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Ausschreitungen bei Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart

Kommentar: Konsequenz und Integration schließen sich nicht aus

Die Ausschreitungen in Stuttgart rund um eine Veranstaltung der eritreischen Opposition zeigen, dass der Rechtsstaat konsequent gegen solche intensiven Gewalttaten vorgehen muss. Das ist kein Widerspruch zu guter Integration, sondern die Voraussetzung.  Rafael Binkowski

Stefanie Hinz (l-r), Landespolizeipräsidentin von Baden-Württemberg, Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, und Carsten Höfler, stellvertretender Polizeipräsident Stuttgart, nehmen an einer Pressekonferenz teil, die am Schauplatz der heftigen Ausschreitungen vom Samstag stattgefunden hat. Bis zu 200 Personen hätten Polizisten mit Steinen, Flaschen und Holzlatten am Rande einer Eritrea-Veranstaltung angegriffen.

dpa/Marijan Murat)

Stuttgart. Die Bilder verstören: Verletzte Polizisten, exzessive Gewalttaten von Aktivisten, die teils von weit her kommen. „Das ist nicht Stuttgart“, sagen viele, die in der beschaulichen Landeshauptstadt wohnen. Und sie haben recht. Ähnliches hörte man schon schon nach der „Krawallnacht“ 2021 in Stuttgart , als in der Innenstadt Hunderte junger Männer zu Plünderungen wurden.

Beide Vorfälle zeugen von zeitweisem Kontrollverlust von Ordnungskräften und von offensichtlich gescheiterter Integration. Und dennoch zeigen beide Ereignisse auch, was falsch läuft, und wie man darauf reagieren muss. Denn die Krawalle in der Innenstadt vor drei Jahren hatten eine klar umrissene Ursache: Frustration vieler Jugendlicher, teils aus dem migrantischen Milieu, wegen des Lockdowns, jahrelange Versäumnisse bei der Integration und ein Hang zur Delinquenz, der die Ordnungskräfte überrascht hat.

Was war die Folge? Einerseits ist die Polizei mit aller Konsequenz gegen Gewalttäter vorgegangen, hat viele Verdächtige schnell verhaftet und in Schnellverfahren abgeurteilt. Die Botschaft war: Null Toleranz gegenüber Gewalt und Krawall, das hat eine schnelle Folge. Doch damit hat man es nicht bewenden lassen – man hat Sozialarbeiter auf die Straße geschickt, Konfliktteams und mit den Jugendlichen geredet, Alternativen angeboten, neue Wege aufgezeigt. Durch diesen Mix aus Konsequenz und Angeboten ist es gelungen, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt hat – übrigens in ganz Baden-Württemberg nicht, sieht man von den Silvesterereignissen ab.

Vergleiche mit der Krawallnacht 2021

Die heftigen Ausschreitungen im Römerkastell am Wochenende sind etwas anders gelagert. Es handelt sich hier nicht vorwiegend um heimische Jugendliche. Hier tragen zwei Gruppen aus Eritrea einen Konflikt über die Machtverhältnisse dort mit aller Brutalität auf deutschem Boden aus.

Übrigens nicht nur und zuerst in Stuttgart, in Gießen (Hessen) eskalierte erst vor wenigen Wochen ein eritreisches Fest. Hier muss der Rechtsstaat klar Konsequenz zeigen, die Intensiv-Gewalttäter verhaften, eine schnelle Strafe muss folgen. Und in letzter Konsequenz auch eine Ausweisung bei Mehrfach-Gewalttätern, auch wenn das in einem instabilen Land wie Eritrea schwierig ist.

Die Vorgänge zerstören viele Integrationserfolge gerade in Stuttgart, weil sie Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten sind, die ein – falsches – Bild zeichnen von überbordender Gewalt und Ausländerkriminalität von Flüchtlingen. Das ist faktisch Unsinn, befördert aber Ressentiments und Stimmungen.

Deswegen muss hier konsequent durchgegriffen werden. Und trotzdem – nur nach Strafen, Abschiebungen und dem Rechtsstaat zu rufen, greift auch hier zu kurz. Man sollte im Vorfeld von solchen Veranstaltungen nach Lösungen suchen, Gruppen zu trennen, um die Gewalt erst gar nicht eskalieren zu lassen. Auch hier gilt: Konsequenz und Dialog sind das richtige Rezept.

Rafael Binkowski

Chefredakteur des Staatsanzeigers

0711 66601 - 293

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