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Sonderstab

Warum es so schwierig ist, gefährliche Ausländer abzuschieben

Seit 2018 wurden 418 gefährliche Ausländer - auch dank der Arbeit des Sonderstabs gefährliche Ausländer - abgeschoben. Zwar scheint die Zahl vergleichsweise gering, und doch lobt Siegfried Lorek (CDU), Staatssekretär im Justiz- und Migrationsministerium, jeden einzelnen Fall, eben weil dies für mehr Sicherheit im Land sorge. 

Abgelehnte Asylbewerber steigen am Baden-Airport in Rheinmünster im Rahmen einer landesweiten Sammelabschiebung in ein Flugzeug.

dpa/Patrick Seeger)

Stuttgart. Seit 2018 kümmert sich der Sonderstab gefährliche Ausländer – mittlerweile gemeinsam mit den vier  regionalen Sonderstäben an den Regierungspräsidien – um Ausweisungen und Abschiebungen von ausländischen Mehrfach- und Intensivstraftätern. Es geht dabei um Fälle wie den eines 27-jähriger Gambiers, der aus Italien eingereist war, und in der Gemeinde Waldtann (Kreis Schwäbisch Hall) mit zahlreichen Straftaten und wahnhaftem, psychisch auffälligen Verhalten, das gesamte Dorf in Aufruhr versetzte. Eine Dublin-Überstellung nach Italien war zuvor mangels Kooperation mit den italienischen Behörden gescheitert, es musste ein nationales Asylverfahren durchgeführt werden.

Der Sonderstab nahm sich diesem Fall an. Der Gambier wurde wegen verschiedenen Delikten rechtskräftig verurteilt, er war auch in Haft. Im August 2023 wurde er ausgewiesen, der Asylantrag wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Abschiebung war jedoch zunächst nicht möglich, da kein Pass vorlag. Es folgte eine aufwendige Recherche zur Identität des Mannes, letztendlich konnten Passersatzpapiere ausgestellt werden. Weil der Mann psychisch auffällig war, kam er in die Psychiatrie und  von dort direkt in die Abschiebehaft. Im September wurde er dann – mit Arzt und Sicherheitsbegleitung – nach Gambia gebracht.

Die Arbeit des Sonderstabs ist aufwendig und komplex

Dieser Fall zeigt beispielhaft auf, wie komplex die Arbeit des Sonderstabs ist. Die meisten der Intensiv- und Mehrfachstraftäter stammen aus Ländern wie Gambia, der Türkei und Pakistan, aber auch aus Syrien und dem Irak, sagte Staatssekretär Lorek. Vor allem die Probleme der Identität und Staatsangehörigkeit der Betroffenen machen dem   Sonderstab   nach Angaben des Leiters, Falk Fritzsch , zu schaffen. Zum Stichtag 31. Januar 2014 konnten von den 26 450 ausreisepflichtigen Ausländern mit Duldung 6023 keine Reisedokumente vorlegen, weitere 2591 weigerten sich, Angaben zu ihrer Identität zu machen.

52 Prozent der Asylsuchenden haben 2023 keinen Pass vorgelegt

Diese Menschen seien, so Fritzsch, nicht bereit mitzuwirken. Sie machten häufig keine oder falsche Angaben, um zu täuschen. So könne sich ein Mann aus Gambia beispielsweise als Senegalese ausgeben. Insgesamt konnten Lorek zufolge bei der Einreise nach Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 52 Prozent der Asylsuchenden keinen Pass vorlegen.

818 der im vergangenen Jahr aus Baden-Württemberg ausgewiesenen 2099 Menschen waren nach diesen Angaben Straftäter. Nicht jeder ist allerdings auch ein Fall für den   Sonderstab , Der Stab widmet sich vor allem Ausländern, die die Sicherheit des Landes gefährden. Der Sonderstab gefährliche Ausländer in Baden-Württemberg hat derzeit 500 Fälle in Arbeit.

Lorek fordert den Bund auf, zu handeln

Das Fallmanagement ist aufwendig und zeitintensiv, Es werden zahlreiche Gespräche geführt, Informationen über Ausweispapiere müssen geklärt werden, die Absprachen mit den Behörden des Herkunftslandes gestalten sich oft schwierig, da die wenigsten Länder kooperationsbereit sind. Weiter muss ein Charterflug und ausreichend Personal bei der Bundespolizei zur Verfügung stehen.

Lorek fordert vom Bund, die Zuwanderung zu begrenzen. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Weiter brauche es Kooperationen mit den Ländern, in die abgeschoben werden soll. Mit Gambia etwa funktionieren die Verhandlungen mittlerweile besser, da hat die Politik den Visa-Hebel angesetzt.

Die Schweiz koppelt Entwicklungshilfe an Rücknahmebereitschaft

Eine weitere Möglichkeit, wie man mehr Kooperation erreichen kann, zeigt die Schweiz: Dort sind Entwicklungshilfegelder daran gekoppelt, wie kooperativ sich die verschiedenen Ländern bei der Rücknahme ihrer Landsleute zeigen.

Mehr zum Thema: Sonderstab gegen gefährliche Ausländer eingerichtet | Staatsanzeiger BW

Der Sonderstab

Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag ist die Aufgabe des Sonderstabs gefährliche Ausländer festgeschrieben: „Gegenüber denjenigen, die Straftaten begehen oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, werden diese Instrumente konsequent angewendet. Dazu führen wir die Arbeit des Sonderstabs gefährliche Ausländer weiter“, heißt es darin. Seit 2018 hat der Sonderstab zu 418 Abschiebungen, 334 Ausweisungen und 241 Mal zur Klärung der Identität beigetragen. Der Sonderstab ist auch Ansprechpartner und Koordinierungsstelle für Ausländerbehörden und Sicherheitsbehörden auf Landes-, Bundes-, und EU-Ebene.

Jennifer Reich

Redakteurin Politik und Verwaltung

0711 66601-183

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