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Streit um Polizei-Online-Befugnisse

Innenministerium verteidigt Palantir-Software

Die Einführung der Polizei-Software Palantir zur Verbrechensbekämpfung sorgt in Baden-Württemberg für Aufregung und politischen Streit. Während das Innenministerium die Entscheidung als notwendig und sicherheitsrelevant betrachtet, gibt es vor allem im grünen Teil der grün-schwarzen Koalition Bedenken.

Die Software der US-Firma Palantir ist politisch umstritten.

Michael Bihlmayer)

Stuttgart. Die Landesregierung in Baden-Württemberg hat sich für die Nutzung einer so genannten „verfahrensübergreifenden Analysesoftware“ entschieden. So weit sind sich alle einig, auch und gerade nach den Straftaten von Mannheim und Solingen im vergangenen Jahr. Doch soll es die US-Software Palantir sein? Ja, sagt das Innenministerium, da die Software eine hohe Leistungsfähigkeit zur Auswertung großer Datenmengen bietet, was bei der Bekämpfung von schwerem Verbrechen, insbesondere im Bereich des Terrorismus und der organisierten Kriminalität, von entscheidender Bedeutung ist.

Staatssekretär Thomas Blenke erklärt, dass Palantir aufgrund des europaweiten Ausschreibungsverfahrens und des bestehenden Rahmenvertrags mit Bayern die „beste und kostengünstigste Lösung“ darstellt. Zudem betont Blenke, dass die Software dringend benötigt wird, um Daten wie Handys und Festplatten effizient auszuwerten, die andernfalls manuell und damit sehr zeitaufwendig bearbeitet werden müssten.

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Die Polizei benötigt die Software, um insbesondere große Bandenstrukturen im Großraum Stuttgart besser zu überwachen, die auch durch die Nutzung von Social Media und Online-Kommunikation komplexe Netzwerke bilden. „Hier geht es um Millionen von Daten, die ausgewertet müssen“, sagt Blenke. Die Anwendung von Palantir soll es ermöglichen, diese Daten schnell zu analysieren, um potenziell gefährliche Gruppen rechtzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen.

Der Streit innerhalb der Koalition

Trotz der praktischen Vorteile von Palantir sorgt die Nutzung der Software für einen politischen Streit innerhalb der grün-schwarzen Koalition. Besonders aus den Reihen der Grünen gibt es Widerstand. Ein zentraler Kritikpunkt ist die Verstrickung von Peter Thiel, dem rechtspopulistischen Unternehmer und Investor, der Anteile an Palantir hält. Oliver Hildenbrand, Abgeordneter vom linken Flügel der Grünen, äußerte sich besorgt über die Nähe von Thiel zu rechten politischen Bewegungen und die ethischen Implikationen einer Zusammenarbeit mit einem Unternehmen, das von einem solchen Investor unterstützt wird.

Sicherheit und Datenschutz im Fokus

Baden-Württembergs Innenministerium legt großen Wert auf die Sicherheitsstandards der Software. Laut Blenke wurde Palantir intensiv auf Datenschutz und Informationssicherheit geprüft. „Der Quellcode der Software wurde offengelegt, und das Fraunhofer-Institut hat bestätigt, dass keine Sicherheitsbedenken bestehen“, sagt er. Blenke weist darauf hin, dass die Daten ausschließlich unter gesicherten technischen Rahmenbedingungen verarbeitet werden und keine Gefahr durch ausländische Stellen oder unbefugte Zugriffe besteht.

Kritische Fragen ans Innnenministerium

Trotz dieser Sicherheitsgarantien bleibt die Frage nach einer europäischen oder deutschen Lösung im Raum. Blenke betont, dass langfristig eine solche Lösung angestrebt wird, jedoch aktuell keine erprobte Software existiert, die dieselbe Leistungsfähigkeit und Sicherheit wie Palantir bieten kann.

Der politische Druck und die Zukunft der Sicherheitssoftware

Die politische Auseinandersetzung über Palantir könnte weitreichende Folgen für die grün-schwarze Koalition haben. Angesichts der Bedenken innerhalb der Grünen und der Unterstützung durch die CDU steht die Koalition vor der Herausforderung, einen Kompromiss zu finden.

Die Entscheidung über die Fortführung des Palantir-Vertrags und die Zukunft der Polizei-Software wird in den kommenden Wochen weiter diskutiert werden. Der Druck, eine Lösung zu finden, die die öffentliche Sicherheit gewährleistet, aber gleichzeitig auch die rechtlichen und politischen Bedenken der Grünen berücksichtigt, bleibt hoch. Denn die Software wurde bereits gekauft, es soll sich um 25 Millionen Euro handeln. „Hätten wir gewartet, wäre es das doppelte gewesen, wenn der Rahmenvertrag ausgelaufen wäre“, sagt Thomas Blenke.

Es laufen nun Gespräche zwischen Grün und Schwarz. Möglicherweise wird es eine Paketlösung geben, denn auch das von den Grünen – und Oliver Hildenbrand – gewünschte Gleichbehandlungsgesetz (früher: Anti-Diskriminierungsgesetz) liegt noch auf Eis.

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