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Planungsrecht

Weniger Regeln für Wohnungsbau

Die Ampel-Regierung wollte eigentlich 400 000 neue Wohnungen pro Jahr in Deutschland bauen – ein bisher verfehltes Ziel. Nun plant das Bundesbauministerium eine Planungsliberalisierung. Das Echo ist vielstimmig.

Weniger Bürokratie, niedrigerer Regelungsaufwand - das soll helfen, damit der Bagger für ein neues Bauprojekt früher als sonst anrollen kann.

IMAGO/Rolf Poss)

Berlin. Die Bundesregierung will bestimmte Bauprojekte erleichtern. Mit dem neuen Paragrafen 246e im Baugesetzbuch sollen Neubauvorhaben mit mindestens sechs Wohnungen ohne Berücksichtigung des Baugesetzbuchs, etwa einem Bebauungsplan, genehmigt werden dürfen. Gebäude, die bislang nicht zum Wohnen dienten, sollen ebenso leicht in Wohnraum umgewandelt werden können. Die Novelle soll auch Erweiterungsprojekte erleichtern, die mehr Wohnraum schaffen.

Erleichterungen für 89 Kommunen in Baden-Württemberg

Gelten soll das Gesetz nur für Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt. In Baden-Württemberg wären damit laut der Gebietskulisse für die Mietpreisbremse 89 Städte und Gemeinden betroffen. Der Entwurf des SPD-geführten Bauministeriums sieht ein Zustimmungsrecht der Gemeinden vor sowie eine Befristung der Regel, sie soll bis Ende 2026 gelten. Momentan beraten die Bundestagsfraktionen über die Novelle.

Union hat noch internen Klärungsbedarf

Die Union hat noch internen Diskussionsbedarf. In der Ampel-Koalition unterscheiden sich die Einschätzungen. Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Daniel Föst sieht das Gesetz als Chance für schnellen und unbürokratischen Wohnungsbau und will auf das gesetzgeberische Gaspedal drücken. Durch die Umnutzungsregel könnten Wohnungen etwa in eigentlich nicht für Wohnzwecke vorgesehenen Gebieten entstehen, was kurze Arbeitswege ermögliche.

Kritik kommt von den Grünen im Bundestag

Kritisch betrachten dagegen die Grünen die Novelle. Soziale Kriterien, städtebauliche Missstände durch den Paragrafen sowie Fragen der Kosten für die kommunale Infrastruktur beschäftige ihre Partei, sagt die wohnungsbaupolitische Sprecherin der Fraktion, Christina-Johanna Schröder.

Nachhaltigkeit wir infrage gestellt

Ähnliche Überlegungen stellen Mieterverbände, Naturschutzorganisationen und die Architektenschaft an, die den Vorschlag ablehnen. „Der mit dem sogenannten Bau-Turbo verbundene Verzicht auf einen Bebauungsplan für angespannte Wohnungsmärkte widerspricht fundamental der guten Planungskultur und der demokratischen Bodenordnung in unserem Land“, sagt Markus Müller, Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg. Die so entstandenen Gebäude könnten Kandidaten für Abriss-Neubau statt für Bestandsentwicklung werden. Nachhaltig sei das nicht.

Chance für sozialen Wohnungsbau

Dagegen sieht der Verband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen (VBW) eine Chance auf mehr Sozialwohnungen durch die geplante Regelaussetzung. Nachbarliche Interessen und die Zustimmung der Naturschutzbehörde bildeten Leitplanken, sodass bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden könne.

Landesregierung ist zurückhaltend

Die Landesregierung hält sich mit einer Bewertung noch zurück. Das Wohnungsbauministerium in Stuttgart begrüßt Vorschläge zur Ankurbelung des Wohnungsbaus, wichtig sei aber die Haltung der Kommunen, welche „die Beine auf dem Weg zu mehr Wohnraum darstellen“, so ein Sprecher.

Gemeindetag will den Regeldispens ausweiten

Beine würde der Gemeindetag Baden-Württemberg dem Wohnungsbau gerne machen, er hat aber einige Punkte zu monieren. Die Annahme, dass Kommunen ein 246e-Projekt billigen, wenn sie sich nicht fristgemäß äußern, soll am besten wegfallen. Das schütze die kommunale Planungshoheit. Dafür sollte der Regeldispens schon bei weniger als sechs Wohnungen greifen. Und warum soll laut Gemeindetag der Wohnungsbau nur in Orten mit angespanntem Wohnungsmarkt angekurbelt werden?

PRO und KONTRA

Zu diesem Thema kann man unterschiedlicher Meinung sein. Lesen Sie das Pro und Kontra aus unserer Redaktion. 

Peter Schwab

Peter Schwab kümmert sich um verschiedene Journale der Zeitung und arbeitet außerdem im Crossmediateam und im Ressort Kreis und Kommune. Schon während seines Jura-Studiums hat er für verschiedene Zeitungen geschrieben, später volontiert und als Lokalredakteur gearbeitet. Nach seiner Zeit als Pressesprecher hat er erneut die Seiten gewechselt und ist 2022 zum Staatsanzeiger gegangen – und damit zum guten alten Journalismus zurückgekehrt.

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