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Verkehrsinfrastruktur

Bauwirtschaft verlangt mehr Landesinvestitionen für Brücken und Straßen

Doppelt so viel Geld des Landes für die Erhaltung der Straßen und Brücken wie bisher und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren: Diese Kernforderungen hat die Bauwirtschaft Baden-Württemberg in einer Resolution formuliert, die am Mittwoch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) überreicht wurde.

Die Aichtalbrücke an der Bundesstraße 312 südlich von Stuttgart gehört zu den Brücken, die dringend ersetzt werden müssen.

dpa/Bernd Weißbrod)

Aichtal. Es war genau 12 Uhr mittags und strahlender Sonnenschein, als die Bauwirtschaft Baden-Württemberg (BBW) Landesverkehrsminister Winfried Hermann unter der Aichtalbrücke südlich von Stuttgart empfing, um ihm Forderungen zur Erhaltung von Straßen und Brücken zu überreichen. Doch von einem Showdown, wie einst im legendären Western High Noon, hatte das Treffen wenig, denn im Grundsatz waren sich der Grünen-Politiker und die Verbandsvertreter einig.

„Ich kann fast allen Punkten zustimmen“, erklärte Hermann, nachdem ihm BBW-Vizepräsidentin Sabine Schmucker eine Resolution mit den wichtigsten Forderungen überreicht hatte. Darin fordert der Branchenverband, die Mittel des Landes für die Erhaltung der Straßenverkehrsinfrastruktur auf 330 Millionen Euro zu verdoppeln. In der Landesstraßenbauverwaltung müsse das Personal aufgestockt werden, damit Planung und Genehmigung von Brücken-Ersatzneubauten schneller vorangetrieben werden könnten.

Minister macht sich erneut für Lkw-Maut auf Landesstraßen stark

Zudem solle sich der Minister dafür einsetzen, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren schnellstmöglich umgesetzt würden. Und ebenfalls vom Bund will der Branchenverband langfristig die Einführung einer „Nutzerfinanzierung“ im Bundesfernstraßenbereich, also die Einführung einer Maut.

In dieser Frage will Hermann sogar auf Landesebene aktiv werden. Er sprach sich in Aichtal erneut für die Einführung einer Lkw-Maut auch auf Landesstraßen aus. Und beim Personal in der Straßenbauverwaltung sieht er einen Bedarf von 100 zusätzlichen Stellen.

Beim Geld gab sich der dienstälteste Minister der Landesregierung aber etwas zurückhaltender als von der Baubranche gewünscht. Hermann räumte zwar ein, dass es einen Bedarf von 300 bis 350 Millionen Euro für die Erhaltung der Verkehrswege in Landesverantwortung gebe. Doch dieser Wert solle erst in zehn Jahren erreicht werden. „Wir brauchen einen kontinuierlichen Hochlauf“, betonte er. Die Bauwirtschaft könne das Geld ad hoc gar nicht verbauen. Das sieht diese allerdings durchaus anders.

Vorplanung für das Brücken-Paket des Landes soll bald starten

Beim Branchenverband sorgt man sich, dass es zu lange dauert, bis in diesem Jahr öffentliche Gelder für Tiefbauprojekte zur Verfügung stehen. Weil Aufträge aus den Kommunen ausgeblieben sind, seien die Kapazitäten im Straßenbau bei vielen Unternehmen nicht ausgelastet. Sabine Schmucker forderte deshalb das Land zur Eile auf: „Wir wollen, dass die Mittel aus dem Haushalt 2025 rasch auf den Markt kommen.“

Die Bauunternehmerin aus Rastatt erwartet nicht, dass vom Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes rasch positive Effekte für die Baubranche ausgehen. Denn bislang ist offen, wie die 500 Milliarden Euro zwischen Bund, Ländern und Kommunen verteilt werden und für welche Baubereiche wie viel Geld zur Verfügung steht.

Es lässt sich deshalb aktuell nicht sagen, was in Baden-Württemberg für Investitionen zur Verfügung steht. Allzu viel Zeit will Schmucker der neuen Bundesregierung aber nicht geben, um die Verteilung der Mittel zu regeln. „Wir wünschen uns, dass es nicht erst 2027 losgeht“, betonte die BBW-Vizepräsidentin.

Das Land versucht, die Sanierung von Brücken mit einer Sammelausschreibung für 31 Bauwerke im Land zu beschleunigen. Die Planungsleistungen für alle Brücken sind nach Angaben aus dem Verkehrsministerium inzwischen an ein Konsortium aus vier Planungsbüros vergeben. Untersuchungen etwa zum Baugrund und Naturschutz laufen bereits. Noch im Frühjahr soll die Vorplanung starten, im Sommer dann die Entwurfsplanung. Auf einen Zeitpunkt, wann mit den Arbeiten an den 31 Brücken begonnen werden kann, wollte sich der Minister aber nicht festlegen. Zu den maroden Bauwerken gehört auch die Aichtalbrücke, unter der das Treffen stattfand.

Neue Studie: 100 Milliarden Euro sind für marode Brücken nötig

Das Problem mit den Brücken in Deutschland ist einer neuen Studie von Transport and Environment (T&E) sogar noch größer als bislang angenommen. Demnach erfüllen 6000 Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen bereits heute die Kriterien des Bundes für einen Ersatzneubau. Im Brückenmodernisierungsprogramm seien aber nur 4000 bis 2030 aufgenommen. Bei Brücken in kommunaler Hand sei das Problem ähnlich groß. Den Investitionsbedarf in Bund, Ländern und Kommunen schätzt die europäische Organisation, zu deren Mitgliedern unter anderem der Verkehrsclub Deutschland und der Nabu gehören, auf rund 100 Milliarden Euro.

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