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Porträt der Woche

Gudrun Christ

Sie hat sich früh für Gleichberechtigung und Bildungsgerechtigkeit interessiert. Sie hat in Baden-Württemberg „Pro Familia“ aufgebaut. Jetzt verlässt eine engagierte Frauenrechtlerin die landespolitische Bühne.

Gudrun Christ hat in Baden-Württemberg „Pro Familia“ aufgebaut.

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Dass sie schon immer über den Tellerrand blicken wollte, liegt auch an ihrer Herkunft in einem „winzigen Dorf im Odenwald“, wie Gudrun Christ erzählt. Weil sie gern und schnell lernte, durfte sie von der Haupt- auf die Realschule wechseln; engagierte Lehrkräfte hatten ihre Eltern überredet. Den Grundstein für den weiteren Weg Baden-Württembergs scheidender „Pro Familia“- Geschäftsführerin legten ein Freiwilliges Soziales Jahr in Heidelberg und ein Praktikum in Frankreich. Früh interessierte sie sich für Frauenrechte, Gleichberechtigung und Bildungsgerechtigkeit.

Nach der Ausbildung zur Erzieherin an der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik in Neckarsulm studierte sie an der Fachhochschule für Sozialwesen in Esslingen und im Anschluss, bereits als Diplom-Sozialarbeiterin, Anfang der Neunziger-Jahre berufsbegleitend Erziehungs- und Sozialwissenschaften an der Uni Tübingen. Christ hat zahlreiche Weiterbildungen absolviert, zu Verwaltungsfragen, aber auch zum Thema Journalismus. Unter anderem war sie Referentin für Öffentlichkeitsarbeit bei Brot für die Welt und sechs Monaten in Südafrika, um sich mit Organisationsentwicklung zu befassen.

Stellenanzeige passte genau

Zu „Pro Familia“ kam sie 2014, als sie ihre Tätigkeit als Gesundheits- und Sozialplanerin bei der Stadt Stuttgart gerade aufgegeben hatte und selbstständig arbeiten wollte. Das Stellenprofil habe genau dem entsprochen, was sie an Erfahrungen und Themen mitbringen konnte.

Zu den Aufgaben des Verbands gehört neben dem Betrieb der Schwangerschaftsberatungsstellen die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen auf dem Weg in ein selbstständiges Leben, verbunden mit dem Respekt vor anderen Lebensmodellen, sowie die Fortbildung von Lehrkräften, die Qualifizierung von Kulturdolmetscherinnen zur Arbeit mit Geflüchteten und die Hilfe für junge Familien in schwieriger Lebenssituation durch Familienhebammen. Wichtig sei auch die Landesförderung zur Digitalisierung der Beratungsstellen gewesen.

Wenig Verständnis für Frauen in Not

Im Rückblick auf ihre Tätigkeit müsse sie leider erkennen, sagt Christ, dass sie vieles für Errungenschaften gehalten habe, was heute wieder unter Druck stehe. Sie sei fassungslos, wie leicht sich gesellschaftliche Kräfte instrumentalisieren ließen: „Ich fand schon immer so frappierend, wie wenig Leute sich dafür interessieren, in welcher Situation eine Frau ihr Kind bekommt, das aber zum Politikum wird, wenn sie entscheidet, es nicht bekommen zu wollen“, so Christ. Ihre Nachfolgerin wird Pia Riegger.

Drei Fragen…

Was war der größte Erfolg von „Pro Familia“ seit 2011?

Dass es gelungen ist, das Thema Sexualität und Behinderung stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken und fachlich voranzubringen. Es sind neue Bildungsangebote und Materialien entstanden, und wir konnten Einrichtungen dabei unterstützen, sexualpädagogische Konzepte zu entwickeln – mit echter Beteiligung der Menschen mit Behinderungen.

Wie schauen Sie auf den Streit um die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf und die wieder aufgeflammte Debatte um den Paragrafen 218?

Mit Entsetzen. Sie ist auf üble Weise verunglimpft worden, nur weil sie findet, der Schwangerschaftsabbruch müsse in Teilen außerhalb des Strafrechts geregelt werden. Eine Haltung, die juristisch sehr gut begründet ist und mit der sie in der Mitte der Gesellschaft steht. Es ist erschreckend, dass daraus ein Kulturkampf gemacht wurde. Dabei tritt auch ein erschreckendes Frauenbild zutage.

Was muss sich nach Ihrer langen Erfahrung im Umgang mit schwangeren Frauen in schwierigen Situationen ändern?

Jede Entscheidung, die eine ungewollt Schwangere vor dem Hintergrund ihrer sehr persönlichen Situation trifft, ist zu respektieren. Frauen treffen verantwortungsvolle Entscheidungen, die geltende Rechtslage erklärt sie aber für unmündig.

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