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Bürokratieabbau

Arbeitgeberverbände wollen die Leiterbeauftragten kippen

Der Bundesverband der Arbeitgeberverbände (BDA) sieht beim Arbeitsschutz große Möglichkeiten, um Bürokratie abzubauen. Jährlich könnten Unternehmen in Deutschland dadurch um rund eine Milliarde Euro entlastet werden.

Im Arbeitsschutz gibt es nach Ansicht der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände zu viele unnötige Vorgaben wie etwa die Leiterprüfung.

dpa/Westend61)

Stuttgart . Die einstige Vorsitzende des Normenkontrollrats Baden-Württemberg , Gisela Meister-Scheufelen, hatte das Thema Bürokratie und Arbeitsschutz schon im März ins Visier genommen. Als „Miss Bürokratieabbau“ machte sich die 69-Jährige im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen dafür stark, die „Zahl der Betriebsbeauftragten auf den wirklichen notwendigen Kern“ zu reduzieren. Besonders im Blick hatte die frühere CDU-Politikerin die Funktion des „Leiterbeauftragten“. Das sind speziell geschulte Mitarbeiter, die sämtliche Trittleitern im Betrieb auf ihre Sicherheit überprüfen.

Auch der Koalitionsvertrag enthält eine Passage zum Arbeitsschutz

Der Aufwand, den Betriebe dafür treiben müssen, ist auch dem BDA ein Dorn im Auge. In einem Forderungskatalog verlangt der Arbeitgeberdachverband, die Funktion des Leiterbeauftragten abzuschaffen. Moderne Leitern seien kaum fehleranfällig, begründet der BDA dies. Eine Sicht und Funktionskontrolle durch den Beschäftigten, der die Leiter nutzt, sei ausreichend, um Unfälle zu minimieren. Alternativ könnten andere im Arbeitsschutz ausgebildete Beauftragte die Aufgabe übernehmen.

Für die Unternehmen geht es freilich auch ums Geld. Laut BDA belaufen sich die Kosten für die Schulungen bei externen Bildungsträgern auf rund 650 Euro pro Person und Tag.

Schwarz-rote Koalition will Arbeitsschutz überprüfen

Der Leiterbeauftragte ist allerdings nur ein Beispiel für die Entrümpelungsvorschläge der Arbeitgeber im Arbeitsschutz. Auf 17 Seiten haben sie in einem Positionspapier 24 Forderungen zusammengetragen. Die reichen von der Reduzierung der Dokumentationspflichten bei der Gefährdungsbeurteilung für Kleinstbetriebe über mehr Flexibilität bei Arbeitszeitgestaltung, weniger Detailvorgaben bei der Gefährdungsbeurteilung und längere Prüffristen für Notebooks und andere Elektrogeräte bis hin zu den Anforderungen an den Betrieb von Kränen oder Erleichterungen bei der Schulung von Erst- und Brandschutzhelfern. So müssen auch ausgebildete Rettungssanitäter oder ehrenamtliche Feuerwehrleute die Schulungen zum Ersthelfer absolvieren, obwohl sie die nötige Qualifikation bereits erworben haben.

In ihrem Bemühen hoffen die Arbeitgeberverbände auf die Unterstützung der schwarz-roten Bundesregierung in Berlin. Denn die hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag auch zum Thema Arbeitsschutz und Bürokratie geäußert. Noch in diesem Jahr will sie die Verpflichtung zur Bestellung von Betriebsbeauftragten abschaffen. Zudem sollen „alle nötigen Instrumente des Arbeitsschutzes auf ihre Wirksamkeit“ überprüft werden.

BDA beklagt mehr als 10 000 einzelne Vorschriften

Kritik am Vorstoß der Arbeitgeber wurde bislang nicht geäußert. Allerdings wird das Thema mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen schon seit Jahren kontrovers diskutiert. Und gegen den Vorstoß, die Leiterprüfungen einzuschränken, den neben Meister-Scheufelen im März auch ihr Parteikollege CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vertreten hatte, kamen klare Worte vom Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit. „Diese Regeln schützen Menschenleben. Wer sie abschaffen will, ignoriert die Realität im Arbeitsschutz“, sagt die kommissarische Vorsitzende, Margit Stuhr. Abstürze von Leitern gehörten zu den häufigsten Arbeitsunfällen im Handwerk.

Auch der BDA betont die große Bedeutung des Arbeitsschutzes. Der Verband stößt sich aber an der großen Zahl an Einzelvorschriften. Rund 10 000 sind es. Kaum ein Lebensbereich in Deutschland sei so reguliert wie der Arbeitsschutz. „Der Vorschriften-Dschungel muss dringend gelichtet werden“, forderte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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