Debatten im Landtag vom 11. und 12. Oktober 2017

Vorschläge von AfD und FDP zu Grunderwerbsteuer abgelehnt

Stuttgart. Der Landtag erörterte am Mittwoch in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf der AfD. Dieser sieht vor, für verheiratete Ehepaare die Grunderwersteuer von 5 auf 3,5 Prozent zu senken. Diskutiert wurde auch ein Antrag der FDP, der für natürliche Personen einen steuerlichen Freibetrag von 500 000 Euro beim Erwerb von Wohneigentum vorsieht. Gesetzentwurf wie Antrag wurden […]

Stuttgart. Der Landtag erörterte am Mittwoch in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf der AfD. Dieser sieht vor, für verheiratete Ehepaare die Grunderwersteuer von 5 auf 3,5 Prozent zu senken. Diskutiert wurde auch ein Antrag der FDP, der für natürliche Personen einen steuerlichen Freibetrag von 500 000 Euro beim Erwerb von Wohneigentum vorsieht. Gesetzentwurf wie Antrag wurden mehrheitlich abgelehnt.
Susanne Bay (Grüne) begrüßte die Absicht von AfD und FDP, junge Familien beim Erwerb von Wohneigentum unterstützen zu wollen. Doch seien beide Vorschläge „vom Ansatz her ungeeignet“. Beim Gesetzentwurf der AfD fielen alleinstehende Frauen und Familien ohne Trauschein aus der Förderung komplett heraus – und folglich auch deren Kinder. Doch „mit uns wird es keine Kinder erster und zweiter Klasse geben“, sagte Bey. Es müsse gerade auch darum gehen, Mütter, die berufstätig sein wollten, gezielt zu fördern.
Die FDP dagegen, die den Personenkreis der Berechtigten nicht eingrenze, sondern einen Freibetrag für natürliche Personen von 500 000 Euro vorsehe, fördere „das Wohl derer, die sich eine Familie von Wohnungen kaufen, nicht Wohnungen für Familien“.
In beiden Fällen bliebe im Übrigen die Gegenfinanzierung außer Betracht. Dabei sei das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer gerade für die Kommunen unverzichtbar. Dass die FDP verhindern wolle, dass Wohnbaugesellschaften mittels Share Deals die Grunderwerbsteuer umgehen könnten, begrüßte Bay. Doch gelte es, dies auch „rechtssicher und verfassungskonform einzudämmen“, sonst flössen etwaige Erträge dem Bund statt den Ländern zu.  Daher beteilige sich Baden-Württemberg an einer von der Finanzministerkonferenz eingesetzten Arbeitsgruppe, die derzeit eben solche Regelungen erarbeite.

CDU will Vorschlag aus Wahlprogramm zur Förderung von Wohneigentum im Bund durchsetzen

Joachim Kößler (CDU) wies darauf hin, dass Deutschland beim Wohneigentum in Europa mit 52 Prozent auf dem vorletzten Platz rangiere. „Ich befürchte, dass die Quote noch zurückgeht“, so Kößler. Ein Grund dafür seien die Nebenkosten beim Immobilienerwerb, also auch die Grunderwerbsteuer. Dennoch hat er gegen den Antrag der AfD große Bedenken. „Der Verwaltungsaufwand wäre sehr groß.“ Familienstatus, Aufenthaltsort der Kinder, Prüfung der Eigennutzung – all das müsste ermittelt werden. „Der Antrag der AfD geht über all das hinweg“, so Kößler. Junge Familien gezielt fördern, „ohne in Bürokratie zu enden“, müsse aber das Ziel sein.
Die CDU habe in ihrem Bundestagswahlprogramm einen Vorschlag dazu gemacht: Danach sollen Immobilienkäufer sieben Jahre lang mit 1200 Euro pro Kind und Jahr bezuschusst werden. Hier freilich „ist der Bund gefordert“, so Kößler. Er sei zuversichtlich, dass dort bald mit FDP und Grünen gemeinsam eine Lösung gefunden werde.
Anton Baron (AfD) zeigte sich erfreut, dass nach seiner Partei auch FDP und SPD erkannt hätten, dass die Grunderwerbsteuer ein Problem sei. Der Vorschlag der FDP sei „gut und vernünftig, lässt sich aber nur über die Bundesebene umsetzen“.  Die Wohnbauförderung, auf die die Landesregierung setze, sei zwar auch zu begrüßen, entlastete aber die Familien nicht. Diese sei „die Keimzelle der Gesellschaft“. Doch angesichts von „Regulierungswut“ und Bürokratie bei der Landesbauordnung sowie der Steuerlast auf Grunderwerb gelte: „Der Traum vom Eigenheim wird schnell zum Albtraum im Ländle“. Dem könne der Vorschlag der AfD am besten abhelfen. Den Einwand, dies sei mit mehr bürokratischem Aufwand verbunden, weil dann beim Grunderwerb bisher nicht erhobene Daten ermittelt werden müssten, ließ Baron nicht gelten. Das Finanzamt wisse ohnehin „über alles Bescheid“.

FDP sieht sich bei Vorschlag zu Freibetrag durch Bundesratsinitiative bestärkt

Peter Hofelich (SPD) wies auf den ursprünglichen Zweck der Grunderwerbsteuererhöhung um1,5 Prozentpunkte im Jahr 2011 hin. 80 Prozent des damit erzielten Steueraufkommens sei dafür verwendet worden, die Kinderbetreuung auszubauen. Damals in diesem Punkt im Schlussdrittel, sei Baden-Württemberg dadurch mittlerweile auf einen Spitzenplatz in Deutschland vorgerückt. Der Zweck sei also voll erreicht worden, so Hofelich. „Damals war die Erhöhung richtig, heute wäre es die Senkung – gezielt für junge Familien“.
Laut Gerhard Aden (FDP) ist die Grunderwerbsteuer „eine richtige Gelddruckmaschine“ für das Land geworden. Mit einem Ertrag von 1,8 Milliarden Euro in Baden-Württemberg sei sie „beileibe keine Bagatellsteuer“. Der von der FDP vorgeschlagene Freibetrag von 500 000 Euro beim Erwerb von Wohneigentum werde mittlerweile im Bundesrat durch Initiativen von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein unterstützt. Dem solle sich die Landesregierung anschließen.
Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) meinte, die Einwände gegen die Vorschläge von AfD und FDP, um den Erwerb von Wohneigentum durch Familien zu fördern, gälten weiterhin. Die AfD ziehe den Kreis der begünstigten zu eng, die FDP dagegen zu weit. Und beide ließen Vorschläge zur Gegenfinanzierung vermissen, was insbesondere für die Kommunen einen Einnahmeausfall bedeute. Der Vorschlag der AfD bedeute überdies mehr Bürokratie und eine „Steuerverkomplizierung“.
Während sich an der Sachlage bei der Grunderwerbsteuer seit der letzten Debatte im Juli nichts geändert habe, sei beim Wohnraumförderprogramm des Landes zwischenzeitlich viel verbessert worden, sagte Splett. Beispielsweise sei die Einkommensgrenze für die Förderung angehoben worden, so dass nun noch mehr Familien in den Genuss eines Zuschusses kommen könnten und die Zinskonditionen ebenfalls günstiger worden.

Quelle/Autor: Christoph Müller

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11. und 12. Oktober 2017