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Innenminister Strobl schafft Amt des Polizei-Inspekteurs ab

Die Inspekteurs-Affäre hat die Polizeispitze in Verruf gebracht. Nun soll das Amt abgeschafft werden. Nach langen Vorwürfen des Wegduckens kündigt Innenminister Strobl weitreichende Konsequenzen an.

Thomas Strobl (CDU, r-l), Innenminister von Baden-Württemberg, Stefanie Hinz, Landespolizeipräsidentin Baden-Württemberg und Jörg Krauss, ehemaliger Amtschef des Finanzministeriums Baden-Württemberg, kommen zu einer Pressekonferenz des baden-württembergischen Innenministeriums. Das Innenministerium stellte ein Maßnahmenpaket für die Polizei und Innenverwaltung vor.

picture alliance/dpa | Marijan Murat)

STUTTGART. Bisher haben Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein Stellvertreter Thomas Strobl (CDU) kategorisch abgelehnt, Konsequenzen aus den bisherigen Erkenntnissen rund um die Suspendierung des Inspekteurs der Polizei (IdP) zu ziehen. Jetzt hat der Innenminister überraschend doch ein fünf Punkte umfassendes Maßnahmen-Paket vorgelegt.

Die Bewertungen in den Sitzungen der beiden Regierungsfraktionen fielen unterschiedlichen aus: Die Grünen sind einigermaßen zufrieden, auch weil eigene Ideen umgesetzt erfüllt sind. In der CDU herrscht dagegen weiter Unruhe. Von Winfried Mack, dem früheren stellvertretenden Landes- und Fraktionsvorsitzenden, wird sogar berichtet, dass er hinter den verschlossenen Türen Strobl mit Kardinal Rainer Maria Woelki verglich, der ebenfalls versucht habe, sich aus den Skandalen in seinem Erzbistum hinauszuschleichen.

Strobl will das Amt abschaffen

Die wichtigste Entscheidung betrifft den vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochenen IdP A.R.. Strobl hatte bereits mehrfach erklärt, dass der nicht sind Amt zurückkehren könne, unabhängig vom endgültigen Ausgang des Verfahrens. Jetzt will der Innenminister das Amt ganz abschaffen. Außerdem ist die grüne Forderung nach Einsetzung einer Vertrauensanwältin erfüllt und damit eine externe Anlaufstelle für Betroffene geschaffen. Sie könne Hilfestellungen gebe, sagt Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz, einerseits niederschwellig, wenn nötig und andererseits ohne Vorgänge gleich melden zu müssen.

Hinz verantwortet auch weitere Veränderungen, jene im Besetzungs- und Beförderungswesen vor sich. „Wir wollen weg von Abhängigkeiten, die sich zu stark auf Einzelne konzentrieren, hin zu einem echten Führungsteam“, sagt sie auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Strobl. Die Aufgaben des IdP würden künftig verteilt auf den Landespolizeidirektor für die Schutzpolizei, den Landeskriminaldirektor für die Kriminalpolizei und auf sie selbst.

Jörg Krauss bekommt Leitungsposition

Ein dritter, ein Grüner, sitzt mit am Tisch im Konferenzraum des Innenministeriums, in den Strobl Medienvertreter geladen hat: Jörg Krauss. Der wird Leiter der neuen „Stabstelle Moderne Führung und Wertekultur“, angesiedelt beim Innenminister direkt. Krauss hat Erfahrung im Polizeidienst seit 1976, war ab 2013 Spitzenbeamter im Staatsministerium und ging vor wenigen Monaten als Amtschef des Finanzministeriums in Pension. Er habe sich, sagt der Grüne, „in meiner Euphorie über den Eintritt in den Ruhestand offensichtlich zu viele Streuobstwiesen zugelegt“.

Der Minister lobt angesichts der Karrierestationen den Blick über den Tellerrand hinaus. Man spüre nach wenigen Minuten, wie „bescheiden, demütig und stets zugewandt“ Krauss sei, „mit einem klarem Koordinaten- und Wertekreuz“.  Eine Aufgabe der Stabsstelle sei dafür zu sorgen, dass „die Polizei nach der Krise besser aufgestellt ist als vor der Krise“.

CDU ist skeptisch

In der CDU-Landtagsfraktion ist die Hoffnung groß, dass das Maßnahmen-Paket dazu betragen kann. Die Skepsis allerdings bleibt. Der Innenminister habe sich Zeit bis nach der Sommerpause erkauft, sagt ein Abgeordneter am Rande der Fraktionssitzung vom Montagnachmittag. Und mit Blick darauf, dass Ende September im parlamentarischen Untersuchungsausschuss abermals Einzelheiten zur Beförderung des IdP und anderer Spitzenpositionen erfragt werden. Die Grünen erwarten, ebenfalls nach der Sommerpause und unabhängig von der Ausschussarbeit, Details zur angekündigten „Neuaufstellung des Landespolizeipräsidiums“ ohne den Posten des IdP.  Das Amt sieht Oliver Hildenbrand, der Fraktionsvize und Obmann im Untersuchungsausschuss, „irreparabel beschädigt“. Insgesamt sei das Innenministerium mit diesem Maßnahmenpaket noch lange nicht am Ziel sei, sondern lediglich „auf dem richtigen Weg“.  Noch nie in ihrer Geschichte habe sich die Polizei im Land so selbstkritisch und intensiv mit sich selbst befasst, und schon allein das „ist ein Wert an sich“.

Die Opposition will von einem Befreiungsschlag nichts wissen. Es bringe wenig, Besetzungen und Beurteilungen zu überprüfen, denn auch bislang habe es „die Strobl-Clique immer geschafft, unter Pervertierung gesetzlicher Vorgaben ihre Wunschkandidaten in Amt und Würden zu hieven“, so FDP-Obfrau Julia Goll. Für den Obmann der SPD-Fraktion, Sascha Binder, ist das Maßnahmenpaket ein „PR-Gag, mit dem er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen will“ – ohne zu begreifen, dass es nicht um sein Image geht, sondern um den Ruf unserer gesamten Polizei.  „Anstatt den IdP abzuschaffen“, erklärt Hans-Jürgen Goßner (AfD), „hätten wir erwartet, dass er sich selber als Minister abschafft, der für den größten Polizeiskandal der Nachkriegsgeschichte im Südwesten verantwortlich ist.“

Lesen Sie hier einen Kommentar von Chefredakteur Rafael Binkowski: Strobl wagt einen Befreiungsschlag.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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