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Damit eine geheime Wahl auch wirklich geheim bleibt

Für namentliche Abstimmungen im Landtag soll in Zukunft nur noch eine Wahlurne verwendet werden.
dpa/Lino Mirgeler)Stuttgart. Die Nachwehen der Hakenkreuz-Affäre beschäftigten den Landtag auch beim Start in den landespolitischen Herbst. In der ersten Präsidiumssitzung nach der Sommerpause wurden Konsequenzen gezogen: Auf Vorschlag von Aras kehren die Fraktionen zum alten Verfahren bei geheimen Abstimmungen zurück. Bis 2022 war nur eine Urne in Gebrauch. Dass das ein Problem sein könnte, wurde erst am letzten Plenartag vor den Sommerferien deutlich. Da war ein Wahlzettel mit einem Hakenkreuz in jener Urne gelandet, die die beiden Fraktionen verwenden, die links der Mitte sitzen.
Nur deshalb war schnell klar, dass der Wahlzettel ausschließlich von einem Abgeordneten der Grünen oder der SPD stammen konnte. SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch forderte nun Veränderungen und verwies darauf, dass solche Rückschlüsse ja auch bei einer Ministerpräsidentenwahl denkbar seien, wenn dem Kandidaten, wie in der Landesgeschichte immer wieder geschehen, Stimmen fehlen. Durch die Aufteilung der Urnen wäre nachvollziehbar, aus welcher Ecke des Landtags die Abweichler kommen.
Die Affäre um Daniel Born steckt der SPD noch in den Knochen
Deshalb werden künftig wieder alle Stimmzettel in dieselbe Urne geworfen. „Auf Vorschlag der Präsidentin wird zu dieser Praxis zurückgekehrt, um jedwedes Missverständnis zu vermeiden“, so der Landtagssprecher nach der Präsidiumssitzung vom Dienstag auf Anfrage.
Stoch hatte nach der SPD-Herbstklausur in der Vorwoche eingeräumt, dass der Fall Born den SPD-Abgeordneten in den Knochen stecke. Öffentliche Erörterungen würden jedoch vermieden, um nicht den Anschein einer Relativierung des „brachialen Fehlers“ zu erwecken. Der ehemalige SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Daniel Born hatte bei einer geheimen Wahl der stellvertretenden Mitglieder zum Oberrheinrat ein Hakenkreuz neben den Namen eines AfD-Abgeordneten gemalt. Am Tag darauf bekannte er sich dazu und trat von seinem Amt zurück und aus der Fraktion aus.
Born, der hohes Ansehen als Vize genoss, will dem Landtag weiter als fraktionsloser Abgeordneter angehören. Ihm steht damit auch ein Rederecht bei allen Tagesordnungspunkten zu. Stoch hatte die Wiederbesetzung seines Postens ins Spiel gebracht und auf eine Vereinbarung zu Beginn der Legislaturperiode gepocht, wonach den Sozialdemokraten der Vizeposten zustehe. Für die nach dem Born-Austritt gleich große FDP-Fraktion erhob ihr Vorsitzender Hans-Ulrich Rülke keinen Anspruch auf das Amt eines Stellvertreters, verlangt zugleich aber, es ganz zu streichen. Die Kosten für Dienstwagen mit Fahrer und erhöhte Diäten könne man einsparen. Es gehe gerade einmal um acht Sitzungen bis zur Landtagswahl, und „in der zurückliegenden Legislaturperiode kamen wir fünf Jahre lang mit einem Vizepräsidenten aus; dann schaffen wir es jetzt auch für fünf Monate“.
Die CDU will auch noch das Verhalten von Aras ansprechen
Dem schloss sich nach ihrer Herbstklausur auch die CDU. Der Parlamentarische Geschäftsführer Andreas Deuschle argumentiert ebenfalls mit den acht Sitzungen, während die SPD darauf hingewiesen hatte, dass die Kalender der Präsidentin und ihrer Stellvertreter an allen Tagen voll seien, beispielsweise durch Schulbesuche und die Außendarstellung des Landesparlaments gerade in den wichtigen Monaten vor dem Wahlkampf. Der neue Vize sollte am 8. Oktober, dem ersten Plenartag im Herbst, gewählt werden. Dazu wird es nicht kommen.
Dagegen sollen die Abläufe am Tag der geheimen Abstimmung im Juli noch einmal diskutiert werden. Stoch ist mit dem Auftritt der Landtagspräsidentin, als sie das Hakenkreuz öffentlich machte, unzufrieden: „Sie saß aber da oben und hat mit dem Zettel gewedelt.“ Und sie habe von einer Straftat gesprochen, eine Einschätzung, der die Staatsanwaltschaft Stuttgart aber nicht gefolgt sei. Seiner Ansicht nach wäre es klüger gewesen, eine Präsidiumssitzung einzuberufen und die Sache in Ruhe zu besprechen, „aber das ist verschüttete Milch.“ Deuschle kündigte dagegen an, im Präsidium hinter verschlossenen Türen das Verhalten der Präsidentin noch einmal anzusprechen.
Hängepartie um Born
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte ihren Vize Daniel Born nach dessen Rücktritt als „leidenschaftlichen Parlamentarier“ gelobt, zugleich aber auch unmissverständlich die Erwartung geäußert, „dass er auch sein Mandat niederlegt“. Dem will der Sozialdemokrat nicht nachkommen. Noch unklar ist, ob Aras ihre Forderung aufrechterhält und am 8. Oktober im Plenum wiederholt.