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Innenminister Strobl will alle Flüchtlinge digital erfassen

An der Grenze zur Schweiz kontrolliert die Bundespolizei auch die Straßenbahnen, die von Basel nach Weil am Rhein fahren.
dpa/Philipp von Ditfurth)Stuttgart. Es dürfte noch einmal gerungen werden. Nachdem sich die EU-Länder 2024 auf einen verschärften Migrationskurs verständigt haben, muss das GEAS nun in den Mitgliedsländern umgesetzt werden. Diese Woche ging es bei der Innenministerkonferenz (IMK) darum. Die Innenminister sprechen sich dafür aus, dass der Bund zeitnah ein Konzept vorlegt, denn in einem Jahr muss die EU-Vorgabe umgesetzt sein.
Es braucht neue gesetzliche Regelungen, vor allem aber veränderte Verwaltungsverfahren. Bund und Länder sind dazu bereits im Austausch. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) spricht sich dafür aus, dabei die Digitalisierung der Verfahren von vornherein mitzudenken. Denn Stand heute sind es vor allem die Schnittstellen, die für Probleme sorgen. Die Polizei hat etwa ein anderes System als die Ausländerbehörden. Der Datenaustausch funktioniert nicht reibungslos und schon gar nicht digital und medienbruchfrei.
Verpflichtendes Screening in den ersten Tagen nach der Ankunft
Die Innenministerkonferenz will nun, dass zunächst die Screening-Verordnung zügig digital konzipiert und umgesetzt wird. Diese sieht vor, dass neu ankommende Flüchtlinge in den ersten Tagen ein verpflichtendes Screening durchlaufen. Die Behörden, die überprüfen, füllen dabei ein Formular aus. Dieses enthält etwa Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Informationen zur Gesundheitskontrolle und Vulnerabilitätsprüfung sowie Angaben darüber, ob ein Schutzantrag gestellt wurde und ob die Abfrage der einschlägigen Datenbanken zu einem Treffer geführt hat.
Der IMK ist wichtig, dass das Formular digital ausgefüllt wird. Strobl fordert, bei der Umsetzung des GEAS die Digitalisierung von vorneherein mitzudenken. „Unterschiedliche Behörden – etwa die Bundespolizei, Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder, die Landespolizei und Gesundheitsämter – werden Daten erfassen“, sagt er. „Wir müssen sicherstellen, dass dies digital geschieht.“ Denn nur so könnten Informationen medienbruchfrei und ohne unnötige Bürokratie den zuständigen Behörden, die für das weitere Verfahren zuständig sind, bereitgestellt werden.
Dem schließt sich auch das Justizministerium Baden-Württemberg an. Darüber hinaus, so teilt ein Sprecher mit, sollten die in den Ländern seit Jahren etablierten und bewährten Verfahren bei der Ankunft, Registrierung, Überprüfung weitgehend beibehalten werden. Denn die Abläufe in den Erstaufnahmeeinrichtungen hätten sich bewährt und die technische Anbindung solle entsprechend daran angepasst werden.
Deutsche Polizeigewerkschaft: Strobl nimmt Aufgaben nicht ernst
Das Innenministerium Baden-Württemberg fordert vom Bund, die Schnittstelle zu den EU-Datenbanken zur Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung beim Screening nicht nur den Polizeibehörden, sondern auch den Ausländer- und Erstaufnahmebehörden zugänglich zu machen. Ansonsten wäre bei jedem behördlichen (Erst-)Kontakt immer und zwingend die Polizei bei der Sicherheitsüberprüfung zu beteiligen.
Ralf Kusterer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, stellt Strobls Einsatz für die Digitalisierung infrage. „Würde Herr Strobl seine Aufgaben ernst nehmen, hätte er längst mit einer Digitalisierungsoffensive im öffentlichen Dienst und bei der Polizei begonnen.“ So sei es das Staatsministerium, das als behördlichen Ersatz für ChatGPT für sich F13 eingeführt hat und das jetzt landesweit ausgerollt wird. Und nicht der Digitalisierungsminister. Zur Erklärung: Strobl ist seit 2016 nicht nur für Inneres, sondern auch für Digitalisierung zuständig.
Von Jennifer Reich und Michael Schwarz
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Das gemeinsame europäische Asylsystem
Die Vorstellung, dass man Migration ordnen und steuern kann, wenn man die EU-Außengrenzen sichert und die Flüchtlinge innerhalb der EU gerecht verteilt, steht hinter der Abkürzung GEAS. Das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ wurde 2023 beschlossen. Nun soll es mit Leben erfüllt werden. Erfahrungsgemäß dürften viele Flüchtlinge erst in Deutschland einen Asylantrag stellen. Deshalb kommt dem Screening, also der Ersterfassung der persönlichen Daten, auch in den hiesigen Erstaufnahmeeinrichtungen eine wichtige Rolle zu.