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Kommentar zum Bahnprojekt

Stuttgart 21: Die Bahn muss sich ehrlich machen

Schon wieder wird die Eröffnung des Tiefbahnhofes von Stuttgart 21 verschoben. Immerhin nennt die Bahn kein neues Datum, das nicht gehalten werden kann. Das ist ehrlich, aber jetzt ist maximale Transparenz gefragt. Eine Analyse von Rafael Binkowski.

Baustelle Stuttgart 21: Die Fertigstellung verzögert sich weiter.

dpa/imageBROKER/Arnulf Hettrich)

Stuttgart. Es ist ein wenig wie Sisyphos in der griechischen Sage: Fast hatte er den Felsbrocken an die Spitze des Berges geschoben, da rollte dieser wieder hinab ins Tal. So ähnlich scheint es bei Stuttgart 21 zu sein. Der ohnehin mehrfach verschobene Eröffnungstermin 2026 ist Makulatur, nicht mal das Jahr 2027 ist sicher.

Der Marathon von Umleitungen, Sperrungen und Baustellen verlängert sich, die Kosten werden weiter steigen, das für Stuttgart so wichtige Rosensteinquartier rückt in weite Ferne. Der Bahnwanderweg bleibt den geplagten Kunden länger erhalten. Einziger Lichtblick für die Gäubahn-Anhänger: Die Panoramastrecke könnte auch nach April 2027 noch in Betrieb sein.

Wenigstens ist die Bahn diesmal ehrlicher

Immerhin hat die Bahn nicht gleich ein neues Datum genannt, das dann wieder kassiert wird. Das deutet darauf hin, dass die neue Bahnchefin Evelyn Palla erst einmal eine ehrliche Bestandsaufnahme wünscht. Ganz ohne Druck ist es allerdings nicht so gekommen, interne Gutachten ließen die Terminrisiken offenkundig werden.

Lesen Sie hier: Bekanntgabe des Eröffnungstermins erst 2026

Und der Schienenkonzern hätte den Verkehrsunternehmen für den Fahrplan 2027/28 jetzt Planungsfreigabe erteilen und somit die Hosen herunterlassen müssen. Aber die neue Bahnchefin will einen Neuanfang: realistische Zeitpläne, mehr Transparenz, alles auf den Prüfstand. Lieber ein Schrecken mit absehbarem Ende als ein schier endloser Schrecken, so könnte man das Sprichwort abwandeln. Das verdient trotz aller Kritik an der Bahn auch Respekt.

Es gibt mehr Gründe als die Digitaltechnik

Von Anfang an war Stuttgart 21 ein Projekt mit höchsten Ambitionen und hochfliegenden Plänen. Das beginnt mit den Kosten und endet mit dem stets allerhöchsten architektonischen Standard, der für den Tiefbahnhof angelegt wird. Die Großbaustelle ist beeindruckend, in ihrer Komplexität aber auch immens. Die digitale Signaltechnik ist ein wichtiger, aber sicher nicht der einzige Grund für die Verzögerungen.

Unser Liveticker zu Stuttgart 21 hier

Der Bahn bleibt jetzt nur die Flucht nach vorne: volle Transparenz, für alle nachvollziehbare schriftliche Pläne für eine entzerrte stufenweise Inbetriebnahme.

Vielleicht könnte Sisyphos aber auch Vorbild sein: In der griechischen Mythologie ist es diesem durch „skrupellose Schlauheit“ mehrfach gelungen, trickreich den Tod zu überlisten und den Zustrom zum Hades zu sperren. Solche Heldenqualitäten sind gefragt, damit der Zug in der Tiefe rollen kann.

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