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Markus Söder hilft Manuel Hagel mit Schlagfertigkeit aus

Manuel Hagel, Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg, spricht beim neuen Gesprächsformat "Bühne frei - Politik hautnah erleben" der CDU Baden-Württemberg in der Stadthalle Nagold.
dpa/Silas Stein)Nagold. Wenn der Ministerpräsident aus München kommt, wird die Straße abgesperrt und die bayerische Staatspolizei fährt vor. Was bei manchem Bürger der Stadt im Kreis Calw zum Stirnrunzeln führt, sorgt bei 1100 Zuhörern in der Stadthalle für Begeisterung. „Bühne frei“ heißt das neue Format der Südwest-CDU, bei dem es eigentlich um alles außer Politik gehen soll, ohne Skript. Durchaus riskant, denn Markus Söder ist für sein Bühnentalent bekannt.
Es geht natürlich, so viel sei schon verraten, doch um Politik. Aber eben nicht mit Bierernst abgelesenen Reden. „Bei euch in Stuttgart wurde das Automobil erfunden, aber bei uns läuft es ganz okay“, frotzelt Söder. Und Hagel kontert: „BMW ist ein super Auto, das Beste daran: Es wurde von einem Schwaben Carl Rapp gegründet.“ Söder bekennt, auch schon Mercedes gefahren zu sein, vermutlich für sein legendäres Instagram „Söder isst“, während Hagel erklärt, einen Familienbus zu fahren.
Hagel zeigt sich beim Fußball schlagfertig, Söder noch mehr
Und natürlich Fußball. Bei Söder hing im Kinderzimmer ein Poster des legendären Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß, bei Hagel die VfB-Stars Fredi Bobic und Jürgen Klinsmann. Der Franke Söder denkt an den Pokalsieg des 1. FC Nürnberg 2007 gegen den VfB Stuttgart, und erntet Buhrufe. Hagels Replik zum Erfolg des FC Bayern: „Uli Hoeneß kam von Ulm.“ Und der VfB sei sieben Mal Meister.
Sieben Mal? „Ja, bei Moral und Spielleistung“, sagt Hagel. Dann setzt Söder einen Konter: „Man merkt, dass ihr lange mit den Grünen in einer Koalition wart.“ Ein Seitenhieb auf den angeblich bei der Ökopartei wenig ausgeprägten Leistungsgedanken mit „Schule ohne Noten“.
Hagel schlägt sich achtbar, wenn man das gegen den begnadeten Selbstdarsteller Söder überhaupt kann. Auf der Bühne sitzen sie in Sesseln in einem Wohnzimmer mit Tapete in CDU-Mintgrün.
Hagel bleibt schwer zu greifen, macht aber kaum Fehler
Was lernt der Zuschauer über Manuel Hagel? Der 37-Jährige bleibt für die Baden-Württemberger trotz unermüdlich vieler Termine immer noch schwer zu greifen. Doch die Zwischentöne lassen aufhorchen. Er fordert zwar in der Flüchtlingsfrage, den „Zustand von vor 2015“ wiederherzustellen, also vor Angela Merkels Grenzöffnung. Doch als Söder den Kulturkampf zum Stadtbild von Kanzler Friedrich Merz weiterführt („Ich will keinen Polizeieinsatz, um ins Schwimmbad zu gehen, des will I net!“), betont Hagel seine Abgrenzung zur AfD.
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Klare Abgrenzung zur AfD mit „Unvereinbarkeit“
Dazu legt er einen Tag später auf einer Funktions- und Mandatsträgerkonferenz der CDU in Stuttgart nach, auf der eine Resolution mit dem Titel „Union. Bollwerk der Freiheit“ verabschiedet wird. Dort wird auf die Tradition der Partei hingewiesen, die sich aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus gegründet habe.
Die AfD passe nicht zu diesen Werten: „Sie beschwört das Chaos, Neid, Hass und Missgunst.“ Daher seien die Werte der CDU mit der AfD „unvereinbar“. Das setzt ein klares Zeichen auch an vereinzelte Stimmen an der Basis, die sich eine zumindest punktuelle Zusammenarbeit vorstellen können. So wenig man Hagel Positionen manchmal greifen kann, bei der Abgrenzung zur AfD hat der Ehinger nie den Hauch eines Zweifels gelassen, nun ruft er die AfD zum „Hauptgegner“ aus.
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Der Spitzenkandidat hat einen genauen Plan für die Macht
Man erinnere sich: Diesen Begriff hatte CDU-Chef Friedrich Merz einst für die Grünen vorgesehen. Das aber ist nicht Hagels Welt. Der 37-Jährige hat einen genauen Plan für die Macht, von per App koordinierten Hausbesuchen über seine Beraterkreise bis hin zu einer perfekt von einer Agentur orchestrierten Social-Media-Kampagne. Für den Parteitag am 5. und 6. Dezember in Heidelberg soll ein Programm verabschiedet werden.
Ein frisches, unverbrauchtes Gesicht, jemand, der zuhört und Ideen für die Transformation der Südwest-Wirtschaft hat, der eine KI-Universität in Heilbronn gründen und neue Branchen im Land ansiedeln will, das könnte das Profil des CDU-Mannes sein. In CDU-Kreisen hofft man, durch den Parteitag und ab Januar mit Plakaten und Werbespots in Sachen Bekanntheit aufholen zu können.
Hagel setzt auf einen fehlerfreien Wahlkampf
Hagel ist zwar nicht so oft im Fernsehen wie sein Kontrahent, immerhin durfte er im ZDF-Heute-Journal zur Stadtbild-Debatte sprechen. Manche in der Partei wünschen sich mehr Polarisierung, wie der CDU-Chef sie in der Debatte ums Verbrennerverbot kurzfristig bot.
Doch der Spitzenkandidat vermeidet Kulturkämpfe und die letzte Zuspitzung in Richtung Grüne oder Cem Özdemir. Den kennt zwar fast jeder, doch der Bundestrend läuft gegen die Grünen, seine Popularität münzt sich nicht in Stimmen um. Hagel hingegen surft auf dem Bundestrend und ist bemüht, keine Fehler zu machen.
Die Umfragewerte bestätigen die Strategie. Im Talk mit Markus Söder zeigt der dreifache Familienvater, dass er mehr ist als ein glattgebügelter Politiker. Als es um die Einschulung seines jüngsten Sohnes Leo geht, sagt er: „Das war sehr emotional. Freunde hatten mir das vorher gesagt, ich glaubte es nicht, aber dann war es doch genau so.“