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Nahverkehr

Der Trend geht hin zu größeren Verbünden

Ob die Verkehrswende gelingt, hängt zentral davon ab, ob die Verkehrsverbünde gute Leistungen erbringen. Kleinere Verbünde haben zunehmend Schwierigkeiten, die Anforderungen der Digitalisierung umzusetzen. Immer wieder kommt es deshalb zu „Beitrittsgesuchen“ kleinerer zu größeren Verbünden – aktuell in Pforzheim und im Enzkreis.

Liebesheirat oder Zweckehe? Der Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis soll mit dem Karlsruher Verkehrsverbund fusionieren.

DPA/Robert Schmiegelt/Geisler-Fotopress)

Pforzheim/Stuttgart. Es ist ein Anbandeln, bei dem es am Ende wahrscheinlich funkt – wenn auch nur auf Vernunftbasis und nicht in Form einer Liebesheirat: Gemeint ist der Beitritt des Verkehrsverbunds Pforzheim-Enzkreis (VPE) zum Karlsruher Verkehrsverbund (KVV). Erste positive Gespräche dazu hat es bereits gegeben. Jetzt müssen die politischen Gremien entsprechende Beschlüsse fassen. Das soll noch in diesem Jahr passieren.

Die Tatsache, dass kleinere Verkehrsverbünde sich größeren Verbünden anschließen, ist in Baden-Württemberg durchaus als Trend abzulesen, sagt Thomas Hachenberger, Sprecher der Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg und Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS).

Schon grünes Licht gegeben für einen Beitritt des VPE zum KVV hat der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags im Enzkreis. Ausgangspunkt war eine Untersuchung, die ergab, dass dies mehr Vorteile biete als den VPE weiterzuentwickeln. Nach Einschätzung der Gutachter gibt es einige Synergiepotenziale hinsichtlich der Kosten und der Kompetenzen.

Mehrere Punkte müssen vor einem Beitritt erfüllt sein

Hier sehen die Experten den KVV in den Bereichen Fahrgastinformation, Vertrieb, Marketing und Digitalisierung aufgrund seiner Größe besser aufgestellt. Bei der Digitalisierung geht es vor allem um die bedeutenden Hintergrundsysteme im Bereich des Ticketvertriebs und die Integration verschiedener Mobilitätsdienstleistungen. Die Gutachter haben auch ermittelt, dass sich die Größenvorteile des KVV nicht mit einem weiterentwickelten „VPE+“ erreichen ließen. Dies aufzuholen würde erhebliche Kosten verursachen.

Die Experten empfehlen, einen Beitritt dann zu vollziehen, wenn vier Punkte sichergestellt seien. Zum einen brauche es eine fahrgastfreundliche Regelung für den Übergang von einem ins andere Tarifgebiet. Zweitens müsse die bestehende Tarifkooperation zwischen dem VPE und dem VVS erhalten bleiben. Geklärt sein müssen drittens die gesellschaftsrechtlichen Bedingungen, unter denen der Beitritt vollzogen wird. Und schließlich müsse eine Übernahme der VPE-Mitarbeiter vereinbart werden können.

Kleine Verbände kämpfen mit der Digitalisierung

Für die Verwaltung des Enzkreises macht ein Beitritt zum KVV ebenfalls Sinn. Ausschlaggebend seien die Zuverlässigkeit und die Sicherung von Schlüsselkapazitäten, die dadurch erreicht werden können. Aufgrund der Struktur als Aufgabenträgerverbund, also ohne Verkehrsunternehmen als Gesellschafter, habe der KVV gegenüber anderen Verbünden klarer definierte Zuständigkeiten. Er sei nicht „Diener zweier Herren“, sondern fülle eine klare Rolle für die Aufgabenträger aus – in diesem Fall Kommunen und Landkreise.

Für Thomas Hachenberger sind unter anderem Verkehrsströme entscheidend, wenn es darum geht, ob ein Verkehrsverbund einem anderen beitritt. „Das geht beim VPE mehr in Richtung Karlsruhe“, stellt Hachenberger fest, „und deshalb haben wir den Schritt als VVS akzeptiert“. Was nicht heißt, dass nicht auch der VVS zuweilen Zuwachs bekommt. Seit 1. Januar gehört der Göppinger Filslandverbund beispielsweise zum VVS. „Auf Arbeitsebene sprechen wir mit Calw, auch mit Blick auf die Hermann-Hesse-Bahn“, berichtet Hachenberger.

Laut dem Mobilitätsexperten haben kleine Verbünde vor allem die Herausforderung, die notwendige und vom Verkehrsministerium eingeforderte Digitalisierung umzusetzen (siehe Kasten). Auf dem Weg zu einem „Verkehrsverbund Baden-Württemberg“ sieht Hachenberger das Bundesland aber nicht. „Die Verbünde wird es weiterhin brauchen, vielleicht aber mit einer veränderten Aufgabenstellung.“

Der VVS managt zahlreiche Systeme auch für andere Verbünde

Künftig werde es verstärkt um Beratungsleistung der Aufgabenträger gehen. Auch die Tarifharmonisierung sei eine große Aufgabe, etwa mit Blick auf Tagestickets, bei denen es immer noch viele Unterschiede hinsichtlich der Gültigkeit in einzelnen Verbünden gebe. Einiges erreicht habe man aber schon, beispielsweise die einheitliche Mobilitätsgarantie, die alle Verbünde umsetzten.

In Sachen Digitalisierung sind vor allem die Echtzeitprojekte bei den elektronischen Tickets oder auch bei automatisierten Fahrgastzählsystemen von Bedeutung. „Wir managen inzwischen zahlreiche Hintergrundsysteme für andere Verbünde“, betont Thomas Hachenberger.

Marcus Dischinger

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