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KI-Bürgerrat

Mit dem KI-Bürgerrat soll KI-Forschung bürgernah und transparent werden

Die KI-Bürgerräte haben der Wissenschaftsministerin Empfehlungen zur Forschung übergeben. Sie sehen großes Potenzial in den Bereichen Medizin und Verkehr. Die Freiwilligkeit von Datenspenden ist ihnen ein Anliegen – und stetige Kontrolle.

Teilnehmer des KI-Bürgerrats diskutieren engagiert über die Zukunft der KI-Forschung.

Wolfram Scheible / Universität Tübingen)

Stuttgart/Tübingen. Selbst Entwickler und Chefs der US-Techfirmen sind extrem gespalten: Die einen erhoffen vom KI-Einsatz die Lösung aller Menschheitsprobleme, andere sehen eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes heraufziehen. Der vom Land einberufene Bürgerrat „KI und Freiheit“ hat es eine Nummer kleiner gemacht. Normale Bürger zwischen 22 und 75 Jahren haben sich damit beschäftigt, was sie von der KI-Forschung erwarten. Nun überreichten Mitglieder des Gremiums in Stuttgart Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) ihren Abschlussbericht.

Vier Handlungsfelder haben die Bürgerräte schwerpunktmäßig untersucht: Datenschutz, Gesundheit und Medizin, Medien sowie Verkehr. Und sie geben dazu neun Empfehlungen.

Ständiger Bürgerrat für Verkehr soll Impulse für die Forschung geben

Dazu zählt die Vermittlung der Chancen und Risiken von KI in klarer Sprache und geeigneten Formaten – etwa Webseiten und Diskussionsrunden; der Aufbau einer sicheren Infrastruktur für Datenspenden von Bürgern und Patienten, etwa im Gesundheitsbereich – und das Überprüfen des ethischen Umgangs mit den Daten durch gewählte Kontrollorgane; die Einrichtung einer Sammelstelle für Vorschläge der Bürger zur KI-Forschung samt einem Quorum dafür und der Prüfung durch Experten sowie öffentliche Mittel zur Umsetzung dieser Vorschläge.

Im Bereich Verkehr sollen Bürger stärker eingebunden werden und, mit Blick auf autonomes Fahren, „insbesondere Unsicherheiten von KI dargestellt werden, sodass kein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt wird“, wie es im Abschlussbericht heißt. Zudem empfehlen die Räte dort, „einen besonderen Fokus auf Sicherheit und Umweltschutz zu legen“. So könne KI-Forschung „beispielsweise dazu beitragen, mehr Menschen durch den ÖPNV zu befördern, den CO 2 -Ausstoß sowie den Feinstaub zu reduzieren und damit die Umwelt zu entlasten“. Ein ständiger Bürgerrat könne dabei helfen, die Sicherheit von Radwegen zu erhöhen und CO 2 -Emissionen im Straßenverkehr zu senken.

Die KI-Schwerpunktthemen des Bürgerrats seien auch die der Landesregierung, sagte Ministerin Olschowski, ohne dass es eine Absprache dazu gegeben hätte. „Transparenz und Vertrauen“, diese Begriffe ziehen sich ihr zufolge wie ein roter Faden durch die Arbeit des Gremiums und den Abschlussbericht. Es zeige sich „ein großer Bedarf an Dialog zwischen Wissenschaft und Bürgergesellschaft“.

Diesen Ball griff Olaf Kramer auf. „In Anbetracht der gesellschaftlichen Veränderungen, die durch Künstliche Intelligenz ausgelöst werden, ist ein transparenter und dialogorientierter Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft unerlässlich“, sagte der Sprecher des Zentrums für rhetorische Wissenschaftskommunikationsforschung zur Künstlichen Intelligenz (RHET AI Center), das 2024 Ausgangspunkt für den Bürgerrat war. Es ist eines von bundesweit vier Zentren der Wissenschaftskommunikation und „AI-Literacy“ werde, so Kramer, künftig eine zentrale Fähigkeit sein, wie auch der Bürgerrat unterstrichen habe.

Uni-Rektorin fordert selbst Regeln für die KI-Forschung

Die Rektorin der Universität Tübingen, Karla Pollmann, war ebenfalls bei der Präsentation des Berichts dabei. Zum einen ist der Bürgerrat wie viele Einrichtungen der KI-Forschung in Tübingen angesiedelt. Zum anderen ist ihr die gesellschaftliche Öffnung der Hochschulen ein Herzensanliegen. Geld sei nicht unendlich verfügbar, die Universität selbst eine gesellschaftliche Akteurin und daher auch die Beteiligung und Einflussnahme der Bürger auf die Forschung begrüßenswert.

Ähnlich wie bei anderen bahnbrechenden Erfindungen, etwa dem Autofahren, werde anfangs alles ausprobiert. Doch auch bei der Anwendung von KI seien Grenzen sinnvoll und notwendig. „Regeln müssen geschaffen werden.“ Pollmann wies auf die Forderung des früheren Direktors des Weltethos-Instituts in Tübingen, Ulrich Hemel, hin. Dieser habe kürzlich in seiner Abschiedsrede einen internationalen Digitalgerichtshof gefordert.

Und wie steht es mit dem KI-Einsatz in der Schule? Seit das Sprachmodell ChatGPT öffentlich zugänglich ist, ist das ein großes und umstrittenes Thema. Jenny Pfister war im Bürgerrat und ist mehrfache Mutter. Sie plädiert sogar für ein „KI-Fach“ in der Schule. Zudem gelte es, die älteren Mitbürger einzubeziehen. Damit KI für diese „nicht mehr das große Mysterium ist“ und es gelingt, ihnen „die Furcht zu nehmen“. Pfister zeigt sich zuversichtlich, dass die Empfehlungen des Bürgerrats an die Politik kein toter Buchstabe bleiben werden. Man darf gespannt sein.

40 Bürger haben neun Empfehlungen erarbeitet

Mit einem Zufallsverfahren wurden 40 Bürger ausgesucht: unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher sozialer Herkunft und mit unterschiedlichem Bildungsgrad, von der Hauptschule bis zum Hochschulabschluss, und Beruf. So sollte ein Querschnitt der Bevölkerung für den KI-Bürgerrat erreicht werden. Die Mitglieder trafen sich vier Mal, wurden von 15 Experten verschiedener Disziplinen beraten und erstellten spezielle Empfehlungen für Medizin, Verkehr und Medien.

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