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Steuerlicher Querverbund bleibt trotz Urteil bestehen

Die Verluste von Freibädern lassen sich über den steuerlichen Querverbund auch weiterhin andernorts steuerlich geltend machen.
IMAGO/Paul-Philipp Braun)München . Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in einem Urteil eine sogenannte Kettenzusammenfassung, also eine Zusammenfassung von drei und mehr Betrieben gewerblicher Art, nur unter bestimmten einengenden Voraussetzungen für zulässig erachtet. Das zentrale Element der Gewinn- und Verlustverrechnung bei Betrieben gewerblicher Art durfte nur noch eingeschränkt verwendet werden. Dieser Verlust hätte bei der öffentlichen Hand regelmäßig zu einer höheren Ertragsteuerbelastung geführt. Viele Kommunen fragten sich: Müssen wir unsere Finanzierung von Bädern oder dem öffentlichen Nahverkehr neu aufstellen? Das Bundesfinanzministerium hat mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.
Wichtiges Steuersparmodell für kommunale Betriebe
Betriebe gewerblicher Art (BgA) sind Einrichtungen der öffentlichen Hand, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen nachgehen. Wirtschaftlich treten diese wie Privatunternehmen am Markt auf, beispielsweise als Stadtwerke, Bäder- oder Verkehrsbetriebe. Sie sind körperschaftsteuerpflichtig, sofern sie Gewinne erzielen. Gewinnermittlungssubjekt ist grundsätzlich jeder einzelne BgA, sie werden demnach separat besteuert. Verluste dürfen nicht ohne Weiteres mit den Gewinnen eines anderen BgA verrechnet werden.
Das ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Man spricht im Steuerrecht von einem steuerlichen Querverbund. Gewinne eines rentablen Betriebs, etwa der Energieversorgung, dürfen mit Verlusten eines defizitären Betriebs, beispielsweise des Freibads, verrechnet werden. Dies senkt die Steuerlast der öffentlichen Hand und macht den Querverbund zu einem zentralen Instrument der Daseinsvorsorge (Siehe Kasten).
Eine solche Zusammenfassung im steuerlichen Querverbund kommt auch bei Tochtergesellschaften der öffentlichen Hand in privater Rechtsform in Betracht. Die Zulässigkeit der Zusammenfassung von BgA ist ausdrücklich im Körperschaftsteuergesetz geregelt. Paragraf 4 Absatz 6 des Körperschaftsteuergesetzes beschreibt mehrere Voraussetzungen für den Querverbund.
Demnach müssen die Betriebe gleichartig sein, zwischen ihnen muss nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht bestehen oder es muss sich um vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelte Betriebe handeln. Versorgungs-, Verkehrs- oder Hafenbetriebe sind per se querverbundfähig. Eine Kettenzusammenfassung liegt also vor, wenn mehrere BgA aus steuerlicher Sicht zusammengefasst werden und für diese unterschiedliche Zusammenfassungskriterien vorliegen.
Große Verunsicherung nach dem Urteil aus München
Diese Praxis der Kettenzusammenfassung stand nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. August 2024 (Az. V R 43/21) auf der Kippe. Das Münchener Gericht hielt sich eng an den Wortlaut und vertrat die Ansicht, dass eine Kettenzusammenfassung nur möglich sei, wenn alle beteiligten Betriebe die Kriterien des Körperschaftsteuergesetzes untereinander direkt und wechselseitig erfüllen. Eine indirekte Verflechtung reiche nicht aus. Nach der strengen Sicht des Bundesfinanzhofs wäre eine herkömmliche Kettenzusammenfassung nicht mehr möglich gewesen.
Viel wurde diskutiert: Wird die Finanzverwaltung der Rechtsprechung folgen oder das Urteil über den Einzelfall hinaus nicht anwenden? Wird es vielleicht sogar eine Gesetzesänderung geben, dank der die bisherige Verlustverrechnung möglich bleibt? Zwischendurch gab es noch einen Regierungswechsel. Immerhin sah der Koalitionsvertrag die Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge vor, indem der Rechtsrahmen des steuerlichen Querverbunds überarbeitet werden soll.
Unterdessen hat das Bundesfinanzministerium reagiert. Es erklärte, dass das Urteil nur für den konkreten Einzelfall gilt. Demnach bleiben Zusammenfassungen von Betrieben weiterhin möglich, wenn jeder Betrieb eine ausreichende Beziehung zu mindestens einem anderen Betrieb im Querverbund aufweist. Die befürchtete steuerliche Mehrbelastung von Städten und Gemeinden bleibt also aus. Der Nichtanwendungserlass schafft Rechtssicherheit und bewirkt, dass Kettenzusammenfassungen als wesentliche Grundlage der Finanzierung der Daseinsvorsorge erhalten bleiben.
Typisches Beispiel
Steuerliche Querverbünde gibt es in vielen Konstellationen. Das hier ist ein Beispiel: Eine Stadt unterhält ein Blockheizkraftwerk, die städtische Wasserversorgung und ein Freibad. Das BHKW und die Wasserversorgung sind als Versorgungsbetriebe kraft Gleichartigkeit zusammenfassbar (Schritt eins). Eine Kettenzusammenfassung im Sinne des Nichtanwendungserlasses ist sodann möglich, wenn das Blockheizkraftwerk infolge einer wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht mit dem Freibad hergestellt werden kann (Schritt zwei ist die Kettenzusammenfassung).