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Untrüglicher Instinkt

In der Ruhmeshalle hoch über der Donau sind noch zwei Plätzchen frei.
picture alliance/imageBROKER/Raimund Linke)Franz Josef Strauß, der Herrgott habe ihn selig, wird postum eine Ehre zuteil, die ihm sicher gut gefallen hätte. Anders als sein ewiger Widersacher, der hinterfotzige Spiegel-Gründer Rudolf Augstein, findet der ehemalige bayerische Ministerpräsident Eingang in die Walhalla, in der seit 1842 bedeutende Persönlichkeiten „teutscher Zunge“ geehrt werden.
Ein Abgrund von Landesverrat
Doch Strauß kommt nicht allein. Mit ihm, so hat es die bayerische Staatsregierung beschlossen, zieht Hannah Arendt in die Ruhmeshalle ein. Als Frau? Als intellektuelles Feigenblatt? Das könnte, bei allem Respekt vor Markus Söders untrüglichem Instinkt, ein gewaltiger Fehler sein. Denn Arendt war keineswegs so naiv, wie Söder vielleicht meint. 1962 schrieb die jüdische Emigrantin, dass ihr Augstein lieber sei als nahezu alle anderen Deutschen. Da kommt einem natürlich gleich die Spiegel-Affäre („Ein Abgrund von Landesverrat“) in den Sinn. Danach war die Republik nicht mehr dieselbe und Strauß‘ Traum vom Kanzleramt ausgeträumt.
Söder träumt noch
Wenn das mal kein schlechtes Omen ist für Söder, der diesen Traum immer noch träumt. Vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt. Sein Amtskollege im nahen Baden-Württemberg hat ein ganzes Buch über seinen geistigen Fixstern geschrieben. Hannah Arendt hätte sich so eine Behandlung nicht gefallen lassen. Vielleicht gewährt er ihrer Büste Asyl in der Villa Reitzenstein. Damit seine Lieblingsphilosophin sich nicht auf alle Zeiten mit Söders großem Vorbild streiten muss und es mit der himmlischen Ruhe hoch über der Donau vorbei ist.