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Gleichbehandlungsgesetz: Salomon empfiehlt Verzicht

Dieter Salomon ist Vorsitzender des Normenkontrollrats.
IMAGO/Achim Zweygarth)Stuttgart. Als Dieter Salomon und seine Stellvertreterin Margret Mergen, ehemalige OB von Baden-Baden, zu Beginn als Normenkontrollrat (NKR) in die Ministerien gegangen sind, wurden sie freundlich, aber reserviert empfangen.
So schildern es die beiden, die seit 2023 das von der Landesregierung eingesetzte Gremium leiten. Doch dann tat sich etwas: In der „Entlastungsallianz“ wurden in großem Stil Vorschriften vereinfacht, es gab grün-schwarze Gesetzespakete zum einfachen Bauen, die LBO-Reform und das Regelungs-Abweichungsgesetz für Kommunen kamen. Und plötzlich hat das Thema Konjunktur. „Es gibt ein Momentum für Bürokratieabbau“, sagt Salomon. Jetzt wird der Normenkontrollrat im Vorfeld von Gesetzen gehört, es gibt konkrete Praxis-Checks, ob diese Gesetze auch umsetzbar sind. Und er hat sogar Workshops für „Legisten“ organisiert, die am Ende die Gesetzestexte verfassen.
Das Landes-Mobilitätsgesetzwurde deutlich vereinfacht
Insofern sind Salomon und Mergen zufrieden mit den Ergebnissen. Sie heften sich ans Revers, einige komplizierte Regelungen verhindert zu haben. Und darauf legen sie auch ihren Schwerpunkt, weniger darauf, bestehende Regelungen zu vereinfachen. Insgesamt 58 Mal hat sich der NKR eingeschaltet. So wurden insgesamt 14 geplante Berichts- und Dokumentationspflichten beim geplanten Landes-Mobilitätsgesetz abgewendet. „Nach dem Gespräch mit dem Minister wurden viele Anregungen berücksichtigt“, berichtet Salomon, der selbst Grünen-Mitglied ist.
Auch die Vorschrift, dass jeder Landkreis einen Radwegkoordinator benötigt, wurde moniert, und letztlich von den politischen Entscheidungsträgern im Kabinett aufgegeben. Auch wollte das Ministerium eine eigene Behörde gründen, um Mindestziele für CO 2 -arme Busse zu kontrollieren. Man einigte sich darauf, einfach der Branchenvereinbarung zum Busbetrieb beizutreten.
Salomon: Es gibt ein Momentum für Bürokratieabbau
Auch die Vergabeverordnung (VwV Beschaffung) wurde entschlackt – so sollte ein CO 2 -Schattenpreis errechnet werden mit Gutachten bei Bauvorhaben. Die höheren Wertgrenzen bei Vergaben begrüßt der Normenkontrollrat ausdrücklich, ebenso wie die „Genehmigungsfiktion“ im Baurecht: Alles, was nicht nach drei Monaten beschieden wurde, gilt als genehmigt.
Seine Kritik am geplanten Anti-Diskriminierungsgesetz, das Grün-Schwarz „Gleichbehandlungsgesetz“ nennt, erneuert Salomon: „Ich empfehle, ganz darauf zu verzichten.“ Das Grundgesetz enthalte ein Verbot von Diskriminierung. Der ehemalige Freiburger OB sieht in dem Gesetz ein „totales Misstrauen“ gegenüber der Verwaltung und gar eine „Beweislastumkehr“, und zitiert Montesquieu, den Vater der Gewaltenteilung: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“
Ein Kommentar zum Gleichbehandlungsgesetz finden sie hier.
Wie könnte man das Gleichbehandlungsgesetz entschärfen?
Salomon zeigt aber Wege auf, das Gesetz zu entschärfen. Was für das in der Koalition strittige Vorhaben auch Kompromisse ermöglichen könnte: So könnte man das Gesetz auf zwei Jahre beschränken, und zunächst nur in der Landesverwaltung anwenden. Mindestens aber müsste man sogenannte Beliehene ausnehmen. Also etwa Schornsteinfeger, die als Dienstleister im Auftrag der Kommunen tätig sind.
Ein interessantes Kapitel, das sich das Kontrollgremium vorgenommen hat, sind die Förderprogramme des Landes, auch, aber nicht nur im Wirtschaftsministerium. Es herrscht hier ein ziemlicher Wildwuchs, auf Nachfrage konnte die Landesverwaltung nicht einmal beziffern, wie viele Programme es gibt.
Erst per KI konnte die Zahl von 414 Programmen ermittelt werde. „Sie sind nicht digitalisiert, nicht standardisiert, jedes Ministerium handhabt es unterschiedlich“, sagt etwa Margret Mergen, die Vizevorsitzende des NKR. Von einigen Programmen wie „Wohnen mit Klimaprämie“ sei nur 0,6 Prozent der Fördersumme abgerufen worden.
Hier empfiehlt das Gremium, die vielen kleinen Programme zu großen zusammenzufassen, das Antragsverfahren radikal zu vereinfachen, und alles digital. Mergen: „Damit meinen wir nicht ein PDF, sondern ein Portal, bei dem man sofort sieht, was noch fehlt.“ Insgesamt sind die beiden zufrieden, und wollen weitermachen. Dieter Salomon: „Man nimmt uns wahr, man nimmt uns ernst, wir konnten in die Lücke stoßen.“