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Landesregierung

Warum knirscht es in der grün-schwarzen Koalition?

Das Bündnis von Grünen und Schwarzen läuft seit 2016 wie ein Schweizer Uhrwerk. Doch jetzt kommt zunehmend Sand ins Getriebe. Absprachen finden selten statt, es gibt keine Paketlösungen. Woran liegt das? Zieht der Wahlkampf langsam an?

Die Sonne scheint auf das Staatsministerium von Baden-Württemberg. Eine Sondierungsgruppe von Bündnis 90/Die Grünen um Ministerpräsident Kretschmann entscheidet dort über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.

Christoph Schmidt)

Stuttgart . Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) reagiert in der Landespressekonferenz unwirsch auf die Frage, warum es in seiner Koalition derzeit hakt. Journalisten würden nur das Negative sehen, es gehe doch voran.

Dann aber ärgert er sich doch darüber, dass CDU-Chef Manuel Hagel den Plan durchkreuzt hat, Mitarbeiter auch bis 45 Jahren verbeamten zu können. „Das kann ich jetzt nicht nachvollziehen“, sagt er. Und als er zu Hagels neustem Plan gefragt wird, eine zehnte Landesuniversität zu gründen, knurrt der Regierungschef nur: „Warum soll ich das kommentieren? Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich schon längst eine gegründet.“ Umgekehrt setzt Hagel eine Spitze gegen Kretschmann in seiner Parteitagsrede. Es sind kleine Nuancen, die man vorher nicht so kannte.

Zur Nominierung von Manuel Hagel mehr hier.

Selbst der neue Staatsminister Jörg Krauss (Grüne) sagt im Interview mit dem Staatsanzeiger: „Ich kann es nicht erklären.“ Grundsätzlich sei das Vertrauen noch vorhanden. Aber im Alltag geht derzeit wenig voran. Der Streit um die spätere Verbeamtung ist besonders verwinkelt, weil Innenminister Thomas Strobel (CDU) diese zunächst befürwortet, dann aber zurück zieht, als Hagel vor dem Eindruck einer „Operation Abendsonne“ warnt.

Viele Gesetzesvorhaben hängen in der Warteschleife

Inzwischen heißt es aus CDU-Kreisen, man habe auch grundsätzliche Bedenken, nicht nur wegen des Zeitpunkts ein Jahr vor der Wahl. Ansonsten hängen viele Gesetzesvorhaben in der Warteschleife. Beispielsweise das Regelungs-Abweichungsgesetz, mit dem Kommunen Vorschriften aussetzen können. Während die CDU-Seite das Ansinnen der Städte und Gemeinden teilt, nicht nur von Vorschriften, sondern auch von gesetzlichen Zielen abweichen zu können, lehnt das die grüne Fraktion ab. Und beim Klimaschutzgesetz herrscht Dissens darüber, wie man mit dem Verfehlen der Ziele bei der CO2-Reduktion umgehen soll.

Die Grünen wollen den im Gesetz vorgesehen Automatismus in Gang setzen, die Union fürchtet eine Belastung der Wirtschaft und neue Bürokratie. Auch Petitessen wie eine Novelle des Nichtraucher-Schutzgesetzes, wo es um E-Zigaretten und Rauchen unter freiem Himmel geht, etwa an Bushaltestellen oder Kinderspielplätzen, liegen auf Eis. Oder das Polizeigesetz, obwohl hier kaum inhaltlicher Dissens herrscht. Und natürlich schwebt das Gleichbehandlungsgesetz noch im politischen Raum, das vor allem von der linke Flügel der Grünen gewünscht wird, aber auch innerhalb der Ökopartei umstritten ist.

Einen Kommentar zu Manuel Hagel lesen Sie hier.

Woran scheitern die Absprachen in der Koalition?

Woran liegt es also? Von grüner Seite hört man die Erzählung, der CDU-Landeschef Manuel Hagel sei schon im Dauerwahlkampf im Land unterwegs und für Absprachen nicht greifbar. Viele Themen seien geklärt, man warte nur auf das Plazet der CDU, doch die ducke sich weg. Das wiederum weist man bei der Union mit Empörung zurück. „Bei uns ist es ganz einfach, es gibt einen Ansprechpartner, und der ist immer erreichbar“, sagt ein CDU-Grande.

Bei den Grünen hingegen herrsche interne Uneinigkeit, zwischen Staatsministerium und der Fraktion. Linke und Realos hielten interne Vortreffen ab, getätigte Absprachen würden bisweilen in Frage gestellt. Eine andere Erzählung ist, dass die strittigen Themen schlicht nicht wichtig genug sind. „Wir haben mit der Wirtschaftskrise andere Dinge“, heißt es in Regierungskreisen.

Mit einem „Pfingstpaket“, also einem Bündel an Gesetzen, rechnet niemand mehr, vielleicht noch auf eines vor der Sommerpause. Denn ab September, das ist sicher, bindet der Wahlkampf alle Aufmerksamkeit. der Akteure.

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