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Wärmeplanung: Ampel-Kompromiss macht Südwesten zum Vorreiter

Die Bundesregierung will Vorgaben für Heizungen an Wärmepläne knüpfen, die bis 2028 zu erstellen sind. Damit kommt Kommunen und Stadtwerken eine Schlüsselrolle zu. In Baden-Württemberg müssen über 100 Stadtkreise und große Kreisstädte aber schon bis Ende 2023 liefern.
Das GKM (Großkraftwerk Mannheim) im Mannheimer Stadtteil Neckarau.

Die Rheinwasser-Wärmepumpe spielt bei der Mannheimer Wärmeplanung eine wichtige Rolle.

dpa/Daniel Kubirski)

HEIDELBERG. Mitte Mai drängten sich gut 100 Bürgerinnen und Bürger im Energiepark Pfaffengrund unter einem riesigen Carport-Dach mit Solarpaneelen darauf. Stadt und Stadtwerk Heidelberg informierten über die kommunale Wärmeplanung. Ein Punkt war die geplante Flusswärmepumpe am Neckar. 16 Standorte hat das Umweltamt geprüft, sechs bleiben in der engeren Wahl. Eine Machbarkeitsstudie läuft. Bis zum Winter soll klar sein, wo und mit welcher Leistung die Flusswärmepumpe installiert wird.

In Mannheim ist das städtische Energieunternehmen MVV schon einen Schritt weiter. Es hat eine der größten Flusswärmepumpen Europas am Rhein bauen lassen. Mit einer thermischen Leistung von 20 Megawatt und einer elektrischen Leistung von sieben Megawatt soll das Flusswasser ab Herbst als klimaneutrale Wärmequelle angezapft werden, um Fernwärme zu erzeugen.

Heidelberg und Mannheim sind Musterschüler bei Wärmeplanung

Beide Städte sind so etwas wie Musterschüler bei der kommunalen Wärmeplanung. Die hat seit vergangener Woche eine zentrale Funktion bei der Umsetzung des umstrittenen Heizungsgesetzes der Bundesregierung. Die Ampel-Koalition hat sich auf einen Kompromiss geeinigt. Der Einbau klimafreundlicher Heizungen in Bestandsgebäuden soll erst Pflicht werden, wenn Städte und Gemeinden kommunale Wärmepläne gemacht haben. Die sollen bis spätestens 2028 vorliegen.

In Baden-Württemberg ist man viel schneller. Die grün-schwarze Landesregierung hat bereits 2021 als erstes Bundesland die Wärmeplanung mit dem Klimaschutzgesetz zur Pflicht erklärt. Zumindest die 104 Stadtkreise und großen Kreisstädte müssen demnach bis zum 31. Dezember 2023 ihre Wärmepläne beim zuständigen Regierungspräsidium einreichen. Die schaffen Klarheit darüber, ob und welche Häuser etwa an ein Wärmenetz angeschlossen werden können, was für Bürger die einfachste Lösung darstellt, um die Bedingungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zu erfüllen.

Das bedeutet, dass mit Beginn des nächsten Jahres die Menschen in diesen Städten im Bestand keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr einbauen dürfen, wenn sie kaputt gehen sollten. Ausgenommen sind Gasheizungen, die wasserstofftauglich sind oder mit 65 Prozent Biomasse betrieben werden können. In Kommunen ohne Wärmeplan würden die Beschränkungen hingegen nicht gelten. So warnt der Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg vor einem „Flickenteppich“ mit unterschiedlichen Regelungen. „Wir brauchen eine angemessene Übergangszeit für bestehende Gebäude“, fordert Wolfgang Becker, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands.

Nach Angaben des Umweltministeriums haben bisher die Städte Freiburg, Bruchsal und Giengen an der Brenz vorgelegt. Aber auch für Lörrach, Weil am Rhein und Rheinfelden gibt es bereits einen Wärmeplan, allerdings in einer besonderen Konstellation. Die drei Städte gehören zum Landkreis Lörrach, der in einem Pilotprojekt eine interkommunale Wärmeplanung für alle 35 Städte und Gemeinden des Landkreises erstellt hat – auch jene, die das Klimaschutzgesetz nicht dazu verpflichtet. „Dies ist aus unserer Sicht ein beispielhaftes Modell“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage.

Das Land fördert nicht verpflichtete Kommunen, die freiwillig einen Wärmeplan aufstellen wollen. Sie schließen sich in Konvois zusammen und beauftragen ein Ingenieurbüro, das den Plan für diesen Raum erarbeitet. Bis Ende 2022 haben nach Angaben des Ministeriums 100 Städte und Gemeinden einen Förderantrag gestellt. Acht Städte und fünf Konvois mit 23 Kommunen kämen demnächst hinzu. Das Programm stoße auf rege Nachfrage, eine weitere Förderrunde sei in Vorbereitung. „Das Ziel, am Ende der fünfjährigen Laufzeit des Förderprogramms (2026) für mehr als die Hälfte der Gemeinden und 80 Prozent der Bevölkerung in Baden-Württemberg eine kommunale Wärmeplanung vorliegen zu haben, ist erreichbar“, schätzt das Ministerium anhand der Zahlen ein.

Rhein-Neckar-ÖPNV soll sich aus grüner Energie speisen

Mannheim und Heidelberg sind noch nicht ganz fertig mit dem Wärmeplan, haben aber ehrgeizige Ziele formuliert, die über das Klimaschutzgesetz des Landes hinausgehen. Die MVV will bis 2030 ihre Fernwärme in Mannheim und der Region – auch Heidelberg hängt am Netz – vollständig auf grüne Energiequellen umstellen. Aktuell sind es knapp ein Drittel. Heizenergie kommt dann aus der Groß-Wärmepumpe, die Flusswasser nutzt, aber auch aus Holzabfällen, der Abwärme einer Müllverbrennungsanlage oder Biogas. Aktuell ist noch ein Kohlekraftwerk zugeschaltet.

Heidelberg will sich zunehmend selbst versorgen. Hier sind bereits die Hälfte aller Haushalte ans Wärmenetz angeschlossen. Ein Baustein der Planung ist der 55 Meter hohe Wasserspeicherturm, der 20.000 Kubikmeter fasst und für eine gewisse Zeit von der Wärmelieferung unabhängig machen soll. Der Ausbau verlangt jedoch gewaltige Investitionen. Die Stadt rechnet mit Kosten von 825 Millionen Euro, um drei Viertel aller Haushalte ans Netz anzuschließen. Dafür brauche es zwingend Fördergelder vom Bund.

Freiburg hat ein Wärmekataster

Die Wärmenetze in Freiburg sollen ausgebaut werden. Konkrete Planungen sind für die Bürger im Geoinformationsportal der Stadt abgebildet. Die Karte zeigt, wo neue Wärmenetze vorgesehen sind. Wer innerhalb dieser Gebiete wohnt, kann für sein Gebäude beim Betreiber ein Angebot zum Fernwärmeanschluss anfragen. Andere Teile der Stadt sind als Eignungsgebiet für ein Wärmenetz definiert, allerdings ohne dass Pläne für den Ausbau hinterlegt sind.

Quelle/Autor: Katy Cuko

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