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Wärmeprojekt in Steinheim/Murr

„Das Wärmenetz hat Symbolcharakter für ganz Deutschland“

Die Stadt Steinheim hat die Wärmeversorgung eines Wohngebiets selbst in die Hand genommen. Ein Novum bei dem Projekt gibt es auch: Das Wärmenetz arbeitet mit vergleichsweise niedrigen Vorlauftemperaturen.
Mann im Anzug präsentiert ein Wärmekonzept auf einem Bildschirm mit Karte und Text.

Bürgermeister Thomas Winterhalter mit der Karte des Wohngebiets, das eine hochmoderne Wärmeversorgung erhält.

Rudolf)

Steinheim/Murr. Das Steinheimer Wärmenetz arbeitet mit vergleichsweise niedrigen Vorlauftemperaturen von 55 bis 60 Grad. Die Wärme dazu wird zum großen Teil aus lokalen erneuerbaren Energien stammen, erzeugt von einer Solarthermieanlage, einer Wärmepumpe sowie zwei Holzhackschnitzelkesseln. Das Besondere an diesem Projekt: Durch niedrigere Temperaturen als in klassischen Fernwärmenetzen üblich werden die erneuerbaren Energien möglichst effizient genutzt.

In der 12 000-Einwohner-Stadt im Kreis Ludwigsburg entsteht damit ein Novum in Deutschland: Bislang sind solche Anlagen nur in den skandinavischen Ländern üblich.

In den Gebäuden sind größere Heizkörper nötig

Für das Wohngebiet aus den 1970er- und 1980er-Jahren mit rund 400 Häusern suchte Steinheim nach einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung. Schnell stand fest: Ein Wärmenetz ist hier sinnvoll. Eine dezentrale Lösung mit Luft-Wärmepumpen schied wegen der dichten Bebauung aus. Damit die Gebäude künftig mit niedrigen Vorlauftemperaturen versorgt werden können, sind größere Heizkörper nötig – alternativ müssten die Häuser energetisch saniert werden. Die Stadt wollte die Wärmeversorgung als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge selbst übernehmen und gründete dafür eine Wärmenetzgesellschaft in vollständigem städtischem Besitz. So behält Steinheim die Entscheidungs- und Gestaltungshoheit – und profitiert zusätzlich von hoher Projektförderung.

Die Stadt erhält millionenschwere Förderung vom Bund

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt mit 6,6 Millionen Euro das Wärmenetz. „Die Höhe der Fördersumme macht deutlich, welch große Bedeutung dieses Projekt für unsere Stadt hat. Es stellt aktuell und auch historisch gesehen die größte Investition in unsere Infrastruktur dar“, so Bürgermeister Thomas Winterhalter (parteilos).

In zwei Veranstaltungen für die Bürger informierte die Stadt über das Vorhaben. Durch die Vorvermarktung sollten 50 Prozent der Häuser angeschlossen werden. Das wurde erreicht. „Wir wollen zeigen, dass man nicht immer nur im Neubau, sondern auch im Bestand ein solches Netz aufbauen kann“, so Winterhalter und fügt hinzu: „Und wir wollen zeigen, dass die Leute ihre Wohnung warm kriegen.“

Energiemix als Schlüssel für stabile Heizkosten

„Kommunen haben bei der Art der Wärmeversorgung einen Gestaltungsspielraum“, so Raphael Gruseck, zweiter Geschäftsführer der Wärmenetz Steinheim GmbH und Mitarbeiter der Energieagentur Kreis Ludwigsburg (LEA), die Kooperationspartner ist. Er beobachte, dass technische Fragen oft im Vordergrund stehen und lange diskutiert werden, es mangle aber an der Bereitschaft, die Umsetzung anzugehen. „In Steinheim war das nicht der Fall.“

Gruseck sieht in einem intelligenten Energiemix den Schlüssel für stabile Heizkosten: „Mit Wärmepumpe, Solarthermie, Holzhackschnitzelkessel und Blockheizkraftwerk, kombiniert mit einem großen Wärmespeicher, können wir langfristig günstige Wärmepreise sichern.“ So werde stets die günstigste Wärmequelle genutzt – durch niedrige Vorlauftemperaturen kann zudem die Effizienz gesteigert werden. „Das Steinheimer Wärmenetz hat Symbolcharakter für ganz Deutschland“, ergänzt Anselm Laube, Geschäftsführer der LEA.

Die Bauarbeiten begannen am 17. Februar in rollierender Bauweise: Nach dem Ausheben des Grabens setzt der Tiefbautrupp im nächsten Abschnitt fort, während im vorherigen Bereich bereits die Rohre verlegt werden. Zeitgleich stellen weitere Teams die Hausanschlüsse her. So soll die Bauzeit insgesamt so kurz wie möglich gehalten werden.

Die Wärmenetz GmbH

2019 wurde die erste Projektskizze beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingereicht. Nach der positiven Prüfung und dem Beschluss des Gemeinderats stellten die Stadt Steinheim 2020 den Förderantrag, 2021 erfolgte die Zusage.

Im Jahr 2022 wurde die „Wärmenetz Steinheim GmbH“ gegründet, die städtische Tochtergesellschaft koordiniert seitdem den Ausbau und wird das Wärmenetz künftig betreiben. An der Spitze stehen Raphael Gruseck als technischer sowie der Erste Beigeordnete Steinheims, Stephan Retter, als administrativer Geschäftsführer.

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