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Gesetzliche Neuregelung soll den Ausbau von Mieterstrom beflügeln

Auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern wurden bislang kaum Photovolaikanlagen installiert.
IMAGO/Jochen Tack)Stuttgart/Berlin. Während Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Eigenheimen den größten Beitrag zur Solarstromerzeugung in Deutschland leisten, sind Mehrfamilienhäuser noch immer fast solaranlagenfrei. Nur ein halbes Prozent der bundesweit installierten Photovoltaikleistung sei auf Mietshäusern installiert, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), Carsten König. Das seien rund 0,5 Gigawatt. Das Potenzial schätzt der Verband jedoch auf bis zu 75 Gigawatt, wenn alle geeigneten Dachflächen genutzt würden.
Sowohl bei der Wohnungswirtschaft wie auch den Mietern stößt ein Ausbau der Solarstromversorgung auf großes Interesse. Bei einer repräsentativen Umfrage von BSW-Solar wünschten sich 59 Prozent der befragten Mieter eine direkte Versorgung mit Strom vom Dach des eigenen Hauses. Und unter den Wohnungsunternehmen und -genossenschaften, die im Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) zusammengeschlossen sind, haben 44 Prozent konkrete Pläne oder laufende Projekte für Mieterstrom. Weitere 38 Prozent sind daran interessiert.
Bundesregierung ändert rechtliche Vorgaben
Das Missverhältnis zwischen Interesse und Umsetzung hat einen einfachen Grund. Bislang war es rechtlich kompliziert für Wohnungsunternehmen, Mieterstrom anzubieten. Denn sie hatten nahezu die gleichen Pflichten wie ein Energieversorger, was die meisten kommunalen Wohnbauunternehmen und Wohnungsgenossenschaften abschreckte. Doch mit dem Solarpaket I hat die Bundesregierung Mitte Mai vergangenen Jahres die Umsetzung von Mieterstromversorgung deutlich vereinfacht. Denn seither gibt es die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ als Alternative zum bisherigen Mieterstrommodell, die für die Wohnungswirtschaft deutliche Vereinfachung bringt, wie Iris Beuerle, Verbandsdirektorin des Verbands baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (VBW), erklärt. „So ist das Wohnungsunternehmen nicht verantwortlich für die Reststromlieferung, hat keine Stromkennzeichnungspflicht oder Informationspflichten für Werbung, Verträge und Rechnungen,“ erläutert Beuerle.
Neuer Leitfaden soll Wohnungsunternehmen aufklären
Bislang sind dem VBW zwar noch keine konkreten Mieterstromprojekte auf Basis der neuen Regelung bekannt, doch ist man beim Spitzenverband überzeugt, dass die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung für Wohnungsunternehmen grundsätzlich attraktiv ist.
Allerdings müssen für die Umsetzung in der Praxis aus Sicht von Beuerle noch einige Fragen geklärt werden. So müsse beispielsweise der Austausch der Daten zwischen Anlagenbetreiber, Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und externen Stromversorgern noch geregelt werden. „Wenn diese gelöst sind, kann die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ein Booster für Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern werden und Mieter können vom günstigen Solarstrom profitieren“, gibt sich die VBW-Chefin überzeugt. Um die Wohnungswirtschaft über das neue Instrument für mehr Mieterstrom zu informieren, haben BSW-Solar und GdW nun gemeinsam einen Leitfaden zur Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung veröffentlicht.
Solar-Ausbau geht weiter
In Baden-Württemberg wurden im vergangenen Jahr Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 2,1 Gigawatt installiert. Das sind fünf Prozent mehr Zuwachs als 2023, allerdings hat sich der Zubau deutlich verlangsamt. Die gestiegenen Installationszahlen gehen hauptsächlich auf den Zubau von Dachanlagen zurück. Doch auch auf den Dächern im Südwesten gibt es noch viel Raum für weitere Anlagen. Derzeit haben nur knapp 13 Prozent aller Gebäude eine Solaranlage. Das Energiepotenzial ist sogar nur zu etwas mehr als neun Prozent ausgeschöpft.