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Landratswahl in Freudenstadt

Andreas Junt gewinnt das Bewerberduell um den Landratsposten 

Bereits im ersten Wahlgang war die Sache entschieden und am Ende umarmten sich die Kandidaten: Kreisräte in Freudenstadt hatten über ein Duell zu entscheiden, von dem man immer wieder hörte, da bewerben sich zwei Männer auf Augenhöhe. Am Ende entschied sich der Kreistag klar für den externen Kandidaten mit besten Beziehungen zum Landratsamt.

Neuer Landrat im Kreis Freudenstadt wird Andreas Junt. Er setzte sich gegen Michael Ruf durch.

Markus Ulmer)

Freudenstadt. Neuer Landrat in Freudenstadt wird Andreas Junt. Der 43 Jahre alte Vizepräsident der Gemeindeprüfungsanstalt tritt die Nachfolge von Klaus Michael Rückert (CDU) an, der sein Amt vorzeitig abgibt. Im ersten Wahldurchgang stimmten am Montag 26 Kreisräte für den parteilosen Junt. Auf seinen Mitbewerber, den CDU-Bürgermeister von Baiersbronn Michael Ruf, entfielen 17 Stimmen. Der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion amtiert in der Kreisgemeinde seit 14 Jahren.

Dem Kreistag gehören 44 Mitglieder an, in den ersten beiden Wahlgängen war damit eine Mehrheit von 23 Stimmen für den Wahlsieg nötig. Anwesend waren 43 wahlberechtigte Kreisräte. Öffentliche Parteinahmen gab es zuvor nicht. Die 13-köpfige CDU-Fraktion hatte sich aber für die Kandidatur ihres Fraktionsvorsitzenden Ruf ausgesprochen.

Voller Saal, großes Interesse

Bis auf den letzten Platz waren die Stühle im Kursaal in Freudenstadt besetzt, der Hausmeister musste noch Sitzgelegenheiten beischaffen, wie Landrat Rückert erklärte. Die Hälse reckten sich, als die Kandidaten aus einem Nebenzimmer in den Saal traten und zum Rednerpult gingen. 15 Minuten hatte ihnen der besondere Ausschuss für ihre Rede zugebilligt, dann folgten kurzen Fragen – jeweils eine Minute – der Kreisräte.

Aufbruchstimmung wollte der Wahlsieger Junt in seiner Bewerbungsrede versprühen, die er sehr lebhaft vortrug. Zwar amtiert Junt seit gut einem halben Jahr als Vizepräsident der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg in Karlsruhe . Doch seine Zeit als Leiter Stabsstelle Kommunalaufsicht und Rechnungsprüfung mit Vergabe beim Landratsamt Freudenstadt dürfte die Detailtiefe seiner Ansprache erklären.

Junt will Finanzlage in den Griff bekommen

Junt drängt auf Veränderungen. Der Landkreis hat keinen genehmigten Haushalt, das will der Finanzexperte alsbald in den Griff bekommen. Der aktuelle und der kommende Haushalt seien besonders schwierig, hier will Junt mit den Werkzeugen der Gemeindeprüfungsanstalt die Finanzlage verbessern. Um Einsparpotenziale zu heben, schlägt er Gespräche mit den Mitarbeitern im Landratsamt vor, die ihre Ideen dazu formulieren sollen. Zur besseren Krankenhausfinanzierung des Kreises will Junt die Arbeitnehmerüberlassung in den Kliniken unter die Lupe nehmen und eine Patientensteuerung mittels KI etablieren. Der Vorsitz des Nationalparkrats Schwarzwald müsse nicht zwangsläufig beim Freudenstädter Landrat liegen, dass das so bleibt, darum will sich Junt kümmern.

Der Wahlsieger hat einen verwaltungswissenschaftlichen Hintergrund und ist Absolvent der Hochschule in Kehl. Außerdem hat er Ausbildungen als Heizungsbauer und Einzelhandelskaufmann absolviert. Neben den Gesprächen mit den Kreisräten hat Junt auch einen kleinen öffentlichen Wahlkampf geführt und sich auf Social Media sowie bei verschiedenen Terminen, etwa der OB-Wahl in Horb präsentiert.

Applaus für beide Kandidaten

Aufbruchstimmung war auch ein Grundmotiv von Michael Rufs Rede. Der Baiersbronner Bürgermeister will bei den Finanzengpässen Bund und Land stärker in die Pflicht nehmen. Die Finanzierungsgrundlage der Landkreise funktioniert nicht mehr, es bräuchte höhere Anteile für die Kommunen am Umsatzsteueraufkommen. Am Rande spielte die mögliche Klage gegen beide staatliche Ebenen eine Rolle, zu denen sich der Landkreis ein Gutachten bestellt hat. Er bedauerte, dass sich keine andere Institution den Gedankenspielen einer Klage angeschlossen hatte. Digitalisierung und Bürokratieabbau waren ebenfalls seine Stichworte. Ruf präsentierte sich als Brückenbauer, als einen Chef mit partizipativem Führungsstil.

Applaus bekamen beide Kandidaten für ihre Ansprachen, und zwar nicht nur von den Kreisräten. Dieser brandete laut auf, nachdem Landrat Rückert das Ergebnis vorgetragen hatte. Die beiden Bewerber gaben sich nicht nur die Hand, sie umarmten sich – Ausdruck der gegenseitigen Wertschätzung, die sie bereits vor der Wahl öffentlich bekannten. Die Gratulantenreihen waren längst nicht abgearbeitet, da war von draußen die Bauernkapelle Böffingen zu hören, die zu ehren des neuen Landrats aufspielte. Das Publikum drängte zum Empfang im Foyer.

Stehende Ovationen für den scheidenden Landrat

Für den bisherigen Amtsinhaber Klaus Michael Rückert (CDU), war die Sitzung am Montag seine letzte als Landrat. Er hatte dem Kreistag im April mitgeteilt, dass er zum Oktober sein Amt niederlegen werde, ein knappes Jahr vor dem regulären Ende der zweiten Amtszeit. Der 58-Jährige ist gläubiger Katholik und hat ein theologisches Fernstudium absolviert. Nach seiner Amtszeit möchte er als ehrenamtlicher Seelsorger wirken sowie zum Broterwerb eine juristische Tätigkeit ausüben. Zum Abschied bekam er stehende Ovationen.

Kommende Wahlen

Die nächste Landratswahl in Baden-Württemberg findet in Calw statt. Dort wird sich der Amtsinhaber Helmut Riegger (CDU) am 3. November erneut zur Wahl stellen, so seine Ankündigung. Es wäre die dritte Amtsperiode des 63-Jährigen. Klar ist, dass es im kommenden Jahr im Kreis Rottweil eine Veränderung an der Spitze des Landratsamtes gibt. Der dienstälteste Landrat Wolf-Rüdiger Michel hatte bereits im April angekündigt, nicht für eine vierte Amtsperiode anzutreten, die im April 2026 beginnt. Michel wäre dann 67 Jahre alt.

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