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Entscheidung über Mietpreisbremse aufgeschoben

In Konstanz soll die Mietpreisbremse nach einem Gutachten wegfallen. Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) spricht sich dagegen aus.
IMAGO/Andreas Haas)Stuttgart . „Es ist alles im Fluss“, erklärte Razavi vergangene Woche am Rande der Plenardebatte. Parallel fanden da hinter verschlossenen Türen, auch auf Drängen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), schon intensive Gespräche zur Fortsetzung der Mietpreisbremse bis 2029 statt. Am Wochenende wurde ein Kompromiss gefunden. Entscheidendes wird aber auch nach der Kabinettsbefassung im Fluss bleiben, denn beide Koalitionspartner bewerten das Vorgehen unterschiedlich.
Cindy Holmberg, Wohnbauexpertin der Grünen-Fraktion, sieht sichergestellt, dass die gegenwärtige Mietpreisbremse in Baden-Württemberg weiter gilt und nicht zum Jahresende ausläuft. Erst müsse die Anhörung einer Expertenrunde unter anderem mit den betroffenen Rathauschefs stattgefunden und das Bauministerium die Ergebnisse „ernsthaft ausgewertet“ und im weiteren Verfahren berücksichtigt haben. „Es muss nachgebessert werden“, so Holmberg.
Ministerin will Mietpreisbremse von 89 auf 130 Kommunen ausweiten
Die Ministerin hatte ihre Entscheidungen bisher in der Regierungsbefragung im Landtag am vergangenen Mittwoch dagegen als verfassungsrechtlich geboten dargestellt, weil die Mietpreisbremse immer ein Eigentumseingriff sei und „ausdrücklich und überhaupt nur in Kommunen mit einem klar messbar angespannten Wohnungsmarkt zum Einsatz kommt“. Ihre Kabinettsvorlage sieht ein Auslaufen Ende 2025 vor und in der Neufassung für die kommenden vier Jahre eine Ausweitung der Gebietskulisse von bisher 89 Städten und Gemeinden auf 130 Kommunen vor. „Als Datenmaterial wurden die jeweils zum aktuellsten verfügbaren Zeitpunkt vorhandenen Daten des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg, des Statistischen Bundesamtes, der Bundesagentur für Arbeit, der FUB-Mietdatenbanken, der Gesellschaft für Konsumforschung und neu des Zensus 2022 verwendet“, heißt es weiter.
Nach dem in der Folge erstellten und bisher noch unveröffentlichten Gutachten würden mehrere Städte, allen voran Mannheim und Konstanz , aber aus der neuen Mietpreisbremse fallen. „Das hat bei denjenigen, die diesen Markt einschätzen können, viel, viel Kopfschütteln hervorgerufen“, so der Mannheimer SPD-Abgeordnete Stefan Fulst-Blei. Dem wollen die Grünen mit ihrem Vorgehen einen Riegel vorschieben in der Erwartung, dass sich entscheidende Einzelheiten anders darstellen, wenn bei der verlangten Anhörung die Bürgermeister und Oberbürgermeister auch auf Razavis Gutachter treffen. Eine Blaupause könnte Frankfurt liefern, das in einer ersten Anwendung geltender Kriterien aus der Mietpreisbremse fallen sollte, dann aber von den fortgeschriebenen hessischen Regelungen erfasst worden ist.
Bürgermeister verlangen Transparenz
Auf Staatsanzeiger-Anfrage beurteilen Verantwortliche in betroffenen Kommunen die Lage vor Ort ebenfalls anders, als es die Papierform bisher hergibt. „Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Wohnungen in Singen und der Region entstanden sind, habe sich der Wohnungsmarkt für Mieterinnen und Mieter leider nicht entspannt, so Oberbürgermeister Bernd Häusler (CDU) . Nach wie vor gebe es aber „einen spürbaren Druck, weshalb es uns nicht klar ist, warum wir aus der Mietpreisbremse fallen sollen“. Verlangt wird nach Transparenz, nach den Ergebnissen des Gutachtens und nach Fakten: „Nur so kann die Diskussion objektiviert werden.“
Auch Uli Burchardt (CDU) , der Konstanzer OB, spricht sich entschieden gegen eine Streichung aus der Mietpreisbremsenliste aus. Sein Ansinnen, das Verfahren zu stoppen, zu überprüfen und die Fakten neu zu bewerten, ist durch die geplante Anhörung vorerst erfüllt. Und der Überlinger OB Jan Zeitler (SPD) appelliert ans Land, auf Alleingänge zu verzichten. Begründung: Ein Wegfallen der Mietpreisbremse „gefährdet die gesamte Balance auf dem Wohnungsmarkt“.