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Führen in Teilzeit

Gentges lobt Pilotprojekt am Amtsgericht Offenburg

Teilzeitkräfte sind in Führungspositionen der Justiz nach wie vor unterrepräsentiert. Das will Justizministerin Marion Gentges (CDU) ändern. Nicht nur im höheren Dienst, sondern auch im gehobenen Dienst will sie Führungskräfte in Teilzeit fördern. Am Amtsgericht in Offenburg läuft dazu ein Pilotprojekt.

Justizministerin Marion Gentges will das Thema Führen in Teilzeit voranbringen, auch um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.

dpa/Markus Lenhardt)

Offenburg. Gertrud Siegfried freut sich besonders über das Pilotprojekt „Führen in Teilzeit“ in ihrem Landgerichtsbezirk. Die Präsidentin des Landgerichts Offenburg leitete zuvor das für den badischen Landesteil zuständige Personalreferat im Justizministerium. Bereits in dieser Funktion engagierte sie sich also dafür.

„Geteilte Führungsämter steigern nicht nur die Attraktivität der Justiz als Arbeitgeberin, sondern bieten weitere Vorteile“, sagt Siegfried. Zum Beispiel sorgt dies für mehr Vielfalt in Führungsebenen, wenn sich Menschen in Führungsaufgaben einbringen, die selbst ein Kind haben oder einen Angehörigen pflegen.

Angesichts der kürzeren Arbeitszeit sind Siegfried zufolge Teilzeit-Führungskräfte besonders auf Effektivität angewiesen – was die Produktivität steigere. „Sie können in dieser Rolle auch echte Vorbilder sein und ihren Mitarbeitern signalisieren: Das könnt ihr auch.“

Projekt des Justizministeriums setzt auch im gehobenen Dienst an

Wirklich viele Teilzeitkräfte gibt es in der Justiz in Führungsämtern noch nicht. Das will die Justizministerin ändern. Denn: „Dieses Potenzial wollen und müssen wir bestmöglich ausschöpfen, um die Justiz für die Zukunft stark aufzustellen“, sagt Gentges. Das Thema „Führen in Teilzeit“ trifft besonders Frauen: Nur etwas mehr als ein Drittel aller Führungskräfte im höheren Dienst in der Justiz sind Frauen. Blickt man auf Führungsämter, die in Teilzeit ausgeübt werden, beträgt der Frauenanteil drei Viertel – und gerade einmal 14 Prozent der Führungsämter in der Justiz werden in Teilzeit ausgeübt. „Daher lohnt es sich auf jeden Fall, hier am Ball zu bleiben“, so Gentges.

Im Fokus des Ministeriums stehen nicht nur Führungsämter im höheren Dienst, also Richter und Staatsanwälte. Das Projekt setzt auch im gehobenen Dienst an. Dort werden Führungsaufgaben etwa im Bereich der Verwaltungsleitung von Behörden durch Rechtspfleger wahrgenommen. Auch am Amtsgericht Offenburg wurde vor einigen Monaten ein Pilotprojekt gestartet. Die Verwaltungsleitung wird dort von zwei jeweils teilzeitbeschäftigten Kolleginnen wahrgenommen. Begleitet werden die Neu-Führungskräfte durch ein Coaching. „Unser Pilotprojekt am Amtsgericht Offenburg bestätigt uns eindrucksvoll darin, die Übernahme von Führungsverantwortung in Teilzeit nach Kräften zu fördern“, sagt Gentges. Das gelebte Offenburger Modell bereichere Gericht und Verwaltung ebenso wie die beiden Kolleginnen, die gemeinsam großartige Arbeit leisteten. „Besser könnte ein Test wirklich nicht laufen.“

Mehr Zeit für die Familie, auch mit Führungsverantwortung

Auch im höheren Dienst wird Führungsverantwortung bereits in Teilzeit wahrgenommen, so etwa auf Ebene der Abteilungsleitung bei einer Staatsanwaltschaft, der Direktorenstelle eines Amtsgerichts und auch der Referatsleitung im Justizministerium. Mit dem Projekt „Führen in Teilzeit“ will das Ministerium die Teilzeitbeschäftigung in allen Führungsämtern im höheren Dienst ermöglichen und fördern. In diesem Zusammenhang prüft das Ministerium auch, welche Chancen, Möglichkeiten und Grenzen „Doppelspitzen“ bei Gerichten und Justizbehörden bieten.

„Es ist nur zu begrüßen, wenn sowohl Männer als auch Frauen in der Gestaltung ihrer familiären Rollenbilder freier werden und sich in die Erziehung von Kindern einbringen“, findet Siegfried. Führungsmöglichkeiten in Teilzeit sieht sie da als „ein großes Plus“. Sie persönlich wünscht sich, dass auch mehr Männer der Familie zuliebe in Teilzeit arbeiten und ihrer Partnerin ermöglichen, zu arbeiten. In der Justizpraxis gibt es ihr zufolge dafür tolle Beispiele. „Es wäre schön, wenn es mehr werden.“ Weil: „Führen in Teilzeit schenkt Führungskräften – egal, ob Mann oder Frau – mehr Zeit für Familie, persönliche Projekte oder Weiterbildung“, sagt die Präsidentin des Landgerichts Offenburg. Und das, ohne auf Führungsverantwortung zu verzichten.

Das „Führen in Teilzeit“ stößt an rechtliche Grenzen

Nach Angaben des Justizministeriums stößt das „Führen in Teilzeit“ derzeit an rechtliche Grenzen – etwa, wenn Spitzenämter auf der ersten Führungsebene aufgeteilt werden sollen. Das Gerichtsverfassungsgesetz erlaubt bislang keine geteilte Behördenleitung durch zwei gleichrangige, in Teilzeit tätige Amtsinhaber. Aus Sicht des Justizministeriums bleiben dadurch Potenziale ungenutzt. Deshalb möchte man diese Regelung auch ändern.

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