarden Euro geflossen. Das sei deutlich mehr als die Gesamtverschuldung des Landes. Durch den Finanzausgleich bleiben dem Land von „einer  Million“ Mehreinnahmen“ nur 136000 Euro übrig.

Quelle/Autor: Jürgen Schmidt

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2. und 3. Februar