Debatten im Landtag vom 10., 11. und 12. Dezember 2014

Opposition wiederholt Kritik an Polizeireform

Stuttgart. Die Opposition im Landtag hat die Etatberatungen zum Haushalt des Innenministeriums zu einer weiteren Kritik an der Polizeireform genutzt. Die dadurch verursachte Zentralisierung bringe Bürgerferne, sagte Thomas Blenke (CDU) am Mittwoch in der zweiten Lesung des Haushalts. Die „völlig überteuerte“ Polizeireform sei mit den vom Gericht kassierten Besetzungen der Führungskräfte „katastrophal gestartet“, urteilte der […]

Stuttgart. Die Opposition im Landtag hat die Etatberatungen zum Haushalt des Innenministeriums zu einer weiteren Kritik an der Polizeireform genutzt. Die dadurch verursachte Zentralisierung bringe Bürgerferne, sagte Thomas Blenke (CDU) am Mittwoch in der zweiten Lesung des Haushalts. Die „völlig überteuerte“ Polizeireform sei mit den vom Gericht kassierten Besetzungen der Führungskräfte „katastrophal gestartet“, urteilte der CDU-Polizeiexperte. Zudem seien mehr Polizisten „an der Front“ notwendig.
Im Namen der CDU-Fraktion forderte er von Grün-Rot, 420 kw-Stellen bei der Polizei im Südwesten dauerhaft zu erhalten. Damit könnte aus seiner Sicht auf die stark zunehmende Zahl von Einbrüchen reagiert werden. „Die Einbrüche nehmen dramatisch zu, doch neun von zehn Einbrüche werden nicht aufgeklärt“, sagte Blenke. Damit sei Baden-Württemberg das Schlusslicht in Deutschland. Er sprach sich auch für den Erhalt des von Grün-Rot abgeschafften Freiwilligen Polizeidienstes aus. Dies sieht Blenke als „weitere Belastung“ für die Kommunen.

Goll: Kampf gegen Extremismus ist ein Flop

Auch Ulrich Goll (FDP) bezeichnete die „falsche“ Polizeireform als „groß und schief angelegt“; bei der Polizei werde dadurch alles anders sein, aber nicht besser. Schon bis zum Ende der Regierungszeit von CDU/FDP habe es in Baden-Württemberg eine funktionierende Polizei gegeben. Der frühere Justizminister bezeichnete den Kampf der Landesregierung gegen den Extremismus als „Flop“. Er kritisierte auch die geplanten Stellenstreichungen beim Landesamt für Verfassungsschutz, denn „dort müsste man personell aufstocken“ wegen zunehmender Wirtschafts-Spionage und Extremismus. Zudem forderte Goll von Grün-Rot, endlich das seit Übernahme der Regierung angekündigte Informationsfreiheits-Gesetz vorzulegen.
Hans Ulrich Sckerl forderte die Opposition auf, „kein Zerrbild“ der Polizei zu zeichnen. Die Reform sei schwierig, aber notwendig gewesen. Mit dem alten Modell wäre die Polizei in der Fläche verschwunden,  erinnerte er an die Konsequenz. Innere Sicherheit und der Schutz der Bürger, also die originäre Polizeiarbeit, sei für die Grünen-Fraktion wichtig. Er verwies darauf, dass die Polizei über eine „auskömmliche“ Personalausstattung verfüge, Grün-Rot werde die notwendigen Mittel bereitstellen. Eine Fortsetzung des Freiwilligen Polizeidienstes lehnte Sckerl ab: Die Gefährlichkeit des Polizeiberufs habe zugenommen, deshalb seien professionell ausgebildete Polizisten notwendig. Er forderte, die Polizei weiter zu einem attraktiven Arbeitgeber zu entwickeln; das Land werde auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Hinsichtlich der Einbrüche würden Sondergruppen installiert.

Sakellariou: 750 Polizeianwärter werden jedes Jahr eingestellt

Nikolaos Sakellariou (SPD) wies auf den hohen Personalanteil am Etat hin. 85 Prozent des 2,6 Milliarden Euro umfassenden Einzelplanes des Innenministeriums entfallen auf Personalkosten, bei der Polizei allein sogar 88,9 Prozent. „Wer gute Arbeit will, muss auch die Mitbestimmung wollen“, begründete der SPD-Innenexperte das neue Landespersonalvertretungsgesetz. Außerdem begrüßte er den Zusatzurlaub für Polizisten über 55 Jahre. Sakellariou verwies auch auf die 750 Polizeianwärter, die vom Land jedes Jahr neu eingestellt werden. Zu den Vorwürfen, der Etat sei zu niedrig, sagte er: „Bisher konnte jede notwendige Dienstfahrt gemacht werden.“ Neun Millionen Liter Treibstoff verbrauchen die Polizeiautos jährlich.
Innenminister Reinhold Gall (SPD) stellte in seiner Haushaltsrede die vielfältigen Aufgaben seines Ressorts vor. So sei die Regierung auch Partner der Kommunen. Dies zeige sich nicht nur in den 57 Millionen Euro, mit denen das Land jährlich die Freiwilligen Feuerwehren in den Städten und Gemeinden fördere. Noch nie sei so viel Geld in den Polizeihaushalt im Südwesten geflossen wie im Doppelhaushalt 2015/16, erklärte Gall. Dies seien „Investitionen in die Sicherheit“ des Landes. Aus Sicht des Ministers war die Polizeireform auch deshalb notwendig, weil sich „alte Strukturen längst überholt haben“. Er nannte die Cyberkriminalität und die Kinderpornografie als Beispiele.
Zum Thema Sicherheit verwies der Minister auf eine Umfrage, wonach 60 der Baden-Württemberger mit der Inneren Sicherheit im Südwesten zufrieden sind.  Die Polizeireform treibt Gall nicht mehr um: Damit sei „überhaupt niemand mehr“ beschäftigt, beschied er den Abgeordneten. Generell kündigte der SPD-Politiker an, der Mitwirkung der Bürger „noch mehr Raum in der Zukunft“ zu geben. Die Beteiligung gerade der jungen Menschen an der Kommunalwahl stimme ihn hoffnungsvoll. Baden-Württemberg sei hinsichtlich der Inneren Sicherheit bei Grün-Rot „in guter Hand“.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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