Debatten im Landtag vom 30. September und 1. Oktober 2015

Stoch wirft Opposition vor, eine „Diffamierungskampagne“ zu betreiben

Stuttgart. Die Opposition fordert erneut,  in Baden-Württemberg vorerst keine Gemeinschaftsschulen mehr zu genehmigen. Basis des Vorstoßes ist die kritische Berichterstattung über die neue Schulform Mitte August in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Die Zeitung musste inzwischen allerdings eine Gegendarstellung abdrucken. Auch deshalb warf Kultusminister Andreas Stoch (SPD) der Opposition am Mittwoch im Landtag vor, eine […]

Stuttgart. Die Opposition fordert erneut,  in Baden-Württemberg vorerst keine Gemeinschaftsschulen mehr zu genehmigen. Basis des Vorstoßes ist die kritische Berichterstattung über die neue Schulform Mitte August in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Die Zeitung musste inzwischen allerdings eine Gegendarstellung abdrucken. Auch deshalb warf Kultusminister Andreas Stoch (SPD) der Opposition am Mittwoch im Landtag vor, eine „Diffamierungskampagne“ zu betreiben.
„Bildungspolitik wird im Wahlkampf eine große Rolle spielen“, so der CDU-Bildungspolitiker Volker Schebesta. Die von seiner Fraktion beantragte aktuelle Debatte vermittelte bereits einen Eindruck davon. Heftig wurde um die Qualität der neuen Schulform gestritten und vor allem darüber, ob die Begutachtung einer einzelnen Schule in Tübingen die Grundlage für grundsätzliche Kritik an der Gemeinschaftsschule sein kann. Für die FDP lobte Timm Kern „die couragierte Journalistin Heike Schmoll“, die sich nicht einschüchtern lasse. Der frühere Gymnasiallehrer liest aus dem Papier, das fast ein Jahr alt ist ein „vernichtendes Zeugnis“ für die Schulart insgesamt heraus.
Schebesta zitierte mehrere Passagen aus der Berichterstattung, nach der sich Schüler und Schülerinnen zu wenig Gedanken über ihre Arbeitsstrategie machten, Lehrkräfte überfordert oder Leistungsschwächere benachteiligt seien. Auch er sprach von einer „erschreckenden Berichterstattung“ über die Arbeit der Gemeinschaftsschulen. Die seien mit Anforderungen überfrachtet, Grün-Rot mache Politik auf dem Rücken der Kinder.

Verärgerung über erneuten Vorwurf der Geheimniskrämerei

Das alles mochten Grüne, SPD und nicht zuletzt Kultusminister Stoch keinesfalls auf sich sitzen lassen. Für Verärgerung sorgte vor allem der noch einmal erhobene Vorwurf der „Geheimniskrämerei“ (Kern). Schmoll hatte dem Kultusministerium vorgeworfen, das heikle Papier unter Verschluss zu halten. Stoch geht dagegen gerichtlich vor, gibt sich aber mit der bereits erschienenen Gegendarstellung nicht zufrieden. Er verlangt einen Widerruf, weshalb es auch zur Hauptverhandlung kommen könnte, in der die Zeitung dem Ministerium nachweisen müsste, das Papier tatsächlich gehabt und unter Verschluss gehalten zu haben. Die Autoren, an der Evaluierung der Gemeinschaftsschulen im Land beauftragte Wissenschaftler, hatten allerdings bereits öffentlich erklärt, dem Kultusminister sei dieses 21seitige Gutachten, das sich mit dem Zwischenstand der Entwicklung an dieser einzigen Tübinger Schule befasste, nicht übergeben worden.
Timm Kern erhielt nicht nur den Vorwurf der „Geheimniskrämerei“ aufrecht, er wollte ihm auch "nicht abnehmen, nichts gewusst zu haben“. Grün-Rot verweigere sich der Realität und setze „auf die demographische Not der Gemeinden, um die Verkaufszahlen hochzujagen“. Viele Kommunen hätten die Anträge zur Einrichtung einer  Gemeinschaftsschule nicht „aus innerer Überzeugung gestellt“.

Opposition will Schulen umbauen

Auch in der Sache bleiben die Fronten klar: Grüne und SPD setzen auf einen Ausbau der Gemeinschaftsschulen, die Opposition will die Schulen im Falle einer Regierungsübernahme umbauen. Immerhin liegt ein Drittel der Standorte, so Sandra Boser (Grüne), in CDU-geführten Gemeinden. Und sie zitierte aus Blogs und Postings, in denen sich sogar CDU-Politiker ausdrücklich zur Gemeinschaftsschule bekennen.
„Es sind auch Schwarze, die sich ihre Schule nicht kaputt reden lassen wollen“, sagte der SPD-Abgeordnete Stefan Fulst-Blei und sprach von einem „schweren Angriff auf die Qualitätsentwicklung“. Schulen müssten darauf vertrauen können, dass Teilergebnisse intern bleiben, sonst würden sie sich nicht an Evaluierungsprozessen nicht beteiligen. Und genau dieses Vertrauen sei durch die Berichterstattung der FAZ und ihre Folgen gebrochen worden.

Quelle/Autor: Henkel-Waidhofer, Brigitte Johanna

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30. September und 1. Oktober 2015