Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Kretschmann und Strobl sind für scharfe Grenzkontrollen

Seit 7. Mai kann Asylbewerbern die Einreise verweigert werden. Dies hat Bundesinnenminister Dobrindt verfügt.
IMAGO/Jerry Andre)Stuttgart. Die Straßburger Bürgermeisterin Jeanne Barseghian protestiert, der Schweizer Justizminister Beat Jans warnt Deutschland vor Alleingängen. Doch die neue Bundesregierung lässt sich nicht beirren. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigt die seit 7. Mai praktizierten Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylsuchenden. Dies sei durch deutsches und europäisches Recht gedeckt.
Bei der Landesregierung kann er auf Verständnis hoffen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) begrüßt die Kontrollen. Sie hätten zu einem Rückgang der irregulären Migration geführt. „Sie sollten daher fortgesetzt und, wo nötig, verstärkt werden.“
Tatsächlich hat sich an den 179 Kilometern Landesgrenze zu Frankreich und 316 Kilometern zur Schweiz nicht allzu viel verändert, wenn man von neuralgischen Punkten wie der Europabrücke in Kehl absieht. Die Grenzkontrollen gibt es schon seit der Fußball-EM im Sommer 2024.
Flüchtlingszahlen gehen zurück, Abschiebezahlen steigen
Innenminister Thomas Strobl (CDU) äußert sich positiv: „Verstärkte Grenzkontrollen und konsequente Zurückweisungen an der Grenze sind ein wirksames Mittel, um die Grenzen zu schützen und Migration zu begrenzen.“ Seit Jahresanfang gehen die Flüchtlingszahlen zurück, während die Zahl der Abschiebungen steigt. Laut Justizministerium kamen seit Anfang des Jahres nur noch 1100 Asylbewerber pro Monat dazu. 2024 waren es noch 1850 gewesen. 330 Personen wurden 2025 pro Monat abgeschoben – gegenüber 240 im Jahr 2024.
Die Bundespolizei konzentriert sich auf die großen Grenzübergänge wie Kehl und Weil am Rhein. In Kehl werden auch die Züge und Straßenbahnen kontrolliert, die aus Straßburg kommen. Die Fahrzeiten verlängern sich um zehn bis fünfzehn Minuten. Nach Angaben des Pressesprechers der Bundespolizei in Offenburg, Dieter Hutt, müssen Reisende rund um die Uhr mit Kontrollen rechnen; gleichzeitig versuche man, in der Hauptverkehrszeit die Behinderungen zu minimieren.
Abgeschoben würden in erster Linie Syrer und Afghanen, aber auch nicht alle – Frauen mit Kindern, Schwangere und Gebrechliche dürften weiter einreisen. Auch würden keine Familien auseinandergerissen. Für Hutt haben sich die Grenzkontrollen bewährt. Deutlich mehr Illegale würden erwischt.
Anders sieht dies an den Grenzübergängen in Jestetten aus. Die 5500-Einwohner-Gemeinde im Kreis Waldshut ist nahezu vollständig von der Schweiz umgeben. Dies war in der Corona-Zeit ein Riesenproblem. Die Schweizer S-Bahn hielt nicht mehr, die Schüler, die das Gymnasium in Singen besuchten, mussten riesige Umwege in Kauf nehmen.
Dobrindts Interpretation des EU-Rechts ist umstritten
Von all dem ist derzeit nichts zu spüren, wie Hauptamtsleiterin Ina Fischer berichtet. Die Pendler – die meisten Jestetter arbeiten in der Schweiz – kämen immer noch unproblematisch über die Grenze. Florian Schmid aus dem benachbarten Lottstetten berichtet, dass neuerdings Zöllner in den Schweizer S-Bahnen mitführen. Allerdings gehe es dabei nur um Zollfreibeträge, nicht um Flüchtlinge.
Schmid, der einem Verein zur Pflege der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vorsteht, warnt davor, die Geduld der Schweizer überzustrapazieren, zumal Dobrindts Interpretation des EU-Rechts umstritten ist. Auch in Kehl und Straßburg könnte die Stimmung, die bislang von Verständnis geprägt ist, kippen, wenn das Pendeln dauerhaft länger dauert.